Von Bernd Berke
Oberhausen. Fast 400 Zuschauer sitzen im Schwimmbecken und schauen gespannt aufwärts. Droben, im Bereich der Startblöcke, wird nämlich Theater gespielt.
So oder ähnlich könnte es bald aussehen, wenn es nach einem privaten Verein geht, der in Oberhausen etwas Einmaliges vorantreiben will: Das stillgelegte Ebertbad (Baujahr 1896) soll zum Kulturpalast mit festen Spielstätten furs Theater (TIP) und Stadtkino sowie Zentrum für zahlreiche weitere Aktivitäten werden.
Die Kultur soll also keinesfalls „baden gehen“ – im Gegenteil. Und: Das Riesenprojekt soll die finanzschwache Stadt keinen Pfennig kosten. Durch Teilverkauf des Grundstücks bei Erhalt des Schwimmbads käme die Kommune gar zu Geld.
Der Verein, erst im Dezember ’85 gegründet, hat bereits ein vorläufiges Nutzungskonzept entworfen. Man will unbedingt verhindern, daß kommerzielle Interessenten das Schwimmbad erwerben und dann eventuell sogar abreißen. Beim „Verein Ebertbad e. V.“ rechnet man sich gute Chancen aus, sitzen doch (u. a. neben renommierten Architekten) Angehörige aller Ratsfraktionen (SPD, CDU, „Bunte Liste“) in seinen Reihen. Vereinsvorsitzender Michael Groschek, Mitglied der SPD-Ratsfraktion, nennt drei Möglichkeiten:
• Die optimale Lösung würde voraussetzen, daß für den theatertauglichen Umbau des Schwimmbades Mittel aus dem NRW-Städtebauministerium (Minister: Christoph Zöpel) fließen. Mindestbedarf: 120 000 DM. In der Tat existiert ein 40-Millionen-Topf „für beispielhafte Umnutzungen“ im Kultur- und Freizeitbereich. Heute sollen erste Vorgespräche mit einem Zöpel-Referenten beginnen.
• Die Normal-Lösung sieht vor, daß sich das TIP (Theater im Pott) mit seinem eigenen Etat sowie der Gastronomie- und Saunabereich mit ihren Erlösen jeweils selbst „tragen“, so daß auch keine Folgekosten auf die Stadt zukämen. Neueste Variante: Eine große Mülheimer Tanzschule bekundet ernsthaftes Interesse, einen Trakt zu kaufen.
• Bei einer „Notlösung“ (an eine „Null-Lösung“ mag man gar nicht denken) würde man zähneknirschend mit kommerziellen Nutzern kooperieren müssen.
Bis zum 15. Februar will jedenfalls der Verein der Oberhausener Stadtverwaltung ein ausgefeiltes Konzept samt Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen. Vorüberlegun— gen lassen ein wahrhaft buntes Treiben erwarten. Prof. Roland Günther („Bunte-Liste“) vom Vereinsvorstand glaubt, daß man zahlreiche Kulturformen „durcheinanderwirbeln“ müsse, um dem Kulturgetto zu entrinnen. Neben Kino, Theater und Tanz schweben ihm und seinen Mitstreitem u. a. vor: eine „Traumgrotten“-Landschaft im Gewölbe unter dem Schwimmbecken, ein Miniatur-Theatermuseum (in den früheren Umkleidekabinen!), eine Theaterschule, eine Buchhandlung, Studios für lokalen Rundfunk (Voraussetzung: Neues Landesmediengesetz) und für Sprühfans sogar eine „Sprayer“-Wand im Hof. Kurz: Oberhausen soll eine „Theater-Vision“ (Günther) selten gekannten Ausmaßes erleben.
Was das Projekt für eine Revierstadt außerdem bedeuten könnte, erläutert Michael Groschek: Da Arbeitslosigkeit oft soziale Isolation und somit kulturelle Verarmung nach sich ziehe, könne hier ein Gegenzeichen gesetzt werden, auf daß „die ökonomische Krise nicht noch auf weitere Bereiche übergreift“. Drängt Roland Günther: „Im April sollten wir anfangen.“