Schlagwort-Archive: Alexander Skrjabin

Die Pranke des wilden Bären: Denis Matsuev in der Philharmonie Essen

Aber holla: Wenn Denis Leonidovich Matsuev auftritt, gibt’s für den Steinway kein Pardon. Der in Irkutsk geborene und von seinem Vater unterrichtete Russe verkörpert Eigenschaften, die man gemeinhin mit der „russischen Schule“ verbindet: stählerne Energie, gewaltiger Ton, dräuende Romantik. Und dazu phänomenale Treffsicherheit in Skalen, Grifffolgen, Oktavparallelen und was derlei virtuoses Handwerk noch mehr ist.

Ein amerikanischer Kritiker schrieb über ein Matsuev-Konzert, er habe in seiner fast sechzigjährigen Laufbahn noch nie ein Klavier so laut gespielt erlebt. Nun denn: Matsuev schafft es auch, die Essener Philharmonie so zu erschüttern, dass man in der Stille zwischen den Orkanen besorgt auf mögliches Knirschen der Stahlträger lauscht.

Die Philharmonie in Essen. (Bild: Werner Häußner)

Die Philharmonie in Essen. (Bild: Werner Häußner)

Matsuev wollte sich zunächst nicht als Extrem-Pianist einführen: Mit … Weiterlesen

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Dosierte Energie: Benjamin Moser beim Klavier-Festival Ruhr in Essen-Werden

Der Pianist Benjamin Moser. Foto KFR

Der Pianist Benjamin Moser. Foto KFR

Haus Fuhr in Essen-Werden ist mit seinem intimen Saal ein idealer Veranstaltungsort für das Klavier-Festival Ruhr. Allerdings hat der Raum seine Tücken; er bildet das Spiel des Solisten sehr genau ab, verstärkt aber die Lautstärke überproportional, sobald sie über ein verhaltenes Mezzoforte hinausgeht. Dazu steht auf der Bühne ein Steinway, erfreulich präsent im Klang, aber für diesen Raum wünschte man sich manchmal einen weicher intonierenden Flügel.

Benjamin Moser, nun schon zum vierten Mal beim Klavier-Festival zu Gast, hätte seine liebe Mühe gehabt, die ausufernden Klangfluten zu dämmen – wenn er es denn versucht hätte. Aber er konnte die Schleusen nicht geschlossen halten; nicht bei Alexandre Skrjabins Fantasie op. 28, nicht in Maurice Ravels „Gaspard … Weiterlesen

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Fieberfrei in Dortmund: Skrjabin mit Joseph Moog und den Bochumer Symphonikern

Der Pianist Joseph Moog. Foto: Paul Marc Mitchell

Der Pianist Joseph Moog. Foto: Paul Marc Mitchell

Vor zehn Jahren, da war er gerade mal 17 Jahre alt, spielte Joseph Moog in einem Konzert Franz Liszts „Totentanz“ – und seine Zurückhaltung bekam Liszts abundanten Klangfantasien außerordentlich gut. Vor zwei Jahren debütierte er in Moers beim Klavier-Festival Ruhr – und überzeugte mit klug ausbalancierten Klavier-Versionen von Opernschlagern Verdis und Wagners. Nun kehrt Moog zum Tastenfeste zurück, stürzt sich im Konzerthaus Dortmund in Alexander Skrjabins mystisch-fantastisch-rauschhafte Musikwelten. Und lässt diesmal spüren, dass er an Grenzen stößt. Nicht an pianistische, aber an musikalische.

Sein Zugang zur Skrjabins fis-Moll-Klavierkonzert op. 20 ist zunächst durchaus logisch. Moog macht aus Skrjabins vermeintlich formvergessen schweifender, selbstversponnener Kunstmystik keine esoterische Meditation. Er formt seine Soli klar durch, … Weiterlesen

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Pierre-Laurent Aimard verortet György Ligetis Klavieretüden in ihrem historischen Kontext

Der Pianist Pierre-Laurent Aimard in tiefer Versenkung und höchster Konzentration am Klavier. Foto: Mohn/KFR

Der Pianist Pierre-Laurent Aimard in tiefer Versenkung und höchster Konzentration am Klavier. Foto: Mohn/KFR

Er zählt zu den Intellektuellen unter den Pianisten. Zu denen, die sich erst einmal Gedanken über die Programmgestaltung machen, bevor ein Konzert beginnt. Um dann zwischen einzelnen Werken sinnfällige Beziehungen aufzuzeigen, zu verdeutlichen, dass Komponisten nicht im luftleeren Raum agieren, sondern stets in die Musikgeschichte eingebunden sind.

Von Pierre-Laurent Aimard ist hier die Rede, dessen analytischer Zugriff – als Interpret und indirekt ja auch als des Publikums Lehrer – uns Anregungen, zudem ästhetische Sinneserweiterung schenkt. Das hat er nun beim Klavier-Festival Ruhr erneut aufs Schönste bewiesen. Ihm zu folgen, staunend, anerkennend und mitdenkend, bedeutet Genuss und Herausforderung zugleich. Und am Ende eines solchen Konzeptkonzertes applaudiert das … Weiterlesen

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Begeisterndes Panorama des Ausdrucks: Evgeny Kissin beim Klavier-Festival Ruhr in Dortmund

Evgeny Kissin bei seinem Konzert in Dortmund. Foto: Mark Wohlrab/KFR

Evgeny Kissin bei seinem Konzert in Dortmund. Foto: Mark Wohlrab/KFR

Seine Auftritte sind nicht häufig, aber die Verknappung ist kein Programm zur Förderung einer Aura, sondern schlicht künstlerischer Verantwortung geschuldet: Evgheny Igorewitsch Kissin gehört zu den ganz Großen seiner Zunft, nicht weil er anderen technisch etwas vorzumachen hätte, sondern weil er in seinem Spiel den einfühlenden, gestaltenden, souveränen Geist erkennen lässt. Weil es ihm gelingt, das innere Erleben, das ihm nach eigener Aussage wichtiger ist als das äußere, in seinem Spiel zu kommunizieren. Weil er, der Distanzierte, Scheue, ein bisschen aus der Welt Gefallene, in diesen Momenten sich mit seinem Publikum tief verbindet.

Und die Menschen in den Sälen merken das: Der Beifall bei Kissins Auftritt beim Klavier-Festival Ruhr im … Weiterlesen

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Selbstbewusstes Konzept: Khatia Buniatishvili beim Klavier-Festival Ruhr in Duisburg

Die Unruhe ist von Anfang an da, zieht in ihren Bann. Sie ist präsent in den hart angeschlagenen Akkorden des Beginns von Chopins b-Moll-Sonate, sie wacht über dem aufgewühlten Agitato-Brausen, sie durchwebt auch die Beruhigung des Tempos, die sanfte Dolce-Versenkung. Bei Khatia Buniatishvili liegt diese Unruhe wie ein existenzielles Verhängnis über allen vier Sätzen der Sonate, die durch ihren „Trauermarsch“ eine manchmal traurig-banale Berühmtheit erlangt hat.

"Versinken ... ertrinken...": Khatia Buniatishvili bei ihrem Duisburger Konzert. Foto: Frank Mohn

„Versinken … ertrinken…“: Khatia Buniatishvili bei ihrem Duisburger Konzert. Foto: Frank Mohn

Bei der 25-jährigen georgischen Pianistin sitzt man das Stück nicht mit dem bestätigenden Eindruck des viele Male Gehörten ab. Wie Blitze eine bekannte und lieb gewonnene Landschaft unheimlich neu beleuchten können, durchfetzen ihre Einfälle das vertraute Gebilde. Etwa wenn sie die Dynamik, … Weiterlesen

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Edler Ton: Der Geiger Daniel Hope mit Elgars Violinkonzert in Essen

Entfesselung, Verklärung, Apotheose? Ja, schon. Aber Alexander Skriabin, der kühne Eigenbrötler unter den russischen Komponisten, wollte sein „Poème de l’extase“ nicht nur schöngeistig aufgefasst wissen.

Anspannen, aufheizen, explosives Entladen: Skriabin fasste das in eine vor hundert Jahren als extrem, verrückt und manchmal auch zu offensichtlich körperlich-erotisch eingeschätzte Musik. Noch heute weckt das musikalisch frei dem Klang und dem Rausch huldigende Werk von 1908 Bewunderung. In der Philharmonie Essen wurde es als Krönung des Konzerts des russischen Nationalorchesters mit Bravorufen quittiert.

Dabei war kaum Anlass für Jubel. Denn der Orchestergründer und Dirigent Mikhail Pletnev, einst ein hoffnungsvoller Pianist, fährt die Ekstase zwar mit grandiosem Fortissimo auf. Aber er bereitet sie nicht vor. Aus dem lyrisch-entspannten Beginn des Werks führt keine drängende … Weiterlesen

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Daniil Trifonov: Grandioses Debut beim Klavier-Festival Ruhr

Daniil Trifonov bei seinem Debüt beim Klavier-Festival Ruhr in Düsseldorf, Foto: KFR/Frank Mohn

Daniil Trifonov bei seinem Debüt beim Klavier-Festival Ruhr in Düsseldorf, Foto: KFR/Frank Mohn

Hymnische Kritiken zu bekommen, ist heutzutage nicht schwer. Die Frage ist immer, von wem. Der 21-jährige Russe Daniil Trifonov hat sie nicht aus einer gut geschmierten PR-Maschinerie, sondern von Kritikern, deren Kompetenz und Unabhängigkeit erprobt sind.

Der junge Mann scheint sich zum Glück auch nicht als kompatibel für Kampagnen zu geben: Seine noch nicht inflationär verbreiteten Äußerungen in Interviews deuten auf ein maßvolles gezügeltes Selbstbewusstsein hin, das sich vor allem musikalisch verwurzelt: Auf der einen Seite zitiert ihn das Programmheft zu seinem Einstand beim Klavier-Festival Ruhr mit dem Satz, er verstehe das Wort Karriere im musikalischen Sinne; auf der anderen hatte er sein im letzten Jahr schon … Weiterlesen

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