Von Bernd Berke
Recklinghausen. Allerbeste Aussichten auf eine repräsentative neue Ausstellungsstätte hat jetzt die Kunsthalle in Recklinghausen. Das Institut, das nach dem Krieg notdürftig in einem Bunker gegenüber dem Hauptbahnhof angesiedelt wurde und dort bis heute mehr schlecht als recht residiert, könnte in etwa zwei bis drei Jahren die historische „Engelsburg“ beziehen.
Dieses in ursprünglicher Gestalt um 1700 errichtete Gebäude dient derzeit noch als Nobelhotel, doch der Pächter zieht sich zurück. Unterdessen hat die Stadt Recklinghausen den Bau für 3,8 Mio. DM erworben. Für den Umbau zum Museum müßten etwa 15 bis 20 weitere Millionen veranschlagt werden. Die politischen Entscheidungen darüber sind bereits auf gutem Wege.
„Phantastische Chancen für die Zukunft“ sieht Kunsthallen-Leiter Ferdinand Ullrich. In der „Engelsburg“ werde man große Teile des Eigenbesitzes und Wechselausstellungen zugleich zeigen können – eine Möglichkeit, die man auch in weitaus größeren Städten (etwa beim Ostwall-Museum in Dortmund) herbeisehnt. Die ständige Präsentation von Eigenbesitz, so Ullrich, könne mitunter ungeahnte Folgen nach sich ziehen. So seien viele Künstler eher zu Schenkungen oder „Rabatt-Verkäufen“ an Museen bereit, wenn sie sähen, daß sie mit ihren Arbeiten ins bestehende Sammlungs-Konzept passen. Bei einem jährlichen Mini-Ankaufsetat von 10 000 DM, wie er in Recklinghausen besteht, wäre allein eine solche Wirkung Gold wert.
Nicht zuletzt stimmt an der „Engelsburg“ auch das Ambiente. Die Lage ist ideal, sie würde endlich auch „Laufkundschaft“ ins Haus ziehen, und ein zugehöriger Park verführt geradezu zur Aufstellung von Freilichtskulpturen. Kurz und gut: Mit dem Umzug in die „Engelsburg“ ware die Recklinghäuser Kunsthalle schlagartig eine der feinsten Kulturadressen im Revier.
Am Rande einer Ausstellungs-Vorbesichtigung sprach Ferdinand Ullrich gestern auch über sein Verhältnis zum Essener Schauspielchef Hansgünther Heyme, der ja neuerdings auch die Geschicke der Ruhrfestspiele in Recklinghausen bestimmt. Für Irritation hatte Heymes mehrfach wiederholte Äußerung gesorgt, er, Heyme, entscheide ganz allein darüber, wer künftig die Kunstausstellungen der Ruhrfestpiele macht. Bisher war dies immer Sache des Leiters der Kunsthalle gewesen. Ullrich hätte Heymes Ausspruch also als Affront, als eine Art Mißtrauensvotum auslegen können. Mittlerweile, wenn auch recht spät, hat es eine Aussprache zwischen beiden gegeben. Ullrich betönt, daß er sich mit Heyme in punkto Kunstauffassung sehr wohl einigen könne. Und wenn Heyme es wirklich schaffe, eine Berühmtheit wie etwa den Ausstellungsmacher Harald Szeemann nach Recklinghausen zu holen, sei das nur zu begrüßen: „Etwas Besseres könnte dieser Stadt doch gar nicht passieren“.
Als eine Art Zwischenbilanz und Standortbestimmung von Ullrichs Museumsarbeit kann auch in diesem Zusammenhang die Ausstellung „Malerei ’90“ mit rund 80 Arbeiten von acht jungen Künstlern gelten, die an diesem Wochenende eröffnet wird. Die WR wird darauf zurückkommen.