Ein Dortmunder Stillleben

Vanitas – alles Irdische ist eitel und vergänglich. Dieser Umstand ist auf barocken Bildern hinreichend beschrieben worden. Eine erfrischende Neu-Interpretation erfuhr das Genre nun durch einen unbekannten Installationskünstler auf der Dortmunder Kampstraße. Die Materialien: Mixed Media (Glasflasche, Taubenleiche, Heckenrosen).

Neu ist einerseits, dass der Anonymus organische Materialien verwendete und damit quasi die Dimension der Zeit, die Vergänglichkeit, nicht nur anhand von Symbolen andeutet, sondern gleich damit arbeitete. Schon Stunden später vermutlich wird ein unwissender Flaschensammler oder Straßenreiniger das Arrangement zerstört haben, und wenn nicht, täten Insekten das ihre, das Bild zu zerstören, indem sie das tote Tier schändeten. Auch die Heckenrosen würden verblühen.

Erfrischend ist andererseits die Erweiterung der Symbolik: Statt Geige, Schmuck oder Büchern steht hier die Pilsflasche stellvertretend für jene Dinge, denen wir Wert beimessen. Statt Totenkopf , Sanduhr, Kerze oder welkender Blume symbolisiert eine tote Taube für das jedem Leben immanente Ende. Ein Dortmunder Stillleben.

 

 

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Über Katrin Pinetzki

Kaffeejournalistin, Kulturtante und umgekehrt. Arbeitet als Pressereferentin für Kultur in der Pressestelle der Stadt Dortmund.
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6 Antworten zu Ein Dortmunder Stillleben

  1. Britta Langhoff sagt:

    Nichts bleibt für die Ewigkeit……. wie gut, dass Du zur Stelle warst und diese beeindruckende Installation für uns festgehalten hast.

  2. Und über allem die Heckenrose. Wer das wohl ausgeheckt hat?

    Tote Taube
    Leere Flasche
    Rose im Licht

    von der flasche
    zur taube
    zur rose

    heckenrosenlichtkronenbiertaubenkadaver

  3. Bernd Berke sagt:

    Wenden wir uns der Biermarke zu. Das gutbürgerlich-katholische Kronen-Bier ist eine Aussage für sich, es drängt das Motiv womöglich ins Religiöse. Mit Hansa wäre die Bedeutung wohl eine ganz andere.

  4. Katrin Pinetzki sagt:

    Schimmel-Schoko-Plastiken! Die kannte ich noch nicht. Danke für den Hinweis. (Wenn ich länger darüber nachdenke, fällt mir ein, dass ich schon öfter Kunst gesehen habe, die mit organischem Material funktioniert und den Verfallsprozess einkalkuliert bzw. zum Thema macht. Neu ist dann vielleicht eher die Niedrigschwelligkeit der Installation, einfach so auf der Straße… fast schon eine soziale Plastik à la Beuys.

  5. Philipp Höß sagt:

    Wie in aller Welt konnte dieses Tier es vom Friedenssymbol zum meistverachtendem Mitnutzer des urbanen Transitfelds bringen? Zu viel des guten?

  6. scherl sagt:

    das ist auf veränderung/-fall ausgelegt (vgl. diter roths schimmel-schoko-plastiken).

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