Monatsarchive: September 2025

„Die Besessenheit“ – Annie Ernaux‘ Selbsterforschung zur Eifersucht

Die französische Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux sieht sich als „Ethnologin ihrer selbst“. Ihre Romane und Erzählungen kreisen immer um ihr eigenes Leben, berichten von schmerzlichen Kindheitserinnerungen, privaten Nöten, erotischen Obsessionen: eine oft quälende, aber immer ungemein aufschlussreiche Lektüre. Leider werden ihre Bücher zumeist mit großer Verspätung ins Deutsche übersetzt: „Die Besessenheit“ (Originaltitel „L’occupation“) ist bereits 2002 in Frankreich herausgekommen.

In klaren Sätzen und fast klinischen Worten beschreibt Annie Ernaux, wie sie von der Wucht einer Eifersucht ergriffen wurde, die sie an den Rand der Selbstauflösung und Selbsterniedrigung führte. Jeder Gedanke drehte sich um eine Frau, von der sie zunächst nichts wusste, außer dass sie die neue Geliebte ihres Liebhabers ist: „Das Sonderbarste an der Eifersucht ist, dass man eine Stadt oder … Weiterlesen

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Hinüber ins Ungewisse – Mariette Navarros Roman „Am Grund des Himmels“

Zu (beinahe) 100 Prozent und viele Jahre lang hat die Erzählerin „funktioniert“, in der gläsernen Karrierewelt der globalen Hochhäuser, hier wahrscheinlich in einem ziemlich degenerierten Viertel von Paris. Nun aber will sie ein für allemal ausbrechen aus diesem sterilen Irrsinn mit seinen Mechanismen des kläglichen Dazugehörens.

Durch eine Dachluke begibt sich Claire eins Abends – „nach Dienstschluss“ – in gefährlich schwankende Höhen über der Stadt, wo starke Winde wehen und der Abgrund erschreckend nah ist. Desertieren aus all dem Gewöhnlichen, gut und schön. Aber was geschieht danach, wie kann man sich droben und außerhalb halten? Und überhaupt.

Ihre bescheiden und sparsam gebliebenen Eltern haben gefragt: Denkt ihr da oben auch an Leute wie uns? Bisher gewiss nicht. Claire hat sich … Weiterlesen

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Köstlich ohne Wenn und Aber – Gesammelte Kolumnen von Max Goldt

Gar manches in Max Goldts neuem Buch „ABER?“ kommt einem, sofern man seine Schöpfungen öfter goutiert, womöglich bekannt vor – sei’s aus Hörbüchern (Live- und Studio-Mitschnitte) oder aus den irrwitzigen Cartoons und Comics, die das Duo Katz & Goldt reihenweise hervorbringt.  Hier kann man es in anderer Form nachschmecken. Und es bleibt köstlich.

Hohe Auszeichnung schon, dass die Testimonials, die Goldts Kolumnen-Schaffen auf dem Umschlag preisen, von Daniel Kehlmann und Durs Grünbein stammen, also aus der allerersten Garde der kunstreich auf Deutsch Schreibenden. Kehlmann fühlt sich durch Goldts perfekte Syntax mitsamt der feinsinnigen Ironie an Thomas Mann erinnert. Hört, hört!

Nun denn: Auf solch erhellende Weise Frauenfußball und „Ehe für alle“ oder auch Frisösen, Lesben und Tierpflegerinnen zu einem herzhaften … Weiterlesen

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