Von Bernd Berke
Selten dürfte ein TV-Film in derart zerstückelter Form ins Programm gehoben worden wie dieser: Bernward Wembers Beitrag „Vergiftet oder arbeitslos“, der für natürlichenLandbau und gegen chemische Dünge- und Vertilgungsmittel Partei ergreift, wurde gleich von zwei Diskussionen eingerahmt. Machart und Inhalt des Streifens wurden separat zerredet. Außerdem schaltete sich Redakteur Helmut Greulich mehrfach ein, um kundzutun, daß das Werk an der betreffenden Stelle gekürzt worden sei.
Zu nachtschlafener Zeit (das Ende war um 0.50 Uhr erreicht) wurde damit ein von 97 auf 60 Minuten verstümmelter Film auch noch häppchenweise ausgestrahlt, der zuvor volle zwei Jahre auf Eis gelegen hatte. Höhepunkt des Gerangels um den mißliebigen Beitrag, der den ZDF-Oberen allzu „grün“ vorkam, war ein erstmals in der bundesdeutschen Fernsehgeschichte angesetzter Zuschauertest, bei dem 100 Vorgucker den Film positiv beurteilten.
Zumindest formalv erobert Wembers Opus tatsächlich Neuland. Die Bildausschnitte, die per Tricktechnik gegeneinander versetzt und verschoben wurden, wirkten inmitten der sonstigen Bilderflut des Fernsehens geradezu erholsam. Zudem wurde der erwünschte Effekt erzielt, daß nämlich der unter anderem von Gustl Bayrhammer gesprochene Text im Einklang mit den Bildern steht. Was die pointierte Stellungnahme gegen die chemische Industrie angeht, der nichts Geringeres als die „verbrecherische“ Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen vorgeworfen wurde, mag man verschiedener Meinung sein. Keine Frage jedoch, daß diese Auffassung von weiten Kreisen der Bevölkerung geteilt wird und somit in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt dargestellt werden darf, ja muß.
Gerade das wurde Wember jedoch in der aufgezeichneten Schlußdiskussion nicht zugestanden. Peter Sweerts-Sporck, Chef eines industrienahen Chemie-Magazins, witterte „perfekte Indoktrination“. Prof. Klaus Töpfer, Umweltminister von Rheinland-Pfalz, bat beinahe händeringend um Berücksichtigung der angeblich voll wirksamen Umweltpolitik. Halbherzige Unterstützung bekam Wember nur von Christian Schütze, dem Chefredakteur einer Umwelt-Zeitschrift.
Am ärgsten gebärdete sich in der sterbenslangweiligen Debatte Hans Heiner Boelte, der als Vertreter der ZDF-Chefredaktion erschienen war. Er giftete Wember an, verstieg sich zu Vergleichen mit Nazi-Propaganda und zog sich, wenn er gerade nicht das Wort ergriff, mit unwirschen Gesten und angewiderter Miene in den Schmollwinkel zurück.