Neuer Verlag in Dortmund: Romanische Literaturen im Blick

Verleger Lucas Franken (Foto: © Gideon Rothmann)

Wer hätte das gedacht? In Dortmund, das nicht nur keine Kinostadt mehr, sondern (seit dem Hinschwinden so grundverschiedener Häuser wie Harenberg oder Grafit) auch keine Verlagsstadt mehr ist, gründet sich tatsächlich ein neuer Buchverlag. Lasst Vorurteile sprechen: Der Neuling wird doch sicherlich ein halbgares Programm pflegen, vermutlich mit wohlfeiler Ruhri-Anmutung und Touri- oder Fußball-Schwerpunkt?

Nichts da! Weit gefehlt. Der Franken Verlag meint es literarisch richtig ernst und seriös. Am 15. Januar 2025 soll das erste Buch erscheinen: „Feinschnitt Barcelona“ (ca. 250 S., 24 €) von Adrià Pujol Cruells, eine Mischung aus Autobiographie und Essay, aus dem Katalanischen übersetzt von Matthias Friedrich. Wir werden an dieser Stelle beizeiten darauf zurückkommen.

Adrià Pujol Cruells, Autor des Buches „Feinschnitt Barcelona“. (Foto: © Víctor P. de Óbanos)

Generell will man sich bei Franken in den romanischen Literaturen umtun und möglichst hochkarätige Übertragungen publizieren. Deutlich sichtbares Zeichen dafür soll die „Nennung der Übersetzer*innen auf dem Cover“ sein – eine lobenswerte, bislang ziemlich seltene Praxis in der Buchbranche. Mehr noch: Auch die verantwortlichen Lektoratskräfte, samt und sonders Romanistik-Fachleute, sollen die jeweilige Fremdsprache beherrschen. Spontan habe ich mich an den sehr inspirierenden, leider nicht mehr selbstständig existierenden Bremer Manholt Verlag (ab 2004 als edition manholt bei dtv) erinnert gefühlt, der sich der frankophonen Literatur in deutschen Übersetzungen gewidmet hat.

Zitiert sei der Dortmunder Verlagsgründer Lucas Franken, der in Bochum und Paris Romanistik studiert hat und seit 2020 in Dortmund ein Sprach- und Übersetzungsbüro leitet: „Bei uns erscheinen Texte, die woanders vielleicht übersehen werden – etwa, weil literarische Texte aus ,kleineren‘ Sprachen den größeren Verlagshäusern zu nischig sind. Oder weil wir Texte (wieder)entdecken, die im Ausland längst den Status von Klassikern genießen, im deutschsprachigen Raum aber bisher noch nicht veröffentlicht wurden.“ Wie auch immer: Pro Jahr sollen künftig ein bis zwei Titel erscheinen, man beginnt also vernünftig und vorsichtig, gleichsam auf Sparflamme.

Es wird also gewiss kein Verlag für die Massen oder den Mainstream werden, vielleicht aber einer mit unterschwelliger Tiefenwirkung, die sich auch in überregionalen Medien abzeichnen könnte. Warten wir’s gespannt ab.

Franken Verlag, Reinoldistraße 2-4, 44135 Dortmund
https://frankenverlag.de

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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