Die Typen mit den bauchigen Taschen

Zu beklagen ist ein weit verbreitetes Phänomen unserer Tage, das sich in einem Gegenstand manifestiert. Gemeint ist die große blaue Ikea-Tasche (siehe die geknipste Formlosigkeit eines erschlafften Exemplars).

Diese dumpfen Leute haben schon so oft vor uns in der Schlange ihr Wesen getrieben. Sie rücken vorzugsweise mit besagter Tasche oder anderen XXL-Tüten an, die sie ungemein bau(s)chig vollgepfropft haben. Beispielsweise mit ca. 77 kleinen Pfandflaschen.

Da passen soooo viele Pfandflaschen hinein... (Foto: BB)

Da passen soooo viele Pfandflaschen hinein… (Foto: BB)

So stehen sie dann vor dir am Rückgabeautomaten und legen Flasche um Flasche ein, all der Wartenden nicht achtend. Nicht nur einer steht da vor uns, sondern einer nach dem anderen. Am allerliebsten zur ohnehin belebtesten Zeit. Es ist zum Ananas-auf-die-Theke-Hauen.

Es handelt sich wohlgemerkt nicht um die Bedürftigen, die das Pfandgeld etwa zum Leben und Überleben bräuchten. Nein, es sind mehrheitlich die, die für sich auch noch den letzten Cent herausholen wollen, obwohl sie schon alles Nötige haben. Diese wandelnden Anspruchshaltungen bedienen sich ungerührt der Welt ringsum. Sie nehmen sich eh alle Freiheiten; was ihre grundsätzliche Unzufriedenheit allerdings nicht mindert.

Die wohlstandsverwahrlosten Schnäppchenjäger also, jene Spezies des rücksichtslosen Selbstversorgertums. Mit ihrer ständigen, stets bauernschlau und doch unendlich dümmlich auf dem Sprung befindlichen Gelegenheiten-Nutzerei geht eine bestürzende Achtlosigkeit einher. Minimales Beispiel: Werden bestimmte Flaschensorten nicht vom Automaten akzeptiert, so nehmen sie sie keinesfalls wieder mit, sondern lassen sie einfach auf dem Boden liegen. Sollen doch mindere Knechtsgestalten das Zeug wegräumen. Mit dieser Haltung schlurfen sie durchs Dasein. Sollen wir sie schlurfen lassen?

image_pdfPDF öffnen / Open PDFimage_printDrucken / Print
Visited 29 times, 1 visit(s) today

Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
Dieser Beitrag wurde unter Alltag, Gesellschaft, Stilfragen, Warenwelt & Werbung abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Antworten zu Die Typen mit den bauchigen Taschen

  1. Michaela sagt:

    Pfandflaschenrückgabeprokrastinationsvergehen, nach §17 (Murphys Gesetz) zu ahnden mit Anstehen in der Kassenschlange für mindestens das Dreifache der am Pfandflaschenrückgabeautomaten verursachten Wartezeit.

    @scherl: Keine Flachen! Nie und nimmer!

  2. Oder doch zuviele Flachen? Man weiß ja nie…

  3. Bernd Berke sagt:

    Pfandflaschenrückgabeprokrastination

  4. Michaela sagt:

    Nein, keine Flachmänner! F L A S C H E N !!!!!!!!!!!!!!!!!! Mit s !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  5. Michaela sagt:

    Lieber Bernd, ich stimme dir ja zu – leider ist es mir auch schon passiert, dass ich das Pfandflaschenzurückbringen (prima Wort!) immer wieder aufgeschoben habe, aus welchen Gründen auch immer, und dann war ich eines Tages die Kujoniererin (Oder heißt es Kujoneuse? Oder Kujonette? Oder Kujonante?). Extrem peinlich! Aber ischwör‘: Die vom Automaten nicht akzeptierten Flachen habe ich wieder mitgenommen! Einige stehen immer noch in der Ecke hinter der Türe rum.

  6. Bernd Berke sagt:

    Wer dermaßen viele Pfandflaschen hortet, dass er – eines bitteren Tages – andere damit kujonieren kann, der gelte als bescholten.

  7. Nico sagt:

    @Bernd Berke:

    Was sind denn „unbescholtene Bürger“?
    Sind menschen die viel Pfandflaschen haben demzufolge nach „bescholtene Bürger“?

    Ordnung muss sein.

  8. Bernd Berke sagt:

    Pfandflaschen zurückzugeben mag im Prinzip (ökologisch) korrekt und stinknormal sein, doch es entscheidet auch hier die Form.
    Gefühlt 120 Exemplare auflaufen zu lassen, sie in besagten Riesentaschen zu sammeln und dann die Rückgabe in unerträglicher Langsamkeit zu zelebrieren, wenn hinter einem unbescholtene Bürger schnell mal zwei Flaschen oder einen Kasten einschieben wollen, das zeugt von einer leider weit verbreiteten Form der Rücksichtslosigkeit.

  9. Michaela sagt:

    Nun, ich gebe unumwunden zu, dass ich überhaupt nichts dagegen habe, wenn auch Leute, die das Geld nicht nötig haben, ihre Pfandflaschen zurückbringen.

    Im Gegenteil, ich finde es eher zum Kotzen, wenn dieses Es-nicht-nötig-Haben möglicherweise noch zelebriert bzw. zur Schau gestellt wird – und da kommen wir zu dem Punkt, wo außerdem noch die „Knechtschaft“ anderer ganz selbstverständlich vorausgesetzt wird: ebenfalls zum Kotzen!

    Übrigens bringt mich auch die Acht- und Respektlosigkeit auf diesem Gebiet manchmal in Harnisch: Ein alltägliches Phänomen auf dem Schulhof sind Unmengen an Pfandflaschen, die von Schülern einfach irgendwohin geschmissen oder fallengelassen werden – und was einmal auf dem Boden liegt, hebt man doch nicht wieder auf! Anderslautende Anweisungen der Lehrer werden häufig mit Diskussionen oder Hohngelächter quittiert. Eine unerträgliche Arroganz!

  10. Das sind die, die am Sonntag beim Bäcker Schlange stehen und Dinkelbrötchen für 17,89 kaufen.

    Ekelhaft find ich auch die Begleitgeräusche, wie die Flaschen gepoppt, geknittert und in die Automatendärme gesaugt werden. Ich erstelle derzeit ein psychologisches Profil der verantwortlichen Sounddesigner.

  11. Pa Blösl sagt:

    Schön beschrieben.
    Fehlt noch die Tatsache, dass diese Leute das alles mit einer provozierenden Behäbigkeit machen. Da wird erstmal geschaut, ob die eine Flasche sauber durchflutscht, dann wird umständlich nach der nächsten gekramt, geschaut … usw.
    Fünf Minuten im Mittelpunkt stehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert