„Dialog mit meinem Gärtner“: Die Kunst des Lebens

Daniel Auteuil hat’s zur Zeit mit Männerfreundschaft. Vor zwei Wochen musste er in „Mein bester Freund” erst lernen, halbwegs sympathisch zu werden. Nun trifft er in Jean Beckers Film „Dialog mit meinem Gärtner” einen Kumpan aus Schultagen wieder.

Im hektisch brausenden Paris hat er als Maler leidlich Erfolg gehabt. Doch das affektierte Gehabe vieler Kunstwelt-Existenzen geht ihm auf die Nerven. Nun kehrt er zurück in die südfranzösische Provinz, ins ländliche Haus seiner Kindheit, sucht einen Gärtner – und findet just jenen Schulfreund (Jean–Pierre Darroussin), dem das Hegen der Pflanzen über alles geht.

Beide stehen vor dem Herbst des Lebens und schließen nun nach und nach aufs Neue Freundschaft, wie von milder Abendsonne beschienen. Unter Auslassung ihrer Vornamen nennen sie einander bald scherzhaft Dujardin (Herr von Garten) und Dupeigne (Herr von Pinsel) – und dabei bleiben sie.

Viel wichtiger ist ja auch, wie sie gelebt haben und noch leben möchten. Also reden sie über ihr Erdenwandeln: verwelkte Träume, Irrwege, kleine Fluchten, Enttäuschungen und das ganze biographische Zubehör. Zwischendurch amüsieren sie sich wie kleine Jungs bei den Wonnen des Gewöhnlichen, beim Angeln oder in sonstiger stiller Naturbetrachtung.

Der Maler sinniert, ob er nicht doch hätte Apotheker werden sollen. Der Andere hat sein Lebtag als Streckenarbeiter bei der Bahn geschuftet und hätte wohl von Anfang an lieber Gärtner sein wollen. Dieser einfache, offene, zutiefst uneitle Mensch macht jedenfalls Eindruck auf den Maler. Er fasst die Dinge des Lebens an, wie sie sich darbieten – und fragt wenig nach Widersprüchen, Windungen und Hintergründen. Man ahnt die sanft verabreichte Lebenslehre: Das Einfache ist das Wahre und Weise. Bloß kein falsches Getue mehr!

Mit ruhiger Konzentration auf all diese Gespräche fängt Regisseur Jean Becker das Geschehen ein. Er hat einen wohltuenden Film gedreht, aber gewiss keinen einzigartigen. Ähnliche Lebenshaltungen haben schon zahllose Werke empfohlen. Da ist es schwer, sich abzuheben. So hängt’s wieder an den Darstellern – und diese beiden sorgen dafür, dass man annähernd zwei Stunden willig bei der Sache bleibt. Vor allem etwas gereifte Zuschauer werden es zu schätzen wissen.

Bitterer Ernst kommt noch ins Spiel. Der Gärtner hat eine Krankheit zum Tode. Und der Maler wird sein Vermächtnis wahren, indem er ganz realistisch die einfachen Dinge auf die Leinwand bringt. Da mögen hochtrabende Kritiker rechten, wie sie wollen: Die größte Kunst ist ohnehin das Leben selbst.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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