Von Bernd Berke
Recklinghausen. Wie in der großen weiten Kunstwelt, so auch in und um Recklinghausen: „Es wird wieder gemalt“. Tafelbilder mit figürlichen Motiven sind allerwärts auf dem „Vormarsch“.
So könnte, im Vergleich zur letzten größeren Ausstellung des „Vestischen Künstlerbundes“ (1981), ein Fazit zur Schau „Zeit Stand Ort“ lauten, die jetzt – als erfreulich anregender Beitrag zum 750jährigen Jubiläum der Stadt – in der Kunsthalle Recklinghausen gezeigt wird (bis 25. Februar; Clou: Wer den 5 DM teuren Katalog kauft, nimmt an einer Graphik-Verlosung teil).
Ärger gab’s im Vorfeld – wie immer, wenn eine Jury zugelangt hat. 75 Künstler wollten teilnehmen, nur 44 dürfen. Die allermeisten wohnen in Recklinghausen und Umgebung oder sind hier geboren. Eine Ausstellung, die derart das künstlerische Schaffen einer Region dokumentiert, kann weder einheitliche Spitzenqualität bieten noch unter einern Einheitsthema stehen. Also sieht man vielerlei Facetten, sieht man (mehrheitlich) Bemerkenswertes neben (vereinzelten) Belanglosigkeiten.
Eindrucksvolle Beispiele: Siegfried Danguillier aus Gelsenkirchen erzeugt in Mischtechnik verwitterte, geheimnisumwitterte Schriften, die aus einer versunkenen Kultur zu stammen scheinen. Der in Herten lebende Türke Iskender Gider collagiert auf Pergament monumentale „Kämpfer“-Figuren, die sich in einsamer Aggressivität selbst zu zerstören scheinen. Rolf Glasmeier (Gelsenkirchen) zeigt mit der Fotoserie „Schattenspiel“ huschende Visionen vom Verlust des Menschenbilds, während Martin Grothusmann (Recklinghausen) sich gleich auf die Maschinenwelt konzentriert, indem er Rotationsmaschinen und Webstühle in expressiv gemalter Bewegung vorführt.
Von Wolfgang Wendker gibt es Relikte der Marler „Feuerrad“-Aktion zu sehen, mit der er Konzept und Obsession einer „Reise“ durch einen imaginär-geistigen Raum weiterverfolgt. Heinz Wieck (Haltern) postiert fünf Stahlblechquadrate dergestalt, daß „Veränderung durch Schwerkraft“ (Titel) erlebbar wird.
Weit weniger zwingend wirken die, in vergleichbarer Machart schon anderwärts gezeigten Fotos der Industrielandschaft (Ferdinand Ullrich) oder die nicht unpathetischen Bergmanns-Bilder von Lüben Stoeff. Wie spannend man heute mit dem Montan-Thema umgehen kann, zeigt hingegen Werner Thiel (Gelsenkirchen) mit seiner „Installation von Fundstücken aus dem Bergbau“ – ein intensives Trauer-Sinnbild vom Ende einer langen Revier-Ära.
Aktionen sollen die Schau zusätzlich mit Leben erfüllen: Am Eröffnungstag (gestern, 11 Uhr) entstanden zu Fre-Jazz-Klängen spontane Bilder in einem „Kunst-Käfig“, und Iskender Gider bannte Besueher auf Sofort-Fotos, die er hernach verfremdete und der Ausstellung einverleibte.