Vor zehn Jahren im Aalto, jetzt in der ganzen Welt: Martina Serafin zu Gast in der Philharmonie Essen

Willkommen zurück, Frau Serafin! Vor zehn Jahren war die Sängerin am Aalto-Theater in großen Rollen zu erleben wie die Fiordiligi in „Cosi fan tutte“ (1999), die Elsa im „Lohengrin“ (2000) oder die Marschallin im „Rosenkavalier“. Heute singt die Dame in London, Mailand und Wien. Gerade erholt sie sich von der „Tosca“ in der Arena von Verona; bald reist sie weiter zur nächsten „Tosca“ nach Paris und zu Wagners „Ring“ an die Met. In Essen glaubt man offenbar, es brauche den Extra-Hinweis, wer Martina Serafin sei: Eine „weltberühmte“ Sängerin springe ein für die erkrankte Anja Harteros, war auf Aushängen im Foyer der Philharmonie zu lesen. Nun gut, jetzt wissen wir’s.

Martina Serafin. Pressefoto: Philharmonie Essen

Martina Serafin. Pressefoto: Philharmonie Essen

Das Einspringen ist ein undankbarer Job: Die Bochumer Symphoniker und Dirigent Friedrich Haider mussten kurzfristig neu disponieren, haben sogar einer Extra-Probe zugestimmt. Dafür gab`s Lob von Intendant Johannes Bultmann. Heikle Stücke wie das „Lohengrin“-Vorspiel oder das „Siegfried-Idyll“ lassen sich unter solchen Bedingungen nicht optimal erarbeiten. Das war zu hören: körnige Schlacken in den ätherischen Entrückung des „Lohengrin“-Vorspiels und der resignierten Piano-Schwermut von „La Traviata“. Die Violinen an den hinteren Pulten mit eher robustem Ton. Aber auch schön geformte Bläsersoli in der schwungvollen Einleitung zum dritten „Lohengrin“-Akt.

Hätte Haider das Tempo in der Ouvertüre zu Verdis „Nabucco“ nicht so extrem angezogen, wären die Musiker sicher präziser und klangschöner bei der Sache gewesen. Verdis „Macbeth“-Ballettmusik war das spannendste Stück des Abends; man wundert sich, warum man diesen Hexensabbat mit der majestätischen musikalischen Erscheinung der Totendämonin Hekate nicht öfter hört.

Mit den beiden Arien der Tannhäuser-Elisabeth stieg Martina Serafin in den Abend ein, noch ein wenig rau im Ton, mit bebendem Unterkiefer und nicht ganz sitzenden Hochtönen. Die Stärken der Sängerin liegen zweifellos dort, wo sie stimmlich wie eine Verismo-Heroine agieren darf. Etwa bei den Arien von Puccini und Giordano, zum Beispiel „In quelle trine morbide“ aus Puccinis „Manon Lescaut“: bombiger Stimmsitz, klare Artikulation, der klassische Ton einer dramatischen Sängerin. Aber auch tiefe Bewegtheit, fulminante Steigerungen. Nur mit der Höhe muss Martina Serafin vorsichtig sein: Sie scheint Mühe zu haben, die Stimme weit und entspannt auf der Stütze zu halten. Emotional aufgeladen: „La mamma morta“ aus „Andrea Chenier“. Und ein Gruß aus Wien als Zugabe: „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus Lehárs „Giuditta“. Bei solchen Schmeicheltönen glaubt man der Sängerin aufs Wort!

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Über Werner Häußner

Redakteur, Musikkritiker, schreibt u.a. für WAZ (Essen), Die Tagespost (Würzburg), Der Neue Merker (Wien) und das Online-Magazin www.kunstmarkt.com.
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