Von Bernd Berke
Dortmund. So bereitwillig hätten sie sicherlich nicht mitgespielt, wenn sie geahnt hätten, was dabei herauskommt: Vier Wochen lang leisteten Bundeswehrkompanien in Norddeutschland dem Dortmunder Filmemacher Michael Braun jede nur erdenkliche Hilfestellung, als der mit Kamera und Mikro den Kasernenalltag einfing.
Braun, der in seinem mit Spielszenen durchsetzten, halbdokumentarischen Film „Es tönt der Ruf des Vaterlandes“ als Rekrut auftritt, durfte mit Billigung der Bonner Hardthöhe gar einen Schnellkurs als Panzerfahrer absolvieren und brachte es fertig, daß für sein sechsköpfiges Filmteam ein Extra-Manöver in Szene gesetzt wurde. Offenbar erwartete die neuerdings vom „Pillenknick“ gebeutelte Truppe Reklame für ihren Verteidigungsauftrag. Das fertige Produkt – alles andere als eine Werbung für den Wehrdienst – ist am kommenden Sonntag um 11.15 Uhr im ARD-Programm zu besichtigen.
Allein die Musikuntermalung, die der Major, der Michael Braun bei den Dreharbeiten als ,Aufpasser“ zur Seite stand, natürlich nicht kannte, sorgt für ironische Zwischentöne. So erklingt zur Panzerfahrt ein Song der Gruppe „Fehlfarben“: „Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran!“ Klar, daß auch die deutsche und die von Jimi Hendrix elektronisch verzerrte US-Hymne – an der rechten Stelle eingefügt – das martialische Geschehen kommentieren.
Meist sprechen aber bereits die Aussagen für sich, die Michael Braun Kommandeuren und einfachen Soldaten in Kurzinterviews entlockt. Da wird gerätselt, ob und wann „der Russe kommt“, und es werden eine gewisse Hilflosigkeit und Widersprüche sichtbar, sobald es um Grundsatzfragen der Verteidigung geht. Nur im Schattenriß wird schließlich ein Totalverweigerer ins Bild gerückt, der in den Untergrund abgetaucht ist und dem Filmer gesteht, er wolle lieber die ganze Erde (sprich: Natur) verteidigen, als die Bundesrepublik.
Mit „Es tönt der Ruf des Vaterlandes“ haben Michael Braun und Produzent Joachim Bernstein ihren vierteiligen Fernsehzyklus „Tempo ’82“ abgeschlossen. Die bisherigen Beiträge durchleuchteten die deutsche Rock-Szene von Peter Kraus bis Peter Maffay und das Tagwerk der Profifußballer von Borussia Dortmund. Für seinen Bundeswehr-Film erhofft sich Michael Braun trotz der ungünstigen Sendezeit eine Sehbeteiligung von zehn Prozent.