Theater vor dem Landgericht – Stadt Lünen und Reber-Truppe streiten um Kündigung

Von Bernd Berke

Dortmund/Lünen. „Theater im Gericht haben wir öfters, aber um Kultur dreht es sich selten“. Launig eröffnete gestern Richter Homann eine nicht alltägliche Verhandlung in Dortmund. Es ging um die fristlose Kündigung des (bis Mai 1990 laufenden) Vertrages, die die Stadt Lünen dem „Theater-Institut“ (TI) ausgesprochen hatte.

TI-Chef Roland Reber, der mit seiner Truppe das Lüner Hilpert-Theater bespielt(e) und gegen die Kündigung klagte, war gar nicht erst im Dortmunder Landgericht erschienen, dafür einige seiner Schauspieler nebst Anwalt.

Die Stadt Lünen, vertreten durch ihren KulturdezernenHen Wolf-Rüdiger Zellmann, begründete ihre Kündigung u. a. mit der Premierenverzögerung des „Ägypten-Projekts“ von Oktober auf Dezember ’88 sowie mit einer „eigenmächtigen“ Verringerung des Stückpersonals seitens des TI, ohne daß die städtischen Subventionen neu berechnet (sprich gekürzt) worden wären. Außerdem sei einmal statt des Projekts ein Brecht-Abend gespielt worden.

Von den Subventionen kein Auto angeschafft

Für Richter Homann standen solche Argumente auf tönernen Füßen. Er könne und wolle nicht die Qualität von Stücken beurteilen, aber: Premierenverschiebungen seien doch in der Theaterpraxis gang und gäbe. Auch könne sich bei Projekten mit experimentellem Charakter die Besetzung durchaus ändern. Und: „Von den Subventionen hat sich doch kein Schauspieler ein Auto angeschafft“. Eine ernsthafte Image-Schädigung für die Stadt Liinen könne er ebenfalls nicht erkennen. Die fristlose Kündigung erscheine da doch etwas voreilig. Der Anwalt der Stadt Lünen hielt dagegen, die Theaterleute hätten die Stadt lächerlich gemacht: „Das Verhältnis ist auf Dauer kaputt“.

Gegen die Möglichkeit des gütlichen Vergleichs sperrten sich beide Seiten. Die TI-Leute wollen im Herbst unbedingt noch eine Produktion (neues Stück von Reber) in Lünen herausbringen. Darauf wollte sich die Stadt nicht mehr einlassen. Sie bot nur Gastspiele an, was wiederum den TI-Leuten nicht reicht.

Die richterliche Entscheidung soll beiden Seiten heute schriftlich zugehen. Gestern fühlen sich alle als Sieger. Die Schauspieler, weil sie glauben, vorerst doch in Lünen weiter arbeiten zu können. Die Stadt, weil sie die nächste Instanz anstrebt, die den Vorgang terminlich bis hinter den Vertragsablauf verschleppen würde.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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