Schlagwort-Archive: Carl Maria von Weber

Keine Erlösung: Webers „Freischütz“ als ausweglose Endlosschleife der Gewalt

Blutiges Kugelgießen: Maximilian Schmitt (Max) und Heiko Trinsinger (Kaspar) in Webers „Freischütz“ am Aalto-Theater Essen. Foto: Martin Kaufhold

Jetzt würde er gern wieder durch die Wälder und Auen streifen, Max der Jägerbursche. Allein: Auf der Bühne des Essener Aalto-Theaters ist der Wald zu einem einsamen dürren Ast verdorrt. Und die Auen liegen hinter einem düsteren Dorfanger, umstellt von schwarzen Haussilhouetten.

Ein „Exit“, wie mit Kreide an die Wand geschrieben, öffnet sich da nicht. GOTT steht in Spiegelschrift an der Wand, neben einem Kreuz. Den haben die Menschen also auch hinter sich gelassen, die sich „in Güte und Liebe“ lustvoll gezwungener Gewalt und kollektivem Sex hingeben. Allerlei magischer Krimskrams hilft nicht aus der Not: Das Pentagramma macht dem Teufel keine Pein, … Weiterlesen

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Freudiger Schluss, verklärte Wonne: Duisburger Philharmoniker und Axel Kober erkunden die Romantik

Ob Anton Bruckners Siebte Symphonie tatsächlich einer „romantischen Vision“ entspringt, wie der Titel des Sechsten Philharmonischen Konzerts der Duisburger Philharmoniker andeutet, sei dahingestellt: Der Begriff der Romantik ist in der Musik unscharf – und Bruckners gewaltiges Gebilde ließe sich aus guten Gründen ebenso als komplexe Weiterentwicklung formaler Prinzipien der „klassischen“ Komponisten lesen.

Axel Kober, Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein und Chefdirigent der Duisburger Philharmoniker. Foto: Max Brunnert

Axel Kober, Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein und Chefdirigent der Duisburger Philharmoniker. Foto: Max Brunnert

Selbst der „sehr feierliche“ und „sehr langsame“ zweite Satz verbirgt hinter seinen Wagner-Anklängen einen Sonatensatz, ist also weit mehr als deskriptive Musik von Trauer und Trost.

Aber genau jener zweite Satz, den Bruckner unter dem Eindruck von Wagners Tod am 13. Februar 1883 vollendete, schlägt die Brücke zu Carl Maria von Webers … Weiterlesen

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Die Abgründe der Durchschnittstypen: Tatjana Gürbaca inszeniert Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“

"Lebt denn kein Gott?" Max (Maximilian Schmitt) wird von der abergläubischen Dorfgemeinschaft mit Kreuzsymbolen behängt (Foto: Martin Kaufhold)

„Lebt denn kein Gott?“ Max (Maximilian Schmitt) wird von der abergläubischen Dorfgemeinschaft mit Kreuzsymbolen behängt. (Foto: Martin Kaufhold)

„Das Böse ist immer und überall“, sang einst eine Band österreichischer Blödelbarden mit dem schönen Namen Erste Allgemeine Verunsicherung. Das war zwar reichlich unernst gemeint, könnte unter Aussparung der Ironie aber das Motto gewesen sein, dem die Berliner Regisseurin Tatjana Gürbaca in ihrer Neufassung der Oper „Der Freischütz“ folgte. Das Schauerstück von Carl Maria von Weber, das jetzt im Essener Aalto-Theater Premiere hatte, spaltete das Publikum in Buh- und Bravo-Rufer.

Max (Maximilian Schmitt) wird von Ängsten geplagt. (Foto: Martin Kaufhold)

Gottesfern ist die von Ängsten und Aberglauben dominierte Welt nach dem Dreißigjährigen Krieg, in der Gürbaca und ihr Team die Handlung ansiedeln. … Weiterlesen

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Alles andere als Mainstream: Die Dortmunder Philharmoniker und Andreas Boyde stellen Clara Schumanns Klavierkonzert vor

Am 13. September 2019 wird die musikalische Welt ein markantes Datum feiern können, den 200. Geburtstag von Clara Schumann, geborene Wieck. Als Klaviervirtuosin wie als Komponistin kann sie eine unübersehbare Größe in der Musik des 19. Jahrhunderts für sich beanspruchen.

Clara Wieck im Alter von 15 Jahren. Vor Clara aufgeschlagen ist der Solopart mit dem Beginn des 3. Satzes aus ihrem Klavierkonzert a-moll op. 7. Abbildung von Julius Giere.

Clara Wieck im Alter von 15 Jahren. Vor Clara aufgeschlagen ist der Solopart mit dem Beginn des 3. Satzes aus ihrem Klavierkonzert a-moll op. 7. (Abbildung von Julius Giere)

Clara Schumann ist eine Frau, die durch ihr Lebensschicksal, durch ihre Ehe mit Robert Schumann, durch die vielfältigen Konflikte zwischen herkömmlichem Rollenbild und moderner Emanzipation, in der Spannung zwischen liebender Gattin und arrivierter Künstlerin auch für die Gesellschaftsgeschichte bedeutsam ist.

Die Dortmunder Philharmoniker nahmen das Jubiläum schon vorweg und setzten das … Weiterlesen

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Verdorrter Wald, zutiefst gespaltene Welt: Carl Maria von Webers „Freischütz“ am Theater Münster

Entwurzelter Baum, entwurzelte Existenzen: Mirko Roschkowski als Max und - im Hintegrund - Gregor Dalal als Kaspar in Webers "Freischütz" am Theater in Münster. Foto: Oliver Berg/Theater Münster

Entwurzelter Baum, entwurzelte Existenzen: Mirko Roschkowski als Max und – im Hintergrund – Gregor Dalal als Kaspar in Webers „Freischütz“. (Foto: Oliver Berg/Theater Münster)

Rotgraue narb‘ge Wurzeln strecken nach uns die Riesenfaust: Ein gewaltiger Baum beherrscht die Bühne des Theaters Münster. Er ist entwurzelt, hat im Fallen eine Bresche in einer Mauer geschlagen und zerteilt die Einheit des Raumes. Neblige Dunkelheit, der Schatten eines stattlichen Sechzehnenders taucht auf. Lautlos röhrt der Hirsch zur Ouvertüre.

Die Bühne von Christophe Ouvrard für Carl Maria von Webers „Der Freischütz“ nimmt von Anfang an für sich ein. Die unheimlich ragenden Wurzeln des Baumriesen, das harte Licht von oben und hinten, das die Konturen gespenstisch belebt, der unfassbar tiefe, in Nichts mündende Raum. Ouvrard arbeitet … Weiterlesen

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Mit Glanz und Gloria: Gabriel Feltz, Johannes Moser und die Dortmunder Philharmoniker

Die Dortmunder Philharmoniker. Foto: Magdalena Spinn

Die Dortmunder Philharmoniker. Foto: Magdalena Spinn

Carl Maria von Weber vermerkte einmal, das Anschauen einer Gegend sei ihm wie die Aufführung eines Musikstücks. „Ich erfühle das Ganze, ohne mich bei den es hervorbringenden Einzelheiten aufzuhalten …“ Dortmunds Generalmusikdirektor Gabriel Feltz hat diese ästhetische Äußerung Webers wohl etwas zu wörtlich genommen: Die Konzertouvertüre „Der Beherrscher der Geister“ rauscht zu Beginn des Achten Philharmonischen Konzerts in angemessenem Presto vorüber, entbehrt aber jeglicher Binnengestaltung.

Carl Maria von Weber auf einer Darstellung des 19. Jahrhunderts.

Carl Maria von Weber auf einer Darstellung des 19. Jahrhunderts.

In den Tutti denunziert Feltz Webers Orchester als bloßen Lärm, das spannungsvoll tremolierende Crescendo verpufft ohne Wirkung, die Oboe singt, aber schwingt nicht und der abschließende majestätische Choral der Blechbläser bleibt steif. Nicht toll, dieser Konzerteinstieg der Dortmunder Philharmoniker … Weiterlesen

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Schöner Skandal: Dortmunds Schauspielchef Voges mischt mit „Freischütz“ Hannover auf

Ein "Freischütz" sorgt für Wirbel in Hannover. Inszeniert hat die umstrittene Produktion der Dortmunder Schauspielintendant Kay Voges. Foto: Werner Häußner

Ein „Freischütz“ sorgt für Wirbel in Hannover. Inszeniert hat die umstrittene Produktion der Dortmunder Schauspielintendant Kay Voges. Foto: Werner Häußner

Das ist doch schön! In stumpf gewordenen Zeiten, in denen all die vaginal-anal-erektionale Blut-Sperma-Fäkalmetaphorik des postzeitgenössischen Theaters nur noch Augenrollen oder Schulterzucken hervorruft, schafft die Oper einen Skandal. Richtig befreiend, dass sich sogar die Politik wieder einmal mahnend zu Wort meldet. Wunderbar, dass die CDU-Ratsfraktion in Hannover die Schätze, die uns Dichter und Komponisten hinterlassen haben, „ins Niveaulose und Beliebige“ gezerrt sieht. Inzwischen gibt es sogar eine Anfrage der Landtags-CDU ans niedersächsische Kultusministerium. Und in der Kulturszene Hannovers hält die Debatte an.

Besser hätte es nicht laufen können: Wenn, wie maliziös orakelt, mit einem kleinen Skandal kalkuliert wurde, ist die … Weiterlesen

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Gescheiterte „Werktreue“: Fiasko mit Carl Maria von Webers „Freischütz“ in Aachen

"Brav! Herrlich getroffen!" - Fur den Aachener "Freischütz", von Martin Philipp einem Inszenierungsversuch unterworfen, gilt das nicht. Szene aus der Eröffnung der Oper. Foto: Ludwig Koerfer

„Brav! Herrlich getroffen!“ – Fur den Aachener „Freischütz“, von Martin Philipp einem Inszenierungsversuch unterworfen, gilt das nicht. Szene aus der Eröffnung der Oper. Foto: Ludwig Koerfer

An Webers „Freischütz“ entzündet sich Inszenierungs-Fantasie gerne: Das liegt am Libretto Friedrich Kinds, seinen Elementen der Kolportage, der Schauergeschichte, des Sentimentalen und des Fantastischen.

Es liegt an dem störrisch die Religion bemühenden, für metaphysisch unbeleckte Regisseure von heute nicht nachvollziehbaren Ende. Und es liegt sicher auch an der Repertorielast, die Webers meistgespieltes Werk beschwert. Irgendetwas Neues muss ja jeder finden, der sich dem Stück widmet.

Insofern gehört eine gute Portion Mut dazu, die Geschichte von Freikugeln, Jägersbraut und Gespensterschlucht samt wundersamer Errettung so zu erzählen, wie sie auf dem Blatt steht. Martin Philipp hat … Weiterlesen

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