Schlagwort-Archive: Tatjana Gürbaca

Wie sich Wahn in Wirklichkeit drängt: Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“ an der Oper Köln

Stefan Vinke als Paul in Erich Wolfgang Korngolds Oper „Die tote Stadt“ in Köln. (Foto: Paul Leclaire)

Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“ zu inszenieren, dürfte zu den schwierigsten Aufgaben für Regisseure gehören. Der Symbolismus der Vorlage Georges Rodenbachs („Bruges-la-morte“), das hoffmanneske Changieren zwischen dem Dämmer des Realen und dem Nebel des Traums, das Verschieben der Wahrnehmungsräume, in denen behauptete Lebenswirklichkeit mit Fantasien, Erinnerungen, Wunsch- und Wahnbildern im Kopf verschwimmen: Überzeugende Bühnenlösungen sind rar.

Aber die Rezeption von Korngolds vor 100 Jahren, am 4. Dezember 1920 in Köln und Hamburg gleichzeitig uraufgeführter Oper ist in den letzten Jahren in Schwung gekommen. Armin Petras in Bremen, Anselm Weber in Frankfurt und kurz vor der Pandemie Immo Karaman in Wuppertal etwa haben … Weiterlesen

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Keine Erlösung: Webers „Freischütz“ als ausweglose Endlosschleife der Gewalt

Blutiges Kugelgießen: Maximilian Schmitt (Max) und Heiko Trinsinger (Kaspar) in Webers „Freischütz“ am Aalto-Theater Essen. Foto: Martin Kaufhold

Jetzt würde er gern wieder durch die Wälder und Auen streifen, Max der Jägerbursche. Allein: Auf der Bühne des Essener Aalto-Theaters ist der Wald zu einem einsamen dürren Ast verdorrt. Und die Auen liegen hinter einem düsteren Dorfanger, umstellt von schwarzen Haussilhouetten.

Ein „Exit“, wie mit Kreide an die Wand geschrieben, öffnet sich da nicht. GOTT steht in Spiegelschrift an der Wand, neben einem Kreuz. Den haben die Menschen also auch hinter sich gelassen, die sich „in Güte und Liebe“ lustvoll gezwungener Gewalt und kollektivem Sex hingeben. Allerlei magischer Krimskrams hilft nicht aus der Not: Das Pentagramma macht dem Teufel keine Pein, … Weiterlesen

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Die Abgründe der Durchschnittstypen: Tatjana Gürbaca inszeniert Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“

"Lebt denn kein Gott?" Max (Maximilian Schmitt) wird von der abergläubischen Dorfgemeinschaft mit Kreuzsymbolen behängt (Foto: Martin Kaufhold)

„Lebt denn kein Gott?“ Max (Maximilian Schmitt) wird von der abergläubischen Dorfgemeinschaft mit Kreuzsymbolen behängt. (Foto: Martin Kaufhold)

„Das Böse ist immer und überall“, sang einst eine Band österreichischer Blödelbarden mit dem schönen Namen Erste Allgemeine Verunsicherung. Das war zwar reichlich unernst gemeint, könnte unter Aussparung der Ironie aber das Motto gewesen sein, dem die Berliner Regisseurin Tatjana Gürbaca in ihrer Neufassung der Oper „Der Freischütz“ folgte. Das Schauerstück von Carl Maria von Weber, das jetzt im Essener Aalto-Theater Premiere hatte, spaltete das Publikum in Buh- und Bravo-Rufer.

Max (Maximilian Schmitt) wird von Ängsten geplagt. (Foto: Martin Kaufhold)

Gottesfern ist die von Ängsten und Aberglauben dominierte Welt nach dem Dreißigjährigen Krieg, in der Gürbaca und ihr Team die Handlung ansiedeln. … Weiterlesen

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Glücksmomente: „Lohengrin“ zurück im Aalto-Theater

Für drei Vorstellungen kehrt Richard Wagners „Lohengrin“ ins Aalto-Theater zurück. Und auch aus dem Abstand von über einem Jahr und vor dem kritischen Blick auf die Wiederaufnahme kann diese Produktion als eine der besten im Essener Repertoire bestehen.

Szene aus dem Essener "Lohengrin": Heiko Trinsinger (Telramund, Mitte oben), Jessica Muirhead (Elsa, Mitte unten), Chor und Statisterie. Foto: Forster.

Szene aus dem Essener „Lohengrin“: Heiko Trinsinger (Telramund, Mitte oben), Jessica Muirhead (Elsa, Mitte unten), Chor und Statisterie. (Foto: Forster)

Das liegt nicht allein an der komplexen Regie von Tatjana Gürbaca, die dem Wunder Raum gibt, ohne es zu banalisieren oder vorschnell zu erklären. Das liegt auch am Einsatz der Essener Philharmoniker und ihrem GMD Tomáš Netopil. Und an einem Ensemble, das nicht mit Luxusglamour aufwarten muss, um musikalisch voll und ganz zu überzeugen.

Im Vergleich zur Premiere (4. Dezember 2016) hat … Weiterlesen

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Nominierungen zum Theaterpreis „Der Faust“: Auszeichnungen für Oberhausen, Essen, Dortmund und Düsseldorf

DER FAUST - so sieht die Auszeichnung aus. Foto: Natalie Bothur

„Der Faust“ – so sieht die Auszeichnung aus. Foto: Natalie Bothur

Alle Achtung! Da kommt soeben die Pressemeldung des Deutschen Bühnenvereins zum Theaterpreis „Der Faust“ 2017 herein – und wir entdecken gleich mehrfach Nominierungen für Bühnen in Nordrhein-Westfalen.

Waren die Theater in NRW nicht sonst eher so ein Geschwader hässlicher Entlein, die schüchtern im Kielwasser der glanzvollen Schwäne aus Berlin, Hamburg etcetera mitpaddeln durften? Diesmal könnte es anders sein. Und dass ein nicht gerade auf Rosen gebettetes Theater wie Oberhausen in der Kategorie „Regie Schauspiel“ nach 2014 erneut für einen Preis infrage kommt, darf durchaus mit Stolz zur Kenntnis genommen werden. Neben Oberhausen stehen Düsseldorf, Essen und Dortmund in der Liste der „Faust“-Nominierungen.

„Látszatélet / Imitation of Life“ des unbequemen … Weiterlesen

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Raum für das Wunder: Wagners „Lohengrin“ fasziniert am Aalto Theater Essen

Das Wunder wird sinnlich erfahrbar: Der Schwan (Aron Gergely) und Lohengrin (Daniel Johansson). Foto: Forster

Das Wunder wird sinnlich erfahrbar: Der Schwan (Aron Gergely) und Lohengrin (Daniel Johansson). Foto: Forster

Der Zusammenbruch ist vollkommen. Elsa, entleibt im blutigen Hochzeitsgewand, Ortrud, weinend über dem Sarg des toten Telramund. Der Herzog von Brabant, ein blindes Kind, das in einer Uniform über die Bühne torkelt. Der Rückzug Lohengrins ist nicht das Ende eines wundersam romantischen Liebesmärchens, sondern die Katastrophe einer haltlos zurückgelassenen Gesellschaft. Was da bleibt, ist der Krieg: Ein Bischof in vollem Ornat segnet die Soldaten König Heinrichs, lässt sie von Messdienern beweihräuchern. Wo die wahre Transzendenz verbannt ist, macht sich die falsche breit.

Tatjana Gürbaca hat am Aalto Theater Essen Richard Wagners „Lohengrin“ in einer klugen, komplexen Regie an die Gegenwart angenähert, ohne die Deutungswege der … Weiterlesen

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Reise ins Innere: Detlev Glanerts „Solaris“ nach Stanislaw Lem an der Oper Köln

Detlev Glanerts "Solaris" im atmosphärisch dichten Bühnenbild von Darko Petrovic. Foto: Bernd Uhlig

Detlev Glanerts „Solaris“ im atmosphärisch dichten Bühnenbild von Darko Petrovic. Foto: Bernd Uhlig

Spannende Zeiten in Köln. Während etwa in Düsseldorf an der Deutschen Oper am Rhein eine sichere Nummer nach der anderen abgearbeitet wird, zeigt der Opern-Herbst in der Domstadt, wie erfindungsreich Repertoirepolitik sein kann.

Auf Johann Adolph Hasses in Schwetzingen wieder ausgegrabene Oper „Leucippo“ folgte nun die deutsche Erstaufführung von „Solaris“, mittlerweile die dritte in Köln gespielte Oper Detlev Glanerts. Bleibt Intendantin Brigit Meyer bei diesem Kurs, wird einem um die künftige Vielfalt nicht bange.

„Solaris“ nach einem erfolgreichen Roman des polnischen Autors Stanislaw Lem wurde 2012 in Bregenz uraufgeführt. Die Inszenierung von Moshe Leiser und Patrice Caurier sollte an die Komische Oper Berlin übernommen werden, was – … Weiterlesen

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