Dortmunder „Tatort“: Das Böse ist monströs und universell

Nur zufällig über den Dächern von Dortmund, eigentlich eine universelle Figur: Markus Graf (Florian Bartholomäi) als Verkörperung des eiskalt Bösen im „Tatort: Monster“. (Foto © WDR/Thomas Kost)

Das war kein üblicher „Tatort“. Und es war quasi kein „Tatort“ aus Dortmund.

Ganz anders als jene Folgen, in denen (angeblich) Reviertypisches zum Vorschein kam und auch schon mal den Dortmunder Oberbürgermeister auf die Palme brachte, hätte diese Folge (Titel: „Monster“) ebenso gut in Berlin, Moskau, Pirmasens oder Los Angeles angesiedelt werden können. Beispielsweise. Oder halt irgendwo anders. Das Böse von diesem Zuschnitt ist universell.

Es war furchtbar. Es war düster und deprimierend. Es waren die schlimmstmöglichen Vorgänge für einen Sonntagabend, man erlitt einen Abstieg in seelische Untiefen sondergleichen. Es ging in heftiger Manier um Kindesentführung, Kindesmissbrauch, um die unfassbare Internet-Versteigerung von Kindern durch einen Pädophilen-Ring. Man musste annehmen, dass es nur einer von zahllosen Kreisen war, die solchen Handel treiben.

Fast schon eine „Tatort“-Konstante: Kommissar Faber wurde bei all dem abermals mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert, denn es tauchte jener Markus Graf gespenstisch wieder auf, der einst Fabers Frau und Tochter ermordet hatte – aus Rache für seinen Vater, den Faber hinter Gitter gebracht hatte und der sich im Knast erhängt hatte. Ein Wiedergänger, der Faber auf perfide Weise in den Selbstmord treiben wollte. Aber selbst das war beinahe schon Nebensache.

Auch Fabers Kollege Pawlak wurde zutiefst in den Fall verwickelt, denn es war seine 6jährige Tochter Mia, die entführt wurde. Selten hat man einen Satz so ersehnt, wie den, der gegen Ende völlig ermattet gesagt wurde: „Mia ist in Sicherheit…“ Da hatte der formal und schauspielerisch beachtliche Film die bloße Fiktion längst hinter sich gelassen.

Am Schluss kam es gleich zu mehreren Showdowns, die insgesamt wie ein gesteigerter Exorzismus wirkten; ganz so, als solle das Urböse ein für alle Mal vernichtet, zerstochen und zerstückelt werden. Aber ach, das ist bestimmt nur eine Illusion.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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2 Antworten zu Dortmunder „Tatort“: Das Böse ist monströs und universell

  1. Bernd Berke sagt:

    Du schreibst: „Krimis, die den sexuellen Mißbrauch von Kindern zum Thema haben, finde ich in ihrer Massierung nicht unterhaltsam.“ – Tut mir leid, aber einen solchen Satz kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, er klingt für meine Begriffe so gar nicht nach Empathie. Am ganzen enervierten Duktus merkt man zudem, dass du offenbar nicht allzu viel mit Kindern zu tun hast. Ausgerechnet das seit jeher dramaturgisch herzlich unbeholfene „Aktenzeichen XY“ als Vorbild aufzurufen, geht doch nun wirklich in die falsche Richtung. Für deine Unterhaltungsbedürfnisse gibt’s ja – neben so vielen anderen Sendungen – auch die passenden „Tatorte“, beispielsweise aus Münster. Die kann ich wiederum nur sehr dosiert ertragen.

  2. Rolf Pfeiffer sagt:

    Für mich war dieser „Tatort“ vor allem ein Dokument großer Phantasielosigkeit. Fällt den Drehbuchautoren denn wirklich nichts anderes ein, als zum wer weiß wievielten Male pädophile Kriminelle und Kindesmißbrauch zum Thema zu machen? Ich möchte mir den dezenten Hinweis gestatten, daß auch Fernsehkrimis Unterhaltungsprodukte sind, da könnte das Schlimme dieser Welt (wie beispielsweise „Lügde“), das uns fast täglich aus den Nachrichtensendungen angrinst, doch mal draußen bleiben. Aber nein, auch im „Tatort“ müssen alle Beteiligten schrecklich betroffen auf Computerbildschirme glotzen und so tun, als hätten sie so etwas Scheußliches noch nie gesehen. Dabei hat das (auch dramaturgisch) einen ellenlangen Bart. Und die Polizei hat, wie ich vermuten will, auch für solche Fälle ihre professionellen Routinen.
    Anders – und einfacher – ausgedrückt: Krimis, die den sexuellen Mißbrauch von Kindern zum Thema haben, finde ich in ihrer Massierung nicht unterhaltsam.
    Um Ideen ringenden Drehbuchautoren würde ich raten, ab und zu mal bei „Aktenzeichen xy“ im ZDF reinzugucken. Da kommen nämlich auch ganz andere Kapitalverbrechen vor, mit Toten und Verletzten und allem, was dazugehört, bestens zur Dramatisierung geeignet und wahre Begebenheiten überdies. Gruselig an den meisten xy-Geschichten ist überdies, daß es jeden treffen kann. Im wahren Leben gibt es nämlich nicht nur, früh erkennbar, Beziehungstaten (wie in den meisten faden Fernsehplots), sondern eine Menge kriminelle Energie, der ihre Opfer einfach egal sind.
    Und jetzt schreibe ich nichts über Jürgen Roland, der kein Schlagersänger ist, und den die meisten jüngeren Leser sowieso nicht mehr kennen.

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