Großer Ballettabend auf dem Hügel – Boris Eifman zeigte „Onegin“

Früher war es gute Tradition, dass auf dem Recklinghäuser Hügel während der Ruhrfestspiele wenigstens ein Ballett der Extraklasse gezeigt wurde. Unvergessen die Gastspiele Maurice Béjarts oder Alvin Aileys. In den letzten Jahren versteckte sich das Genre Tanz und Ballett, wenn überhaupt, in den Nebenveranstaltungen. Diesmal begeisterte aber mit dem Boris Eifman State Academy Ballett St.Petersburg seit langem wieder ein Ensemble von Weltrang ein dankbares Publikum auf dem Recklinghäuser Hügel.

Die St.Petersburger zeigten das Ballett „Onegin“, nach Puschkins Novelle „Eugen Onegin“, über die Irrungen und Wirrungen eines russischen Lebemanns in der Choreographie von Boris Eifman zur Musik von Tschaikowski und des russischen Rockmusikers Alexander Sitkovetsky. Die Geschichte des Eugen Onegin gilt seit jeher als eindringliches Bild der „russischen Seele“.

Eifmans wilde und eigenwillige Version in zwei Akten ist der gelungene Versuch, diese Geschichte, unter Wahrung der ihr eigenen Poesie und Philosophie, im Kontext des modernen Rußland zu zeigen. Folgerichtig ergänzt Eifman die Musik Tschaikowskis mit Stücken des russischen Rockmusikers Alexander Sitkovetsky. Dessen Musik geht in Richtung des bombastischen Stadion-Rocks à la U 2 oder Coldplay und passt ausgezeichnet zur vermittelten Dramatik. Erst diese Musik ermöglicht es den Tänzern, dem Werk eine eigene Kraft und Dynamik zu verleihen, gerade dann, wenn Eifman die Geschichte in noch extremeren Umständen zeigt. Die alte Welt bricht zusammen, das Leben diktiert neue Regeln und die Protagonisten lassen Vergangenes hinter sich. Eifman gilt als ein Meister in der Kunst, Geschichten tänzerisch zu erzählen. Souverän schafft er es, Musik, Bühnenbild, Licht und Choreographie zu einem eindringlichen Ganzen verschmelzen zu lassen. Der erste Akt ist großartig, der zweite spektakulär. Im Zusammenspiel aller Komponenten gelingen ihm und seinem Ensemble grandiose Bilder von tiefer Eindringlichkeit.

Die Tänzer tanzen durchgehend auf Weltklasse-Niveau. Soli und Pas de Deux leben allerdings hauptsächlich von der großen Kraft und dem Ausdruck der Männer, allen voran Dmitry Fisher als Lensky. Oleg Gabyshev als Onegin ist ebenfalls ein hervorragender Tänzer, jedoch ist seine Rolle im ersten Akt tänzerisch noch undankbar und er wirkt bei weitem nicht so stark wie Fisher. Der zweite Akt kommt ihm mehr entgegen, man merkt, dass der moderne Tanz ihm mehr liegt als die Wanderung zwischen zwei Stilen. Die Solistinnen bleiben dahinter spürbar zurück, ihr Ausdruck ist bei weitem nicht so stark. Einzig Maria Abashova als Tatjana vermag im zweiten Akt in der Nachtclubszene zu überzeugen.

Die größte Kraft und Wirkung entfaltet das Ballett jedoch erst dann, wenn das ganze Ensemble auf der Bühne ist. Sie tanzen homogen, aber dennoch auffällig individuell, was die beabsichtigte Aussage eindrucksvoll unterstreicht

Es waren vier großartige Ballettabende, die das Publikum mit stehenden Ovationen belohnte und die dem Motto der Ruhrfestspiele „Im Osten was Neues“ mehr als gerecht wurden.

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(Quelle: www.youtube.com)

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