Gemeinsam geht’s – Kommentar zur Kulturhauptstadt-Entscheidung für Revier

Von Bernd Berke

Da kann man sich sonst noch so kühl und skeptisch geben: Als Bewohner dieser Region darf man seit gestern wirklich ein wenig stolz sein. Das Ruhrgebiet“ ist Europas Kulturhauptstadt 2010. Wunderbar!

Wer hätte vor zehn Jahren so etwas zu denken gewagt? Höchstens einige phantasievolle Kulturschaffende. Die spüren Veränderungen oft lange vor den Politikern. Und sie haben auch den grundlegenden Wandel dieser Gegend früh bemerkt. Mehr noch: Die Kulturszene ist seit einiger Zeit eine große Triebkraft dieses Wandels.

Haben wir jetzt im Revier das Paradies, in dem das Geld für Kultur nur so strömen wird? Wohl kaum. Die hiesigen Städte ächzen vielfach unter Finanzlasten. Ohne Sponsoren sowie Zuwendungen von Bund und Land wird sich die Kulturhauptstadt nicht vollends entfalten können. Der frisch errungene Titel ist jedenfalls ein bärenstarkes Argument gegen mancherorts drohende Kürzungen im Kulturbereich.

Nicht wenige fürchten jetzt, dass Essen sich zur alleinigen Ruhrgebiets-Metropole aufschwingen könnte und sich die ganz großen Stücke vom leckeren Kuchen abschneidet. In dieser Hinsicht wird man, etwa in Dortmund, in Hagen und im Kreis Unna, tatsächlich wachsam sein müssen. Doch in Essen werden sie bestimmt klug sein und wissen, dass sie das anstehende Mammut-Programm gar nicht allein stemmen können. Nur gemeinsam geht’s.

Essens Kulturdezernent Oliver Scheytt dürfte denn auch nicht zu Alleingängen neigen. Er ist schon jetzt so etwas wie der „Mann des Jahres“ in der Region. Schier unermüdlich hat er die Bewerbung vorangetrieben. Er und sein kleines Team sind dabei bis an die Grenzen der menschlichen Belastbarkeit gegangen. Deshalb ist es gut, dass ihm bald eine künstlerische Leitung zur Seite stehen soll. Der Mann (oder die Frau) für diese immense Aufgabe wird noch gesucht. Eine wahrhaft spannende Personalie.

Vorgestern gab’s die bunten Werbeprospekte fürs Revier. Gestern haben wir gefeiert. Heute beginnt die wirkliche Arbeit.

 

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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