„Genießen wie Gott im Pott“ – Heinrich Pachl alias „Ben Ruhr“ mischt das Revier auf

Von Bernd Berke

Der stinkende „Killerkanal“, Emscher genannt, soll endlich ein „Schmusebach“ werden; aus der A 430 (landläufig: B 1 ) machen wir flugs eine Straße in die güldene Zukunft des Reviers, also einen „Highway zum High Tech“. Und das soziale Netz wird just zum „Tramplin“ für den Sprung in das Jahr 2000. So schwadroniert Heinrich Staiger, der Imageberater fürs Ruhrgebjet. „Glückauf, der Staiger kommt!“, möchte man da aufstöhnen.

Mit Ideen sonder Zahl sucht Staiger alias „Ben Ruhr“ (West3,21.55 Uhr) die gebeutelte Region heim und steckt sämtliche realen Vorbilder in die Tasche. Wenn der Zukunfts-Berserker (mit knallrotem Nostalgie-Luxuscabrio) Kiez, Kioske und Kohlehalden ansteuert, um Revierbewohner für seine Visionen zu gewinnen, bleibt kein Stein auf dem anderen. Denn Heinrich Staiger – das ist der Kabarettist Heinrich Pachl, der schon mit seinem vielgelobten Film „Homo Blech“ die Abstrusitäten bundesdeutschen Städtebaus aufs Korn nahm.

Staiger will – nach allen Protesten gegen Werksschließungen – die „wahre Revolution im Revier“, indem er der Region ein neues flottes Design verpaßt (Devise: „Genießen wie Gott im Pott“). Die bizarrsten Einfälle kommen da gerade recht. Ob der ausgediente Hochofen das Gerüst für ein Schicki-Micki-Restaurant abgibt oder ob Schafe davor weiden sollen („Ruhrgebiet – Kurgebiet“) – Hauptsache, man kann es gut verkaufen.

Pachls mit nervöser Emphase (Kennedy-Anklang: „Ich bin ein Rheinhausener“) vorgetragene Revier-Gedanken, die sich zuweilen eng an Real-Vorkommnisse anlehnen und daher um so ätzender wirken (Autor: der Oberhausener Robert Bosshard), sind eine geistige Lockerungsübung bei einem Thema, das sonst nur bierernst diskutiert wird. „Ben Rhr“ läßt – und das darf Satire eben – kaum ein gutes Haar an der Zukunft: Alle Aktivitäten, mit denen das Revier sich am eigenen Schöpf aus dem Sumpf ziehen will, werden durch den Kakao gezogen. Technologiezentren, Spaßbäder, Sanierungen, Kulturrummel, Einkaufszentren und Erschließung neuer Industriegelande – nichts bleibt verschont.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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