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Ein Kerl, zerklüftet wie eine Fjordküste – Frank-Patrick Steckels strenge Inszenierung von Ibsens Rarität „Brand“ in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. „Alles oder nichts!“ Unerbittlicher Leitsatz von Henrik Ibsens Dramenheld „Brand“. Halbheiten duldet er nicht. Lauheiten verzeiht er nicht. Ein strenger Patron. Hausherr Frank-Patrick Steckel hat ihn auf die Bochumer Bühne gestellt. War auch er wieder streng mit dem Publikum?

Steckel stemmt erneut einen dramatischen Monolithen. Eine einzige deutsche Inszenierung (1974 in Heidelberg) hat das 1865 von Ibsen in Italien verfaßte „dramatische Gedicht“ in den letzten vierzig Jahren erlebt. Ibsen wollte von Süden aus den Norwegern die Leviten lesen. Und auch Steckel nimmt die Zuschauer in die Zucht, man amüsiert sich bei ihm nicht zu Tode. Weit über vier Stunden hat man auszuharren. Der Brocken steht erratisch in der Landschaft. Das ist eine Qual, aber auch eine … Weiterlesen

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Geisterhafte Szenen aus der russischen Provinz – Christof Nel inszeniert Tschechows „Onkel Wanja“ in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Immer mal wieder bewegt sich die Drehbühne ein wenig; erst nach links, dann – vielleicht eine halbe Stunde später – rechts herum. Da spüren wir: Die Zeit vergeht, aber nicht richtig. Sie windet sich in sich selbst zurück, ausweglos.

Eine spiegelnde, nur schemenhaft durchsichtige Wand (Bühnenbild: Susanne Raschig) dreht sich mit, gibt der Szenerie ein doppelbödiges Geheimnis. Christof Nel hat in Bochum „Onkel Wanja“ inszeniert, Anton Tschechows Stuck mit dem so traulich klingenden Titel, das aber schonungslos vom Lebensüberdruß russischer Provinzler kündet.

Wanja und seine Nichte Sonja haben lange Jahre auf dem Landgut geschuftet und die Gewinne an Wanjas Schwager, Professor Serebrjakov, abgeführt, einen hypochondrischen Scharlatan, wie Wanja schließlich erkennen muß. Auch das Leben der anderen … Weiterlesen

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Kinder aus Nazi-Familien: Fluch der späten Geburt – Monolog-Folge „Schuldig geboren“ in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Draußen in der kalten Nacht geht, nervös kettenrauchend, ein Mann auf und ab. Es ist der Schauspieler Sven-Eric Bechtolf. Wir Theaterzuschauer sehen ihn durch die Fensterscheiben des Kammerspiel-Foyers, hören ihn via Mikrophon und Lautsprecher.

Hinter Bechtolf: (echte) Taxifahrer und ihre Fahrgäste, über den „verrückten“ Nachtwandler lachend. Noch weiter hinten, auf der gegenüberliegenden Straßenseite: das fernsehabendliche Flimmerlicht in den Wohnzimmern. Drinnen, im Foyer, laufen auch zwei Monitore, das Alltäglichste vom Alltäglichen zeigend, vorüberhuschende Autos.

Eine gespenstische Verzahnung: Drinnen ist draußen, draußen drinnen – und gestern ist heute. Die Texte, die hier gesprochen werden, sind authentisch. Sie entstammen Peter Sichrovskys Buch „Schuldig geboren – Kinder aus Nazifamilien“.

Sichrovsky, Jahrgang 1947, dessen Eltern als jüdische Emigranten in England lebten, … Weiterlesen

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Die Psyche ist nur noch eine ferne Erinnerung – Fritz Marquardt inszeniert Ibsens „Klein Eyolf“ in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Der Ehrgeiz, es mit kaum noch spielbaren Stücken dennoch zu versuchen, regiert derzeit den Bochumer Spielplan. Nachdem Frank Patrick Steckel „Die Nibelungen“ von Hebbel auf die Bühne gestemmt hat, inszenierte nun DDR-Regisseur Fritz Marquardt „Klein Eyolf“, ein von mancherlei Symbolismen durchwabertes Spätwerk Henrik Ibsens.

„Klein Eyolf“ ist ein neunjähriger Junge, gehbehindert durch die Verantwortungslosigkeit der Eltern, Alfred und Rita Allmers (Eyolf fiel vom Wickeltisch, da sie es miteinander trieben). Als er nun im Fjord ertrinkt (die „Rattenjungfer“ soll ihn hineingelockt haben), brodelt das Thema „Verantwortung“ ehebedrohend hoch, hinzu kommt – in Gestalt von Alfreds (Halb)-Schwester Asta – inzestuöse Verlockung. Am Schluß läßt Ibsen sein Ehepaar gipfelwärts blicken und sich zur menschlichen Verantwortung bekennen. Bis dahin sind … Weiterlesen

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