Monatsarchive: November 1986

Naum Gabo – die „Wiedergeburt“ eines Pioniers

Von Bernd Berke

Düsseldorf. Naum Gabo gehörte zu den Kunst-Pionieren dieses Jahrhunderts. Nicht mehr die Gestaltung von faßbaren Masse- und Volumen-Verhältnissen bestimmte seine Skulpturen, sondern weniger stoffliche Qualitäten wie die Gliederung von Licht, (leerem) Raum und Zeit.

Der gebürtige Russe, 1977 in den USA gestorben, wurde damit u. a. einer der Vorläufer der kinetischen (Bewegungs)-Kunst. Doch seine Arbeiten hat er nicht wie Meisterwerke gehütet, sondern er hat sie, öfter die Länder als die Schuhe wechselnd, demontiert und die Teile reisefertig in Kisten verpackt. Vom Urzustand kündeten seither nur Fotos. Jetzt sind – erstmals seit sechs Jahrzehnten – einige seiner frühen Skulpturen in authentischer Geslalt zu sehen.

Die zerlegten Werke waren nach Gabos Tod auf einem Dachboden gefunden worden. Des Künstlers … Weiterlesen

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Die Kunst kommt jetzt auch via Bildschirmtext – Mülheim: Erster Überblick zur „Btx-Art“

Von Bernd Berke

Mülheim. Btx-Art“, also Kunst fur Bildschirmtext (,,Btx“), stellt jetzt in (zumindest) bundesdeutscher Premiere das Städtische Museum in Mülheim/Ruhr vor.

Wie kommt die Kunst ins Btx-Sytem, wie kommt der Btx-Kunde an die Kunst? Der Künstler wird (gegen Gebühr, die bald enorm steigen wird) Anbieter beim 1984 bundesweit eingeführten Btx-System. Mit entsprechendem technischen Gerat muß er nun jeden Bildschirmpunkt einzeln schwarzweiß oder farbig gestalten. Das ist aufwendig, denn die Farb-,,Palette“ ist dabei äußerst vielfältig, und ein Bild erfordert einige hundert Punkt-Bestimmungen. Nicht jede Kunst läßt sich so erzeugen, denn das Auflösungsvermögen von Btx ist zwar schon besser, aber keineswegs perfekt geworden; ein Punkt ist etwa einen Quadratmillimeter groß, was ein relativ grobkörniges Bild ergibt.

Waren anfangs praktisch nur großflächige … Weiterlesen

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Die Psyche ist nur noch eine ferne Erinnerung – Fritz Marquardt inszeniert Ibsens „Klein Eyolf“ in Bochum

Von Bernd Berke

Bochum. Der Ehrgeiz, es mit kaum noch spielbaren Stücken dennoch zu versuchen, regiert derzeit den Bochumer Spielplan. Nachdem Frank Patrick Steckel „Die Nibelungen“ von Hebbel auf die Bühne gestemmt hat, inszenierte nun DDR-Regisseur Fritz Marquardt „Klein Eyolf“, ein von mancherlei Symbolismen durchwabertes Spätwerk Henrik Ibsens.

„Klein Eyolf“ ist ein neunjähriger Junge, gehbehindert durch die Verantwortungslosigkeit der Eltern, Alfred und Rita Allmers (Eyolf fiel vom Wickeltisch, da sie es miteinander trieben). Als er nun im Fjord ertrinkt (die „Rattenjungfer“ soll ihn hineingelockt haben), brodelt das Thema „Verantwortung“ ehebedrohend hoch, hinzu kommt – in Gestalt von Alfreds (Halb)-Schwester Asta – inzestuöse Verlockung. Am Schluß läßt Ibsen sein Ehepaar gipfelwärts blicken und sich zur menschlichen Verantwortung bekennen. Bis dahin sind … Weiterlesen

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Sammler Buchheim wettert weiter gegen die Stadt Duisburg – Buch über „Expressionisten-Sandal“ vorgestellt

Von Bernd Berke

Duisburg. „Beamtenbanausen“ und „kommunale Schweinehunde“ hocken „in ihrer Wagenburg“ und verhindern die Kultur; mit ihnen über Kunst zu sprechen, gleicht einem Dialog „mit Brunnenfröschen über den Ozean“.

Wer redet denn so? Ganz richtig, es ist Lothar-Günther Buchheim, der Kunstsammler, der Duisburgs Lehmbruck-Museum seine unschätzbar wertvolle Expressionisten-Sammlung entzogen hat und jetzt vor Ort ein Buch über seine Erfahrungen mit der Stadt vorstellte („Das Museum in den Wolken“. Albrecht Knaus-Verlag).

Die Schimpfkanonade vermittelte einen Eindruck vom Rohmanuskript, das Buchheim „dreimal überarbeitet und gemildert“ hat. Mit etlichen Verbalinjurien, bei denen er auch das Wort „Schmutz-Presse“ nicht vergaß, kam Buchheim den Erwartungen von Teilen des Publikums im Audimax der Duisburger Universität entgegen. Eingeladen hatte der AStA (Allgemeiner Studenten-Ausschuß), denn Buchheim ist … Weiterlesen

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Konflikte aus der Ferne: Adelheid Müther inszeniert Hebbels „Maria Magdalena“

Von Bernd Berke

Wuppertal. Friedrich Hebbels „Maria Magdalena“ ist weniger ein Schau-Spiel als ein Sprach- und Denkstück, das in der stickigen Enge rigoroser Moral nicht theatralisch bildreich erblüht, sondern in oft doppeldeutigen, ja fast sphinxhaften Redefiguren befangen bleibt, die mehr Gefühle verbergen als erhellen.

Auch der Konflikt – eine „Affäre“ mit Schwangerschaftsfolge, aber ohne Ehe-Absicherung bedeutet unweigerlich den gesellschaftlichen Tod – liegt uns fern. Adelheid Müthers sehenswerte Wuppertaler Inszenierung des (klein)-bürgerlichen Trauerspiels läßt denn auch keine falsche Nähe aufkommen. Am Beginn und am Schluß erklingen kurze Opern-Ausschnitte – ein „Rahmen“, der das Stück wie ein museales Bild einfaßt und „wegrückt“. Auch vor dem Pathos tragischer Tode hütet man sich. Gestorben wird da ganz achtlos und beiläufig; ein oder zwei bewußt … Weiterlesen

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Die breite Straße des Realismus – Querschnitt durch die DDR-Kunst in Bonn

Von Bernd Berke

Bonn. Der DDR-Maler Bernhard Heisig stand gestern im Mittelpunkt des Interesses, als in der NRW-Landesvertretung an der Bonner Dahlmannstraße die Ausstellung „Menschenbilder – Kunst aus der DDR“ (bis 16. Januar ’87 in Bonn) vorgestellt wurde, die heute von Ministerpräsident Johannes Rau eröffnet wird.

Heisig hat Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt auf dessen Wunsch für die „Kanzlergalerie“ im Bundeskanzleramt porträtiert. Ein Schmidt-Porträt ist nun Blickfang der Ausstellung, ein weiteres wurde gestern im Kanzleramt übergeben. Es ist das künstlerisch höchstrangige offizielle Kanzlerporträt, vergleichbar allenfalls mit Oskar Kokoschkas Adenauer-Bildnis, das freilich seinerzeit keinen amtlichen Beifall fand.

Heisig hat sich nicht vom Klischee des „Machers“ Schmidt blenden lassen, er hat den Menschen hinter dem Image gesucht, und dieser Mensch strahlt vor allem wache … Weiterlesen

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Ganz im Dienst von Brecht – Hansgünther Heyme inszeniert die „Dreigroschenoper“ in Essen

Von Bernd Berke

Essen. Krach mitden Brecht-Erben bekam Hansgünther Heyme vor rund elf Jahren, als er die „Dreigroschenoper“ (die bekanntlich den Räuber als Bürger zeigt und den Umkehrschluß nahelegt) zum Fallbeilspiel für den Aufstieg des Nationalsozialismus ummünzen wollte. Solche Konflikte stehen jetzt bestimmt nicht ins Haus. Heymes Essener Inszenierung fällt gerade durch Unauffälligkeit des Zugriffs auf, es ist eine „dienende Einrichtung“, ohne krampfhafte Deutungshuberei und ohne Zeitgeistereien wie bei Jürgen Flimm, der das Stück 1983 in die fünfziger Jahre verlegte.

„Seinem“ Bert Brecht nimmt Heyme eben doch mehr ab als Schiller, welchem er mit Vorliebe „nachhilft“. Dabei enthält die „Dreigroschenoper“ aus heutiger Sicht fast ebenso geflügelte Worte (vom Fressen, das vor der Moral kommt bis hin zu den Verhältnissen, die … Weiterlesen

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Farben und Formen erklingen wie Musikstücke – Kunsthalle Recklinghausen zeigt Arbeiten ihres früheren Leiters Thomas Grochowiak

Von Bernd Berke

Recklinghausen. Anstöße zur Kunst findet Thomas Grochowiak auch auf überraschenden Umwegen. Mehrmals kam es vor, daß er die durchschimmernde Farbverteilung auf der Rückseite seiner Bilder kompositorisch gelungener und inspirierender fand als die Schauseite. Also drehte er die Arbeiten um und zäumte die Sache sozusagen umgekehrt auf. Daß so und anders unter Grochowiaks Händen lebendig-spontane, aber keine pure Zufallskunst entsteht, macht jetzt die Werkschau „Reflexionen“ in der Kunsthalle Recklinghausen (2.-30. November) deutlich.

Zwei wichtige Quellen seines Schaffens gaben der Retrospektive den Untertitel „Bilder wie Musik und Reisebilder“. Bildunterschriften wie „Im Fluß der Zeichen und Strukturen“ oder „Im Dickicht der Rhythmen“ sind Programm: Musikalische Strukturen sind der stark rhythmisierten, informellen Bildsprache Grochowiaks von jeher verwandt und einbeschrieben. Subtile Strukturanklänge … Weiterlesen

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