Ruhrpott-Fantasy: Vampir Müller soll den Mörder finden

Von Bernd Berke

Bochum. Auch Bücher verkaufen sich nicht mehr so leicht. Da müssen neue MarketingIdeen her, hat sich wohl der renommierte Münchner Piper-Verlag gedacht – und zur unterirdischen Roman-Präsentation mit „Vampir-Drinks“ ins Deutsche Bergbaumuseum zu Bochum eingeladen. Im Mittelpunkt des Zaubers: der Marler Autor Ludger Vortmann (24) und sein Werk „Müller – Der Ruhrpottvampir“.

Das geheimnisvolle Vampir-Gesöff, das da bereitstand, erwies sich als Sekt mit Cassis. Gag der Gags: Besucher mit bestimmten Endziffern auf ihren Blutspenderausweisen bekamen zwar nichts abgezapft, durften aber Gratis-Buchpakete nach Hause tragen. Und statt in die Gruft ging’s drei Stockwerke runter – ins Bochumer Anschauungsbergwerk.

Drunten im Stollen erleben rund hundert Leute eine kurze und überraschend normale Lesung aus dem Krimi, dürfen das Buch (12,90 DM) gleich erwerben, vom Autor signieren lassen und ihm mehr oder minder kluge Fragen stellen („Haben Sie autobiographisches Material verwendet?“). Ja, der Vampir-Detektiv sei eine Art Bruder für ihn geworden, verrät Vortmann, hauptberuflich Moderator bei einer privaten Rundfunkstation in Recklinghausen. Wenn er vorliest, gewinnt denn auch sein Buch erheblich – im Vergleich zur stillen Lektüre.

Überirdisch ist das Buch gewiß nicht. Die ganze Geschichte des fledermausigen Müller (Lieblingsgetränk außer Blut: Zimtmilch mit „Schuß“), der im Auftrag der Polizei einen mysteriösen Todesfall aufklären soll und dabei zwischen einer militanten Tierschützerfront, einer schäbigen Autowerkstatt und einer Chemiefabrik hin und her flattert, wirkt reichlich unausgegoren.

An den Nerven zerren Vortmanns Sprach-Marotten. Dialoge mit Reimzwang sind fast noch das geringste Übel. Kostprobe von vielen: „Warum macht das nicht die Polizei? Macht ihr Sommerpause? Oder ’ne Sause, vielleicht auf Hawaii?“ Vortmanns Ausdrucksweise ist mal geschraubt („Den Anruf seines Arztes hatte er unlängst erhalten“), mal schlampig („hattrickmäßig“) und produziert etliche Stilblüten.

Der Krimi spielt in einem Revier, das gewiß nicht von Image-Politikern erfunden wurde. Hier geht es noch so rußig und düster zu wie ehedem. Auch ein paar halbwegs komische Passagen bietet das Buch. Schmankerl für Dortmunder Borussen-Fans, die derzeit sonst nicht viel zu lachen haben: „Kenns du den Unneschied zwischen Schalke un ein Mistkäfa? – Sie kriegen beide einfach keine Punkte!“ Das Buch soll jedenfalls mit einer Startauflage von 8000 Stück als Originalausgabe im Taschenbuchprogramm unters Volk gebracht werden. Den Löwenanteil wird der Münchner Verlag wohl in unseren Breiten absetzen.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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