Zum Finale lässt das Theater Hagen es noch einmal richtig krachen. Bringt die große Show auf die kleine Bühne. Feuert kurz vor Spielzeitende am 12. Juni alles heraus, was seine Abteilungen zu bieten haben, inklusive Bühnentechnik, Kostümabteilung, Beleuchtungsmeister, Tänzer, Sänger, Musiker und Sound-Designer. „Heroes“ heißt dieses theatralische Rock-Konzert zum Mitfeiern, in Anlehnung an den gleichnamigen Hit von David Bowie.
Thilo Borowczak, Disponent und Oberspielleiter des stets von Unterfinanzierung bedrohten Theaters, setzt damit ein Erfolgsformat fort. Schon die von ihm inszenierte Undergroundparty „Take a Walk on the Wild Side“ sorgt seit der Premiere im Jahr 2018 für ausverkaufte Vorstellungen. Mit „Heroes“ folgt jetzt eine Neuauflage, in der die Besucher ein Stück ihrer eigenen musikalischen Sozialisation wiederfinden: von den Rolling Stones bis zu Adele, von The Doors bis Pink.
Was dabei herauskommt, ist mehr als eine Hitparade, mehr auch als eine Ranschmeiß-Orgie an das Publikum. Das liegt an der durchdachten Abfolge der Songs, die oft gesellschaftskritisch sind, aber auch von den individuellen Nöten der Jugend erzählen. Es geht um Sehnsucht, Sex, Liebeskummer und Einsamkeit, manchmal auch um schieren Hedonismus, wie ihn Robbie Williams‘ Ohrwurm „Let me entertain you“ prototypisch zelebriert.
Selbstredend surft der Abend auf der Erfolgswelle berühmter Songs. Aber die fließenden Übergänge schmieden aus einzelnen Titeln ein größeres Ganzes. Dabei helfen die Drehbühne und Videobilder, die für Stings „Englishman in New York“ die passende Skyline herbeizaubern, aber auch Zeitgeschichte Revue passieren lassen. Das ist nicht immer ungefährlich. Wenn die Regie zu John Lennons „Imagine“ einen Drohnenflug über zerstörte ukrainische Städte einblendet und im direkten Anschluss Freddy Mercurys pathetisches „The Show must go on“ folgen lässt, bleibt die Botschaft irritierend unklar.
Die Bühnenshow ist aber sondergleichen. Hans-Joachim Köster entfesselt ein verschwenderisches Spektakel aus Scheinwerfer-Effekten, Kunstnebel, Pyrotechnik und Glitzer-Konfetti. Lena Brexendorff ergänzt das durch einen Kostümrausch, der immer neue Überraschungen bietet. Bis zur Erschöpfung verausgaben sich neben den Tänzern drei Sänger, die authentisch bleiben, obwohl sie in die Fußstapfen von Superstars treten.
Vanessa Henning, Hannes Staffler und Patrick Sühl rocken im Wortsinne das Haus. Ihre stimmliche Flexibilität reicht für phonstarke Exzesse von Nirvana, aber auch für den erotischen Blues von Amy Whinehouse und den Gentleman-Sound von Sting. Unter der musikalischen Leitung von Andres Reukauf heizen sie die Temperatur im Saal kontinuierlich auf. Im Parkett und auf den Rängen feiern die jung Gebliebenen, die sich gerne an die Revolten von einst erinnern, mit Kissenschlacht und Klatschmärschen.
(Weitere Termine: 16. Juni, 31. August, 25. September, 30. Oktober, 26. November. Karten unter Tel 02331/207-3218 oder unter www.theaterhagen.de)