Von Bernd Berke
Düsseldorf. Die erste Jahresbilanz der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf fällt zwiespältig aus: Zwar zog das Haus am Grabbeplatz seit seiner Eröffnung (März ’86) rund 400.000 Besucher an, aber schon der bloße „Normalbetrieb“ lief wegen Personalnot nur mit knapper Mühe. Museumsdirektor Prof. Werner Schmalenbach träumt weiterhin von 23 zusätzlichen Stellen (bewilligt sind gerade viereinhalb), entsprechende Verhandlungen mit dem Kultusministerium sind im Gange.
Einen anderen Traum konnte Prof. Schmalenbach jedoch verwirklichen: Er hat für die Sammlung soeben das frühe Matisse-Bild „Golf von St. Tropez“ erwerben können. Das 1904 entstandene Frühwerk stammt aus der „wilden“ (Fauve-)Phase von Matisse und füllt somit eine Lücke im Gesamtbestand. Das Bild befand sich bis vor kurzem in US-Privatbesitz und kam über einen Schweizer Kunsthändler nach Düsseldorf. Mit einer Preis-Schätzung von etwa 2 Mio. DM dürfte man kaum zu hoch liegen.
Mit vielbeachteten Zusammenstellungen (u.a. Picasso, K. H.Hödicke und NaumGabo) konnte Ausstellungsleiter Jörn Merkert im Startjahr 1986 beweisen, daß die – im Vorfeld heftig kritisierte – Ausstellungshalle mittels architektonischer Einbauten sinn- und eindrucksvoll genutzt werden kann. Prof. Schmalenbach stellte denn auch fest, daß eher die ständige Abteilung für US-Kunst nach 1945 ein Problem darstelle, da sie in der Sammlung einen recht abrupten Schlußpunkt bilde. Schmalenbach dachte gestern bereits laut über eine Erweiterung des Hauses nach.
Die Pläne für 1987 klingen vielversprechend. Mit neuen Bildern des Biennale-Teilnehmers Gotthard Graubner beginnt der Reigen am 31. Januar. Diese Schau wird denkbar aktuell sein, arbeitet Graubner doch jetzt noch an einigen Bildern, die dann zu sehen sein werden. Erstmals will man mit dieser Ausstellung das Risiko eingehen, besagte Halle nicht mit Stellwänden zu gliedern.
„Rot sehen“ (Ausstellungstitel) sollen vor allem Schulklassen von Ende Januar bis Mitte Juni. Die Pädagogische Abteilang der Kunstsammlung NRW hat ein Programm über Farbwahrnehmung und „Farbe im Alltag“ vorbereitet, das von „rothaltigen“ Beispielen aus der eigenen Sammlung flankiert wird.
Am 27. März beginnt eine Retrospektive zum Werk von Richard Oelze. Rund 80 Gemälde aus allen Schaffensperioden des „magischen Realisten“ werden zu sehen sein. Skulpturen von Ulrich Rückriem folgen ab 27. Mai.
Mit einem hochkarätig besetzten Vortragszyklus und zwei Ausstellungen hält die Kunstsammlung im Herbst Rückschau auf das Jahr 1937: „Vor 50 Jahren – Europa am Vorabend des 2. Weltkriegs“ lautet der Obertitel. Das „Museum der Gegenwart – Kunst in öffentlichen Sammlungen bis 1937″ versammelt ab 11. September fünfzig Spitzenwerke, die damals als „entartet“ verfemt und aus deutschen Museen entfernt wurden – von Beckmann bis Picasso reicht das Spektrum. Eine weitere Ausstellung zeigt ab 4. Dezember Positionen unabhängiger Kunst um 1937 auf, wobei Schwerpunkte auf Abstraktion, konkreter Kunst und surrealistischen Strömungen liegen.