Verblüffende Rundblicke auf das Ruhrgebiet

Von Bernd Berke

Essen. Der normale Blickwinkel des Menschen umfaßt einen Kreisausschnitt von etwa 40 Grad. Um mehr zu sehen, muß man den Kopf bewegen. Wie es wäre, wenn man „augenblicklich“, also ohne Kopfdrehung, über eine vervierfachte Rundumsicht verfügen könnte, das lassen die im Essener Folkwang-Museum ausgestellten „Panoramafotos des Reviers“ ahnen (bis 22. April, Katalog 15 DM).

Der Duisburger Diether Münzberg (39) hat an besonders charakteristischen Flecken des Reviers seine Kamera auf eine drehbare Vorrichtung montiert, die 160 Grad abschwenkt, während der Farbfilm im Kameragehäuse transportiert wird. Der Breitwand-Effekt ist verblüffend. Selbst Gegenden, die man tausendmal gesehen zu haben glaubt, werden zu befremdend künstlichen (Stadt-)Landschaften, obgleich man doch jedes Detail der Realität wiederfindet.

Es enthüllt sich der wahre Kern eines Klischees: das geradezu atemberaubend dichte Beieinander der verschiedensten baulichen und industriellen Geschichts-„Ablagerungen“ im Revier. Rudimente von Landschaft, alte Zechenhäuser, gesichtslose Schnellstraßenschneisen und Supermärkte, die Trinkhalle um die Ecke, Industrie-Silhouetten – all diese strukturlose Vielfalt verdichtet sich zu einem verfremdeten Eindruck dieser Region, der jenseits aller Querelen um das Image des Ruhrgebiets liegt. Das Monströse und das Liebenswerte, das Gespenstische und das Anrührende liegen nämlich dicht, manchmal kaum trennbar beieinander.

Die Panoramabilder haben auch bei der Ruhrkohle AG Eindruck gemacht, die eine Motivauswahl in ihrem ]ahreskalender ’85 abdruckte.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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