Monatsarchive: März 1993

Rituale wie in einer Familienserie – Seit fünf Jahren gibt es das „Literarische Quartett“

Vieles, vieles wandelt sich auf dieser Welt, doch es gibt sie noch: die letzten Rituale. Zum Exempel „Das literarische Quartett“ (ZDF. 22.15 Uhr).

Zugegeben: Als die Sendung vor fünf Jahren – am 25. März 1988 – erstmals ins Programm kam, konnte man sich schon über die Unverfrorenheit ärgern, mit der MarcelReich-Ranicki etwa gleich seine Lieblingsautorin Ulla Hahn auf den Schild hob. Doch im Lauf der Zeit zeigte sich, daß es gerade jene krähende Chuzpe und unverwüstliche Selbstgewißheit des Literatur-„Papstes“ ist, von der diese Sendereihe lebt.

Manchen Versatzstücken, die todsicher in jeder Folge auftauchen, fiebert man direkt entgegen: Wann wird Marcel heute wieder ausrufen, daß ihn das Leben ganzer Kontinente – egal, ob Amerika, Asien oder Afrika – „nicht interessiert“, sondern … Weiterlesen

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Rhetorik ist mehr als nur Wortgeklingel – Zum 70. Geburtstag von Walter Jens

Zur alten Feuilleton-Zeit galt die Theaterkritik alles, die Fernsehkritik fast nichts. Das hat sich geändert. Maßstäbe für die TV-Renzension als achtbares Genre hat als einer der ersten Professor Walter Jens gesetzt, der viele Jahre lang in der Wochenzeitung „Die Zeit“ (unter dem Pseudonym „Momos“) das Bildschirmgeschehen kritisch begleitete. Es ist nicht das geringste Verdienst des Mannes, der heute 70 Jahre alt wird.

In seiner Wahlheimatstadt Tübingen hatte der Sohn eines Hamburger Bankiers bis 1988 den Lehrstuhl für Rhetorik inne. Das Wort „Rhetorik“ hat hierzulande einen schlechten Klang. Man argwöhnt, es gehe nur um schönes Wortgeklingel. Jedoch: Die Kunst der wohlgesetzten Rede zu veredeln und zu verbreiten – welch‘ eine notwendige Anstrengung in einem Land wie Deutschland. Man muß nur eine … Weiterlesen

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Farce von der Liebe und ihrer taktischen Abwehr – Amélie Niermeyer inszeniert Goethes „Clavigo“ in Dortmund

Von Bernd Berke

Dortmund. Schwankende Gestalt: „Der Seiltänzer“ von Paul Klee ziert das Dortmunder Programmheft zu Goethes „Clavigo“. Auch dieser Karrierist am Königshofe von Madrid ist artistisch biegsam und neigt sich – je nach Gelegenheit – wechselhaft zu allen Seiten, um ja nicht abzustürzen.

Ein Mädchen wie Marie könnte auf seinem Weg dort oben nur hinderlich sein. Also verläßt er sie. Doch er hat ein offenes Ohr für Überredungskünste: Also kehrt er zu ihr zurück, wenn ihr Bruder Beaumarchais darauf drängt – und verrät sie dann erneut, weil sein Freund Carlos es so will. Wo Clavigo auch geht und steht, er ruft den Leuten zu: „Ich bin der Eurige“. Ha! Ist das nun eine Tragödie, oder ist es eine Farce?… Weiterlesen

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