Kunst aus Afrika in Aachen: Ganzer Kontinent in einem Topf

Von Bernd Berke

Aachen. Eine Ausstellungsserie in Aachen soll uns den unbekannten Kunst-Kontinent Afrika näherbringen. „Auf der Suche nach Afrika“ heißt das Projekt im Ludwig Forum, der kulturfreundlich umgebauten ehemaligen Schirmfabrik.

Zum Auftakt zeigt man jetzt afrikanische Gegenwartskunst. Aber was heißt schon Gegenwart? Herkömmliche Arbeiten wie Fetisch-Objekte und Masken gehören ebenso zu der Schau wie plakative Malerei gegen Kolonialismus, die der Bildwirkung offenbar nicht recht traut und sie mit Texten stützt. Bunte Werbetafeln (etwa für einen Friseursalon), „naiv“ anmutende Genrebilder und Installationen im Stile der Westkunst erweitern das Spektrum.

Viele Arbeiten thematisieren die Spannung zwischen dem Althergebrachten und dem Fortschritt westlicher Prägung direkt. Cheri Samba aus Zaire malt eine schwarze Frau, die knallbunten Träumen von Luxus nachhängt. Koffi Kouakou von der Elfenbeinküste hat einen Computer-Laptop aus dem Traditions-Werkstoff Holz geschnitzt. Trigo Piula aus dem Kongo zeigt eine Mutter, die ihrem Baby nicht die Brust gibt, dafür aber von lauter Dosennahrung multinationaler Konzerne umzingelt ist. Ihre Identität ist denn auch gespalten: Auf dem schwarzen Körper sitzt – wie aufgeschraubt – ein weißer Kopf mit blonden Haaren.

Schneeweißes Auto als Sarg

Kane Kwei aus Ghana hat kuriose Kunst-Särge in Form eines Elefanten oder gar einer Mercedes-Limousine entworfen. Das ist nicht etwa parodistisch oder im Sinne der Pop art gemeint, sondern ganz ernst. Ein schneeweißer Benz gilt in Afrika als allgemeine Pathosformel für paradiesische Zustände.

Nach der Aachener Auswahl zu urteilen, bedient sich afrikanische Kunst vorzugsweise der verständlichen, volksnäheren Formen, sie ist mehr auf Kommunikation ausgerichtet und nicht so sehr auf hypersensible Ich-Suche der Künstler. Außerdem scheint man großen Wert aufs Handwerkliche zu legen. Manchmal ist es tatsächlich goldener Boden, auf dem sich Phantasie erhebt, Aber vielfach sieht man auch bloßes Kunsthandwerk.

Auswahl in New York getroffen

Doch der teilweise unbefriedigende Eindruck hat wohl auch mit dem Auswahlverfahren zu tun. Ohne afrikanische Experten heranzuziehen (weil der Umgang mit ihnen eminent schwierig sei), hat man die Schau freihändig von New York aus zusammengestellt. In Aachen wiederum sieht man mit 89 Stücken nur einen Teil der US-Version. Das ist einfach zu wenig, zumal man praktisch den gesamten Erdteil darstellen will, ohne nach Ländern zu unterscheiden. Wenn afrikanische Museen so pauschal mit Europa umsprängen, wären Spott und Aufregung groß.

Jedenfalls: Man sollte vorsichtig sein mit seiner Einschätzung. Denn wir sehen diese Werke mit europäischen Augen. Und das wird ihnen möglicherweise gar nicht gerecht.

„Auf der Suche nach Afrika“. Ludwig Forum, Aachen (Jülicher Straße 97-109). Ab sofort bis 24. Oktober. Di/Mi 11-22 Uhr, Do/Fr/Sa/So 11-19 Uhr. Katalog in englischer Sprache

 

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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