Kulturbörse in Essen erneut ein Erfolg – 14000 beim „Marktplatz Ruhrszene“

Von Bernd Berke

Essen. „Lesungen auf Wunsch“ gab es an einem Stand, ein paar Kojen weiter versuchte sich einer als Zauberkünstler, nur Schritte entfernt gab’s Marionettenballett. Aus der Halle schallte derweil harte Rockmusik. Vielfalt, aber kein Chaos: Der „Marktplatz Ruhrszene“, jene vom Verein pro ruhrgebiet aus der Taufe gehobene und von manchen als Rummelplatz bezeichnete Kulturbörse des Reviers, hat am Wochenende in der Essener Grugahalle seine zweite Bewährungsprobe bestanden.

Hatte es 1982 in Dortmund noch die eine oder andere kleine Premierenpanne gegeben, so war das Spektakel diesmal nahezu perfekt organisiert. Zeitverzögerungen waren gering, bei insgesamt 1000 Mitwirkenden lag nur eine einzige kurzfristige Absage vor. Niemand zweifelt daran, daß die Veranstaltung alljährlich zur Dauereinrichtung wird.

Gehofft hatte man, daß 10 000 kämen. Dann aber tummelten sich annähernd 14 000 Besucher am Samstag und Sonntag in der Halle und im Foyer, wo sich über 200 Amateur-Gruppen, Initiativen und Solisten aus 53 Städten vorstellten. Bunt das Programm: Rockmusik (einer der Höhepunkte: der Auftritt von „Herne3″ am späten Samstagabend), Kunsthandwerk, Varieté und Zirkuszauber, Theater, Fotografie, Zeichnungen, Autorenlesungen, Kabarett usw.

Zwar das Gros, doch längst nicht alle 200 Programmpunkte (die aus 500 Bewerbungen ausgewählt wurden) erfüllten den Anspruch, das eigenständige Kulturprofil der Ruhrregion zu dokumentieren. Warum zum Beispiel (von der Duisburger Gruppe Birds of Passage schlecht gespielte) Countrymusic hier unverzichtbar sein sollte, war kaum einzusehen.

Im Gegensatz zu Dortmund ’82 fand diesmal von Anfang an auch Laienpublikum Einlaß. Ebenfalls neu, daß diesmal Eintritt (5 DM, 2 DM für ermäßigte Karten, der Erlös geht an den Ruhrszenefonds zur Unterstützung hiesiger Künstler) berappt werden mußte. Doch das tat dem Besucherandrang keinen Abbruch. Ließ sich der Verkauf am Samstagmorgen noch schleppend an, so hatten bereits am ersten Tag 7000 Menschen die Halle durchstreift, darunter auch wieder einige professionelle Kulturmanager, so daß erneut einige Gruppen die Chance zu unverhofften Auftritten oder gar Studioproduktionen erhielten.

Füllten am Samstag vornehmlich Jugendliche die Halle, so lockte das mit Puppen- und Clownsdarbietungen bewußt familienfreundlich konzipierte Sonntagsprogramm auch zahlreiche Ältere an. „Bühne 4″ war freilich ein Flop. Gedacht als Forum für Spontanauftritte, blieben diese Bretter fast die ganze Zeit über gähnend leer. Erst am Sonntag wagten sich mehrere Mutige hinauf. In Dortmund war’s vor Jahresfrist beinahe umgekehrt gewesen: Dort hatte man mit plötzlichen Eingebungen kaum gerechnet, wahrend es an Auftrittswilligen nicht mangelte.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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