Das Wahre ist einfach – Eric Clapton gastierte in der ausverkauften Dortmunder Westfalenhalle

Von Bernd Berke

Dortmund. Oft ist das Einfache wirklich das Wahre: Ein Mann, eine Gitarre, ein Song. Das genügt. Als Eric Clapton im Mittelteil seines Dortmunder Konzerts solo auf der Bühne sitzt und auf der Akustik-Gitarre einen klaftertief geerdeten Blues anstimmt, sind die Menschen im ausverkauften Rund der Westfalenhalle 1 spürbar ergriffen.

„Verweile doch, du bist so schön“, möchte man mit Goethes „Faust“ zu solchen Augenblicken sagen. Allerdings mag man nicht alle Momente derart innig ins Herz schließen. Sicher: „Slowhand“ Clapton steht eine exzellente Begleitband zur Seite, zeitweise sind – er selbst eingerechnet – vier Gitarristen, zwei Keyboarder, dreiköpfiger Damenchor und Drummer gleichzeitig im Einsatz. Doch eben deshalb klingen manche Kompositionen eine Spur zu pompös.

Wunderbar sanft schwingen sie anfangs ein, doch jeweils gegen Schluß versteigt sich mancher Titel in nahezu symphonische Aufgipfelungen. Eine gewisse Pein für Blues- und Rock-Puristen.

Doch dieser kleine Einwand schmälert Claptons formidable Leistung kaum. Sobald er zu seinen unvergleichlichen Soli ansetzt, ist man eh hin und weg. Wo andere Gitarristen um halb so komplizierte Läufe ihr Macho-Gehampel veranstalten und schmerzhaft das Gesicht verzerren, steht Clapton just entspannt da und spielt das Ding einfach herunter. Fast unglaublich.

Der Sound ist diesmal perfekt abgemischt

Mit den zwei neueren Titeln „My Father’s Eyes“ und „Pilgrim“ steigt er ein und hat das Publikum (auch ohne animierende Ansagen) ziemlich schnell im Griff. Obgleich ein Weltstar wie nur wenige, vermeidet er alle Starallüren. Sein Auftritt beginnt pünktlich, kann sich gut zwei Stunden lang ohne Pause entfalten und bleibt stets unprätentiös. Hier muß nichts künstlich aufgemotzt werden.

Mehr noch: Claptons menschlich-musikalischer Kontakt zur Band „stimmt“ aufs Haar, man merkt das an Blicken und Gesten. Und auch der Draht zum Toningenieur muß bestens sein, denn der Sound ist so perfekt abgemischt, daß man jeden einzelnen Ton glasklar vernimmt. Vor ein paar Jahren, als Clapton zuletzt hier gastierte, war das noch anders. Da wurde gelegentlich wild übersteuert.

Der Ablauf ist dramaturgisch durchdacht und wohldosiert. Zwischendurch gönnt uns Clapton immer wieder seine Hits: „Layla“, „Tears in Heaven“, „Cocaine“, „Crossroads“ (aus uralten „Cream“-Zeiten). Und bei „Wonderful Tonight“ schmelzen die letzten Bedenken gegen etwaige Gefühlsduseleien dahin. Da denkt man eben innig ans Liebste und schweigt fein still. Nein, die Halle hat diesmal nicht „gekocht“, wie es bei heftigen Tanzorgien manchmal heißt. Aber sie hat sozusagen sanft geglüht. Das ist mehr.

Und Claptons Singstimme? Die ist nun mal kein genuines Blues-Organ, doch er hat auch hier das Optimum aus seiner Begabung herausgeholt. Hin und wieder klingt er nun wirklich „schwarz“. So soll es sein.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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