Von Bernd Berke
Köln. Haben Sie zufällig 165 000 Mark übrig? Dafür könnte man, auf dem heute beginnenden Kölner Kunstmarkt, gerade mal ein kleines Nebenwerkchen (sprich: Gouache-Arbeit) von Max Ernst erstehen. Für weniger pralle Geldbeutel hält die „Art Cologne“ zwar auch Stücke ab etwa 100 DM bereit, doch das sind natürlich keine hehren Originale, sondern Abzüge von Auflagenwerken, noch dazu von unbekannten Künstlern.
Als „solide“ bezeichnete Gerhard F. Reinz, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Galerien e. V. (Veranstalter der Messe) das Preisgefüge. Dem kann man (mit einem kräftigen Schuß Ironie) nur beipflichten.
Ähnlich wie die Frankfurter Buchmesse, wächst auch die „Art Cologne“, der wohl größte Kunstmarkt der Welt, beständig. 267 Galerien aus 19 Ländem nehmen heuer teil, rund 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Ausstellungsfläche wurde sogar um etwa 30 Prozent vergrößert, Halle 5 des Kölner Messegeländes wird erstmals einbezogen. Effekt: Es sind mehr „junge“ Galerien dabei, nicht nur die alljährlichen Stammgäste. Man hofft, daß diese „Jungen“ die Nase mehr in den Wind neuester Trends halten.
Selbstverständlich spielen die neuen Bundesländer auch auf dem Kunstmarkt eine Rolle. Immerhin schon vier Privatgalerien der ehemaligen DDR sind vertreten; nicht mit den allerletzten Novitäten der Szene, dafür aber mit – wenn der erste Eindruck nicht trügt – ausgereifteren, durchdachteren Programmen als so mancher West-Anbieter. An deren Ständen regiert oft fröhlicher Pluralismus oder, negativ ausgedrückt: bunte Beliebigkeit. Die Präsenz ostdeutscher Galerien ist übrigens höchst ratsam, sonst bemächtigt sich der westliche Handel der nennenswerten Ost-Kunst womöglich noch begieriger, als dies schon der Fall ist.
Auch Sonderschau und Benefiz-Veranstaltung sind diesmal einem ostdeutschen Institut gewidmet, nämlich dem Kupferstichkabinett Dresden. Dessen erster frei gewählter Leiter, Dr. Werner Schmidt, schilderte mit Galgenhumor, wie er zu SED-Zeiten in Dresden insgeheim Blätter von mißliebigen Künstlern gesammelt habe, z. B. schon ab 1965 Bilder des heute berühmten A. R. Penck, als der noch seinen bürgerlichen Namen Ralf Winkler trug.
Wenn wir schon einmal bei Künstlernamen sind, darf die „Hitliste“ jener, die von den meisten Galerien vertreten werden, nicht fehlen: Platz eins belegt unangefochten Joseph Beuys, von dem gleich 19 Galerien Arbeiten im Programm haben. Es folgen Imi Knoebel, Arnulf Rainer, besagter A. R. Penck, Bernard Schultze und Georg Baselitz „auf den Plätzen“.
Bei Gelegenheit der gestrigen Eröffnungs-Pressekonferenz nannte Verbandsvorsitzender Reinz auch einige kulturpolitische Wünsche der Galeristen. So monierte er das erst kürzlich im Bundestag verabschiedete Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz, dessen Bestimmungen teilweise gegen den Datenschutz verstießen. Außerdem mahnte Reinz ein „Verfassungsbekenntnis zur Kultur“ sowie die Einrichtung eines Kulturausschusses im nächsten Bundestag an.
„Art Cologne“. Internationaler Kunstmarkt. Köln.Deutz, Messegelände. 15. bis 21. November, täglich 11 bis 20 Uhr. Tageskarte 12, Dauerkarte 30 DM. Messekatalog 30 DM.