Neuer Spielplan, alte Probleme – die Oper Dortmund ringt ums Publikum

Das neue Programmbuch des Theaters Dortmund. Foto: -n

Nach der Saison ist vor der Saison. Die alte Fußballerweisheit gilt nicht zuletzt auch für das Theater. Und wer sieht, wie intensiv die Dortmunder Bühnen bereits Vorstellungen der Spielzeit 2012/13 bei Facebook posten, mag erkennen, dass Werbung eben auch in der Sommerpause wichtig ist. Genauer gesagt: Diese PR-Maßnahme ist dringend geboten, zumindest mit Blick auf die Besucherzahlen des Opernhauses.

Denn die nun abgelaufene Saison, die erste des neuen Opern-Intendanten Jens-Daniel Herzog, hat zwar einen leichten Publikums-Aufschwung bewirkt, von guten Auslastungszahlen zu reden aber wäre pure Beschönigung. Herzog ist allerdings zugute zu halten, dass ein Haus, das mit einer Zuschauerquote unter 50 Prozent zu kämpfen hatte, nicht von heute auf morgen aus dem Sumpf der Geringschätzung herauszuziehen ist. Abgerechnet wird am Schluss, nach den ersten fünf absolvierten Vertragsjahren des Intendanten.

Der Opernchef selbst hat zugegeben, dass die Imageverbesserung des Musiktheaters offenbar länger dauert als gedacht. Gleichwohl ist sein Optimismus ungebrochen. Und vor ein paar Monaten, als Herzog sein neues Programm im Kulturausschuss vorstellte, führte das von politischer Seite zu wahren Belobigungsattacken. Das klang allerdings so ehrlich wie routiniert.

Nun also das neue Programm: Der Intendant hatte zum Amtsantritt versprochen, über die fünf Jahre opernhistorische Linien zu verfolgen. Er begann mit Wagner, doch die Musik des Bayreuther Meisters hat in dieser Saison Pause. Stattdessen wird als erste Premiere Modest Mussorgskys „Boris Godunow“ zu sehen sein, in der Inszenierung der Dortmunder Hausregisseurin Katharina Thoma.

Es folgt Jule Stynes „Funny Girl“ als Fortführung der Musical-Linie, dann Monteverdis „Krönung der Poppea“ (Renaissance/Barock) in Herzogs Inszenierung. In Sachen Operette steht diesmal Kálmáns „Csárdásfürstin“ auf dem Programm, im dramatischen Belcantofach deutet wiederum Katharina Thoma Verdis „Il Trovatore“.

Mozarts „Figaro“ und Donizettis „Liebestrank“ bedienen nicht zuletzt die Abteilung „Beliebte Opern für jedermann“. Schließlich offeriert Intendant Herzog seine Sicht auf eine „knallige Revue-Oper“ (so das Programmbuch) des Briten Mark-Anthony Turnage: Anna Nicole. Das Stück um Aufstieg, Glanz und Verfall eines Playboy-Models wurde im letzten Jahr in London aus der Taufe gehoben. In Dortmund ist diese „Neue Musik“ in Deutscher Erstaufführung zu sehen.

Gestrichen ist indes die Linie „szenisches Oratorium“, wie sie mit Mendelssohns „Elias“ wirkmächtig begonnen hatte. Stattdessen steht als konzertante Oper Jules Massenets „Manon“ auf dem Programm.

Herzog hat stets betont, auch die Junge Oper zu stärken. Dies spiegelt sich in der neuen Saison in vier Premieren wieder: Der kleine Barbier (nach Rossini), das märchenhafte „Sneewitte“ (in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendtheater), Xavier Montsalvatges „Der gestiefelte Kater“ (zusammen mit der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg) und der experimentell klingende Dreiakter „Das Innere des Äußeren – Musik auf der Grenze zum Theater“.

Der Premierenkalender der Oper Dortmund ist also in der kommenden Saison prall gefüllt. Zum Vergleich: Im Essener Aalto-Theater gibt es 2012/13 ganze vier (!) neue Musiktheaterproduktionen. Nur blöd, dass dort fast alles immer ausverkauft ist.

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