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Die „Essais“ des Michel de Montaigne und ihr deutscher Übersetzer – doppelte Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben

Mit seinem singulären Übersetzungswerk wurde der unter dem messerscharfen Pseudonym „Hans Stilett“ veröffentlichende  Hans A. Stiehl in zwei Jahrzehnten zur kraftvollsten deutschen Stimme des Humanisten Michel de Montaigne (1533-1592). Ich hatte 2008 das Vergnügen, mit Hans Stilett bei seiner Lesung am Theater an der Ruhr ein Bühnengespräch zu führen. Der 86-Jährige beeindruckte dabei – wie sein Vorbild Montaigne – durch Geistesgegenwart, Humor und enzyklopädisches Wissen.

Stilett (1922-2015) lebte, schrieb und übersetzte in Bonn. Im Brotberuf war er jahrzehntelang als Fremdsprachenredakteur beim Bundespresseamt tätig. Nach dem Ende seiner Berufstätigkeit und neben eigener schriftstellerischen Arbeit wagte er einen couragierten Neuanfang und begann, an der Universität zu Bonn Vergleichende Literaturwissenschaft, Germanistik und Philosophie zu studieren. 1989 schloss Stiehl seine Dissertation über Montaignes „… Weiterlesen

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„Lost in Translation“: Das Wort für die Zeit, die man braucht, um eine Banane zu essen – und mancher treffliche Ausdruck mehr

Das ist doch mal eine nette Buchidee, unterhaltsam und durchaus mit geistreicher Substanz behaftet: Ella Frances Sanders hat für ihren Band mit dem kinobekannten Titel „Lost in Translation“ treffliche Worte aus aller Welt gesammelt, die als unübersetzbar gelten und nur mit länglichen Umschreibungen einigermaßen zu fassen sind.

In jedem dieser Worte sind – wunderbar vielfältig – kollektive Erfahrungen aufgehoben. Nicht alle sind gleichermaßen prägnant, doch bei vielen klingt (auch fürs deutsche Sprachempfinden) manches Bedeutsame an und nach, beileibe nicht nur Exotik. Erstaunlich genug, für welche speziellen Phänomene es in manchen Sprachen eigene Worte gibt.

Das Rentier als Maß der Dinge

Man muss Beispiele nennen – und möchte am liebsten gar nicht mehr damit aufhören: So bezeichnet das schwedische mångata die … Weiterlesen

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Endlich übersetzt: Pierre Michons „Die Grande Beune“

Jeder Autor von einigem Belang, so will es mir scheinen, hat in seinem Leben wenigstens einmal ein ganz bestimmtes Buch geschrieben, das darauf wartet, von so unterschiedlich geneigten Leser…n, wie wir es jeweils sind, zu einem besonders günstigen Zeitpunkt als unser fortan ureigenes, autorbezogen entscheidendes Buch gelesen und entdeckt zu werden.

Je nachdem. Bei Juan Carlos Onetti war das in meinem speziellen Falle die kurze Erzählung „Abschiede“, bei Ernst Weiß der Roman „Der Gefängnisarzt und die Vaterlosen“, bei Wilhelm Raabe „Die Akten des Vogelsangs“, bei Emmanuel Bove „Die Ahnung“, bei Ludwig Winder „Die Reitpeitsche“, bei Volker Braun die „Unvollendete Geschichte“, bei Gerhard Meier „Das Tal der Winde“, bei Robert Menasse „Selige Zeiten, brüchige Welt“ und bei Roberto Bolaño „2666“. Bei … Weiterlesen

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