Zwei Rüpel in den Palästen

Eigentlich muss man über diesen Typen gar nicht mehr viel reden. Er hat sich oft genug selbst bis zur Kenntlichkeit dargestellt, besser gesagt entstellt; vulgo: sich selbst entlarvt und demaskiert.

Harmloses Bild zum todernsten Thema. (Foto: BB)

Harmloses Bild zum todernsten Thema. (Foto: BB)

Dreimal dürft Ihr raten, wen ich meine. Selbstverständlich den notorischen Twitterer, der sich jüngst bei der Queen mal wieder schwer daneben benommen hat. Er mochte beim Abschreiten ihrer britischen Ehrengarde nicht auf sie warten und stampfte gegen jede Regel elefantig voraus. Dann aber bremste er so abrupt, dass die ehrwürdige alte Dame beinahe auf ihn aufgelaufen wäre. Du meine Güte! Zuvor hatte er mal mal wieder einige Staats- und Regierungschefs rüde attackiert. Normal. Jedenfalls bei ihm.

Tage später benahm sich sein russischer Präzeptor ebenso ungeschlacht. Beim WM-Finale ließ er die versammelten Damen und Herren um sich herum im starken Regen stehen, während er sich selbst einen Schirm reichen ließ. Ihr alle kennt die Szene. Andere warten lassen und blöd aussehen lassen. Das gehört bei solchen Strolchen dazu.

Tropfnass wurden immerhin Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic, die freilich selbst etwas über die Stränge schlug, allerdings eher im beschwipsten Sinne (und deshalb von einem Boulevardblatt „Alkoholinda“ getauft wurde). Ihr kleiner Kontrollverlust ist schon eher verzeihlich.

Zurück zu diesen Kerlen, den zwei egomanischen Selbstdarstellern, die alle diplomatischen Gepflogenheiten beiseite fegen. Beider Treffen in Helsinki hat inzwischen gezeigt, wer nun wirklich das Zeug zum Zaren haben könnte und wer nur ein pathologisch polternder Kasper ist. Einig sind sie sich offenbar im rücksichtslosen Verhalten, im Rempeln und Pöbeln.

Verdammt dumm nur, dass beide über diese roten Knöpfe verfügen. Im Grunde könnten sie in ihren Palästen ganztags ballonseidene Trainingsanzüge tragen und zu haltlosem Gelalle Bierpullen schwingen. Wobei zu sagen wäre, dass rund ums Revier-Büdchen unter Trunkenen oft noch mehr Ehrenkodex herrschen dürfte. Friede den Hütten!

Habt ihr etwas Älteren früher auch Bücher wie „Der gute Ton“ an die Hand bekommen? Wie stocksteif ist einem das damals erschienen. Und wie hat man es begrüßt, wenn eine öffentliche Person mal vom gar zu strengen Regelwerk abgewichen ist. Jaja, auch über einen wie Fritz Teufel hat man herzlich gelacht. Und heute? Gilt einer wie D. T. (dem ich nicht mal den kompletten Namen gönne) manchen als „Anarchist“. Nein, danke! So darf diese Bezeichnung nicht beschmutzt werden.

Früher habe ich mal gedacht, Benimmregeln seien überhaupt nebensächlich, es komme nur auf die Inhalte an. Doch nein! Es gilt, eine Form zu wahren. Auch und gerade in der Sphäre der zugewachsenen Macht kann und sollte man/frau ein gewisses Mindestmaß an Anstand verkörpern. Daraus ergibt sich dann im besten Falle auch ein anderer Umgang mit politischen Fragen.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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