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- Ewige Kindheit, zähflüssige Fantasie: Robert Wilson inszeniert „Peter Pan" in Berlin
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- Zum Tod der Musikjournalistin Sonja Müller-Eisold
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- „Aus" für die Rundschau-Redaktion: Dortmund und das Umland verlieren ein Traditionsblatt
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- Streckenbilanz, Realformation, Torwahrscheinlichkeit – ein paar Mitteilungen über den Fernseh-Fußball der Jetztzeit
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- Dualismus und Erlösung: Vera Nemirovas „Tannhäuser“-Inszenierung in Frankfurt
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- Nicht nur zum Ende der Zechen-Ära eine Erinnerung wert: August Siegel, Bergmann und Gewerkschafts-Pionier
- Operette am Rande: Eindrücke von einer vernachlässigten Gattung aus Hagen und Wuppertal
- Durch die Röhre ins Museum - Gregor Schneiders irritierende Raumplastik in Bochum
- Lebensweise Poesie: Maria João Pires beim Klavier-Festival Ruhr in Essen
- Dem Ruhrpott seine Sprache
- Rätsel der Pyramide - Umstrittene Abi-Klausur in Mathe wird nicht wiederholt
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- Festspiel-Passagen III: Katharina Wagner beleuchtet „Tristan und Isolde“ im Geist der Zeit
- Die Anfänge eines kunstvollen Scheiterns – Samuel Becketts Briefe 1929–1940
- 90 Jahre „Kampfbahn Rote Erde": Wenn Gerd Kolbe erzählt, wird die Geschichte lebendig
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- Straßennamen erinnern an den Widerstand
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- Ros*in*enmontagsgruß – Gendern will gelernt sein
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- Religiöse Extremisten in Münster: Meyerbeers Oper „Der Prophet“ ist bestürzend aktuell
- Vom Mikro zur Motorsäge – die zweite Karriere von Pia Lund („Phillip Boa & the Voodooclub")
- Der Avatar und die Toilette – Volker Königs Erzählung „Varn“
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- „Ewich gibbet nich" – die Welt des Ruhrpotts
- Oliver Storz ist tot
- Das Böse ist nur ein Gaukelspiel – Lisa Nielebock inszeniert Shakespeares „Macbeth" in Bochum"
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- Tanz hat Gewicht
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- Neustart bei den „Mitternachtsspitzen": Da geht noch was...
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Archiv des Autors: Frank Dietschreit
Bedeutsam wie eh und je: George Orwells „Farm der Tiere“ gleich in zwei neuen Übersetzungen
„Kein Tier soll seinesgleichen je tyrannisieren. Schwach oder stark, schlau oder schlicht, wir sind alle Brüder. Kein Tier soll je ein anderes töten. Alle Tiere sind gleich.“ Mit diesem Schlachtruf beginnt der Aufstand der Tiere gegen die Unterdrückung der Menschen. Doch schnell gerät die Revolution aus dem Gleis.
Statt Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit gibt es Terror, „Säuberung“ und Diktatur auf der „Animal Farm“, auf der die Schweine die Macht ergreifen und alle anderen Tiere versklaven: George Orwells „Farm der Tiere“ ist ein böses Märchen, eine Abrechnung mit der stalinistischen Pervertierung des Sozialismus. Jetzt sind gleich zwei neue deutsche Übersetzungen des 1945 veröffentlichten Romans erschienen.
Weltliteratur von gnadenloser Präzision
Wenn wir die „Farm der Tiere“ nur als wütende Abrechnung eines frustrierten Sozialisten mit der Einparteien-Diktatur Stalins lesen und hinter jedem Tier nur das Abbild eines realen Menschen suchen, dann bräuchte es wohl auch keine neue Übersetzung. Aber die „Farm der Tiere“ ist ein großes Stück Weltliteratur: perfekt konstruiert, sprachlich schillernd, politisch visionär, zeitlos aktuell. Orwell zeigt uns mit gnadenloser Präzision, wie schnell die schönsten Träume zerplatzen, die buntesten Wunschbilder von skrupellosen Demagogen in ihr Gegenteil verkehrt werden, wie Populismus funktioniert und Propaganda die Hirne vernebelt, wie sich Angst und Anpassung ausbreiten, wenn Gehirnwäsche und Säuberungswellen jeden Widerstand im Keim ersticken und Verschwörungstheorien die Wirklichkeit ersetzen.
Veröffentlicht unter Buchmarkt, Geschichte, Gesellschaft, Literatur, Politik und so, Utopien, Wahnwitz
Verschlagwortet mit Animal Farm, Diktatur, dtv, Farm der Tiere, George Orwell, Lutz-W. Wolff, Manesse, Neuübersetzungen, Stalinismus, Übersetzungen, Ulrich Blumenbach
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Gespenster der Vergangenheit: Joanne K. Rowling sucht unter Pseudonym nach einer verschwundenen Frau
Eigentlich haben Privatdetektiv Cormoran Strike und seine Partnerin Robin Ellacott alle Hände voll zu tun. Weil sie einige Aufsehen erregende Kriminalfälle gelöst haben, wird ihre Agentur mit Aufträgen überschüttet.
Dass Kriegsveteran Strike, der in Afghanistan ein Bein verloren hat, ständig von Schmerzen geplagt und von einer selbstmordgefährdeten ehemaligen Geliebten bedrängt wird, dass seine an Krebs erkrankte Pflegemutter bald sterben wird und sein zeitlebens abwesender Vater, ein szenebekannter Alt-Rocker, plötzlich um die Sympathie und Vergebung seines Sohnes buhlt, macht den Alltag nicht leichter. Robin wird unterdessen bei der Scheidung von ihrem Ehemann in einen Rosenkrieg verwickelt und muss sich überdies gegen einen sexuell übergriffigen neuen Mitarbeiter zu Wehr setzen.
Nach 40 Jahren die Spur neu aufnehmen
Als wäre das nicht genug, werden Cormoran und Robin von einer Frau gebeten, ihre Mutter, Margot Bramborough, ausfindig zu machen, die vor 40 Jahren spurlos verschwunden ist. Die Polizei hat längst alle Ermittlungen eingestellt. Die Annahme, Margot sei Opfer eines psychopathischen Serienkillers geworden, der damals in der Gegend sein Unwesen trieb und seit Jahren hinter Gittern sitzt, hat sich nie beweisen lassen. Margots Leiche jedenfalls wurde nie gefunden. Und der Mann, der seine grausamen Taten ausführlich beschrieb und seine Opfer vor Gericht mitleidlos verhöhnte, hat sich nie zum Mord an Margot geäußert.
Veröffentlicht unter Krimi & Kriminalität, Literatur
Verschlagwortet mit Böses Blut, Cormoran Strike, Harry Potter, Joanne K. Rowling, Robert Galbraith, Robin Ellacott
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Keine Lust auf Endzeitstimmung – Ian McEwans Essays über „Erkenntnis und Schönheit“
Seine Bücher sind Weltbestseller, die Verfilmungen seiner Romane werden – wie „Abbitte“ mit Keira Knightley oder „Kindeswohl“ mit Emma Thompson – zu großen Kinoerfolgen. Jetzt hat Ian McEwan, der immer wieder auch als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt wird, ein Buch mit dem Titel „Erkenntnis und Schönheit. Über Wissenschaft, Literatur und Religion“ veröffentlicht. Der britische Autor kann freilich nichts für den blumigen deutschen Titel: Im englischen Original heißt das Buch schlicht „Science“(Wissenschaft).
Die fünf Essays basieren auf Vorträgen, die McEwan zwischen 2003 und 2019 bei verschiedenen Gelegenheiten gehalten hat. Dabei geht es nie darum, seine eigenen Romane in einem wissenschaftlichen Kontext zu interpretieren. Er will zeigen, dass Erkenntnis schön und Schönheit erkenntnisreich sein kann. Dass Wissenschaft sich viel schneller als neue Wahrheit in der Gesellschaft verbreitet, wenn sie elegant formuliert ist. Dass Neues in Literatur und Wissenschaft vor allem eines braucht: intellektuelle Neugier, Risikobereitschaft, den Mut zum Scheitern.
Veröffentlicht unter Glaubensfragen, Literatur, Wissenschaft
Verschlagwortet mit Darwin, Einstein, Erkenntnis und Schönheit, Ian McEwan, Literatur, Wissenschaft
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Deutsche Depressionen – Durs Grünbeins geschichtliche Sondierungen „Jenseits der Literatur“
Durs Grünbein, 1962 in Dresden geboren, ist einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dichter der Gegenwart. Für sein vielfältiges Werk aus Lyrik und Essays, Tagebüchern, Übersetzungen und autobiographischer Prosa hat er den Büchner-, den Hölderlin-, den Nietzsche-Preis bekommen. Sein neues Buch heißt „Jenseits der Literatur. Oxford Lectures“. Genau genommen sind es die „Lord Weidenfeld Lectures“, ins Leben gerufen vom Journalisten, Verleger und Diplomaten George Weidenfeld, dem großen Briten mit österreichisch-jüdischen Wurzeln, einem Brückenbauer über nationale, politische und religiöse Grenzen hinweg.
Eingeladen wurden und werden Geisteswissenschaftler und Schriftsteller: Umberto Eco, Amos Oz, Mario Vargas Llosa, und jetzt Durs Grünbein. Eine passende Wahl: Denn auch Grünbein ist ein notorischer Brückenbauer, er kennt keine künstlerischen Grenzen, seine Dichtung kreist immer um Poesie und Politik, Literatur und Philosophie. In den Vorlesungen versucht er allem, was sein Denken und sein Leben ausmacht, was sein Schreiben bestimmt und ihn mit den politischen Verwerfungen und historischen Bewusstseinsströmen verbindet, auf den Grund zu kommen.
Vom Verstummen, Vergessen und Verdrängen
Veröffentlicht unter Geschichte, Gesellschaft, Krieg & Frieden, Literatur, Politik und so
Verschlagwortet mit Durs Grünbein, Jenseits der Literatur, Oxford Lectures
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Wuchtiges Werk auf schmalem Grat: Max Beckmann in der Hamburger Kunsthalle

Max Beckmann: „Messingstadt“ (1944), Öl auf Leinwand, 115 x 150 cm. (© Saarlandmuseum – Moderne Galerie, Saarbrücken, Stiftung Saarländischer Kulturbesitz / © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 – Foto: Tom Gundelwein)
Versteckt hinter einem Vorhang lauert der Künstler und greift mit riesigen Händen nach seinem nackten Modell, das sich wollüstig ergibt und den erotischen „Traum des Bildhauers“ befriedigt.
Nachts stürzt er sich, verkleidet als dunkler „Vampir“, auf eine schlafende Schöne und saugt, während er sie vergewaltigt, das Blut der wehrlosen Frau aus. In der Hülle des mythologischen Stiers wird er zum Tier, erinnert sich an den „Raub der Europa“ und wirft sich das bewusstlose Objekt seiner Begierde über die Schulter: Der Mann als enthemmtes Wesen. Die Frau als wehrloses Opfer. Der Künstler als lüstern lechzender Voyeur und sexueller Triebtäter.
Wenn man nur diese drei mit farblichem Furor und wilder Gebärde auf die Leinwand geworfenen Werke von Max Beckmann betrachtet, kann einem ganz schummrig werden. Niemals käme man auf die Idee, dass sich die 140 Werke umfassende Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle eigentlich um das genaue Gegenteil drehen soll.
Veröffentlicht unter Frauen & Männer, Kunst
Verschlagwortet mit Hamburger Kunsthalle, Max Beckmann, „weiblich – männlich"
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„Es ist, wie es ist“ – die frühen Jahre des Gerhard Richter

Gerhard Richter: „Sitzende“ (Oktober 1961), Öl auf Hartfaserplatte, 70×50 cm, Privatsammlung, Norddeutschland. (© Gerhard Richter 2020 (10042020) / Foto: Estel/Klut SKD)
Eigentlich geht es Gerhard Richter in der DDR gar nicht schlecht. Vom Erlös seiner Bilder kann er ganz gut leben. In Dresden, wo er studiert hat und an der Kunst-Hochschule weiterhin wirkt, gilt er manchen jungen Kollegen sogar schon als Bonze und Sprachrohr der Einheitspartei.
Doch Gerd (wie er sich damals nennt) sieht sich in einer künstlerischen und politischen Sackgasse. Auf der documenta in Kassel hat er den Surrealismus und die abstrakte und informelle Moderne kennengelernt. Jetzt hat er keine Lust mehr, sein Talent mit dem von der SED propagierten sozialistischem Realismus zu vertrödeln. Auch wenn es für den 29-jährigen Künstler ein enormes Risiko und Wagnis ist: Gerd will in den Westen und noch einmal ganz neu anfangen.
Im Westen erwartet ihn nichts und niemand
Veröffentlicht unter Kunst, Lebenswege
Verschlagwortet mit BRD, DDR, Dresden, Düsseldorf, Gerhard Richter
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Begehbarer Farbenrausch: Wie Katharina Grosse den Hamburger Bahnhof in Berlin verwandelt

Katharina Grosse „It Wasn’t Us“, Ausstellungsansicht Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin, 2020 (Courtesy König Galerie, Berlin/London/Tokyo / Gagosian / Galerie nächst St. Srephan Rosemarie Schwarzwälder, Wien – @ Katharina Grosse / VG Bild-Kunst, Bonn 2020 / Foto: Jens Ziehe)
Was da seltsam zersplittert, in sich verschachtelt und aufgetürmt in der historischen Halle des Hamburger Bahnhofs in Berlin liegt: Sind das Eisschollen oder Reste einer antiken Ruine, ein vom Himmel gefallener Vogel oder ein gestrandetes Fluggerät aus einem unbekannten Universum?
Und warum leuchtet das archaisch anmutende Objekt so grell und bunt, warum schillert es in Königsblau und Zitronengelb, blutigem Rot und saftigem Grün? Und wie schafft es das mit furiose Geste in den Raum geworfene Kunstwerk, uns magisch anzuziehen, fast zu verschlingen und unserer Fantasie Flügel zu verleihen?
Auf Dauer bleiben nur die Erinnerungen
Veröffentlicht unter Kunst
Verschlagwortet mit Berlin, Hamburger Bahnhof, It wasn't Us, Katharina Grosse
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„Macht der Bilder“: Dresden feiert Raffael und seine famosen Wandteppiche

Raffael (Raffaelo Santi): „Das Opfer zu Lystra“. Bildteppich nach einem Karton von Raffael.
Teppich 431 x 647 cm
(Gemäldegalerie Alte Meister / © SKD, Foto: Herbert Boswank)
Es sollte das nächste große Ding, der nächste Superlativ auf dem internationalen Markt der Kunst-Events werden, der hunderttausende Besucher in die Musentempel lockt. Doch dann fraß sich das Corona-Virus über den Erdball und in Rom musste die große Feier, für die vorab über 50.000 Tickets verkauft waren, nach zwei Tagen abgebrochen werden. Die Meisterwerke des Renaissance-Genies Raffael wurden verhüllt, die Jahrhundertausstellung zu Ehren des vor 500 Jahren verstorbenen Universalkünstlers für Monate geschlossen.
Dasselbe Schicksal traf auch alle anderen Museen rund um den Globus, die ihre Kunst- Schätze durchforstet hatten, mit Raffael-Sonderschauen den Mythos des Meisters befeuern und die Kunstwelt beglücken wollten. Doch nun, mit der Lockerung der Corona- Beschränkungen, ist Licht am Ende des Tunnels. Museen können ihre Pforten öffnen und die Werke eines Kunst-Gottes in ihrer zeitlosen Schönheit erstrahlen lassen, von dem schon Zeitgenosse Giorgio Vasari schwärmte: „Mit welch großmütiger Freigebigkeit der Himmel bisweilen über einen einzigen Menschen den ganzen Reichtum seiner Schätze, alle Talente und hervorragenden Fähigkeiten ausschüttet, die er sonst im Lauf eines langen Zeitraums auf viele zu verteilen pflegt, zeigt sich deutlich an Raffael Sanzio von Urbino, der sich nicht minder durch sein einzigartiges Genie als durch seltene persönliche Liebeswürdigkeit auszeichnet.“
Veröffentlicht unter Kunst
Verschlagwortet mit Bildteppiche, Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Macht der Bilder, Raffaelo Santi, Raffel, Tapisserie, Wandteppiche
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„Denken ohne Geländer“ – ertragreiche Berliner Ausstellung über die Philosophin Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert

Die große Denkerin, lesend und rauchend: Hannah Arendt in der Wesleyan University, 1961/62, Middletown, Connecticut. (© Middletown, Connecticut, Wesleyan University Library, Special Collections & Archives)
Es ist ein Höhepunkte der Medienkultur der frühen Bundesrepublik und ein Meilenstein des kritischen Denkens. Bisher hatte sich der legendäre politische Journalist Günter Gaus in seiner ZDF-Gesprächsreihe „Zur Person“ nur politisch mächtige Männer zum Diskurs eingeladen – Ludwig Erhard, Franz Josef Strauß, Willy Brandt. Jetzt, am 28. Oktober 1964, sitzt ihm die einst von den Nazis aus Deutschland vertriebene Philosophin Hannah Arendt gegenüber, die nach ihrer Flucht über Frankreich in die USA gekommen ist und dort eine neue Heimat gefunden hat.
Sie hat ein epochales Werk über „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ verfasst, die ideologischen Verirrungen und politischen Verwerfungen von Nationalsozialismus und Stalinismus gnadenlos analysiert, sich bei Linken und Rechten unbeliebt gemacht. Sie besteht darauf, dass es wichtig ist, komplizierte Sachverhalte nicht nur zu beschreiben und zu erklären, sondern – im Sinne von Immanuel Kant – kritisch zu beurteilen. Auch auf die Gefahr hin, falsch zu liegen und später alles noch einmal neu überdenken und neu beurteilen zu müssen. Hannah Arendt nennt das: „Denken ohne Geländer“. Und genau das macht sie jetzt in dieser Sternstunde des Fernsehens.
Veröffentlicht unter Geschichte, Gesellschaft, Philosophie, Politik und so
Verschlagwortet mit Auschwitz, Ausstellung, Banalität des Bösen, Berlin, Deutsches Historisches Museum, DHM, Eichmann, Günter Gaus, Hannah Arendt, Heidegger
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Trübe Lauge: Donna Leons Kriminalroman „Geheime Quellen“
Immer sehnt sich der Mensch nach dem, was er nicht hat – oder in Zeiten von Corona nicht darf. Wäre es nicht herrlich, jetzt nach Venedig zu reisen, durch die leer gefegten Gassen zu flanieren, die von Trubel und Tourismus befreite Lagunenstadt genießen zu können? Mit dem Boot hinüberzusetzen auf den Lido und dort, unbehelligt von Ramschverkäufern und Strandanimateuren, zu spazieren oder eine erfrischendes Bad zu nehmen. Das würde bestimmt auch Donna Leon gefallen.
Wie sehr die amerikanische Autorin darunter leidet, dass ihre Wahlheimat durch den Massentourismus ausgelaugt und durch die pausenlos anlandenden Kreuzfahrtschiffe zerstört wird, hat sie immer wieder in ihren Romanen beschworen. Manchmal schien es so, als sei ihr Commissario Brunetti seiner von Sandalen-Touristen und Nippes-Läden verunzierten Stadt überdrüssig und er stehe kurz davor, seine Mord-Ermittlung und Mafia-Bekämpfung hinzuschmeißen und sich in irgendein abgelegenes Tal der Alpen zur Ruhe setzen zu wollen.
Doch Brunetti muss durchhalten und immer weitermachen. Statt seiner hat sich Donna Leon, die Erfinderin des kulturbeflissenen und melancholischen Kommissars, in die Schweizer Berge zurückgezogen und kommt nur noch gelegentlich nach Venedig. Wozu auch? Sie kennt sowieso jede alte Kirche, jeden bröckelnden Palast und jedes sich dort mal offen, mal versteckt abspielende Drama.
Veröffentlicht unter Krimi & Kriminalität, Literatur
Verschlagwortet mit Donna Leon, Geheime Quellen
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Mitten im Getümmel das zähe Ringen um Worte – Andrea Breth inszeniert Yasmina Rezas „Drei Mal Leben“ in Berlin

Zwei Paare in ihrem alltäglichen Elend: Szene mit (v. li.) Constanze Becker, Nico Holonics, Judith Engel, August Diehl. (Foto: © Bernd Uhlig / Berliner Ensemble)
Das Berliner Ensemble mausert sich zum Wallfahrtsort für alle Fans der französischen Schriftstellerin Yasmina Reza: Nach den Erfolgsstücken „Kunst“ und „Der Gott des Gemetzels“ ist jetzt auch „Drei Mal Leben“ im ollen Brecht-Theater angekommen.
Yasmina Reza beherrscht, wie wohl keine andere Gegenwartsautorin, die Kunst, das Schwere federleicht erscheinen zu lassen, die menschlichen Tragödien ins Absurde zu überführen, die unübersichtliche Komplexität des Lebens transparent zu machen. Ihre Stücke sind kuriose Zimmerschlachten, kommunikative Therapiesitzungen für ein Publikum, das auf der Bühne sich selbst erblickt und über seine eigenen Unzulänglichkeiten befreiend lachen kann: Denn die beiden Paare, die in „Drei Mal Leben“ eine Party feiern wollen und dann ihr alltägliches Elend und verlorenen Träume gleich dreimal durchspielen müssen – das sind ja wir alle, die da in den Spiegel schauen und in heiterer Melancholie uns selbst beim Laufen im täglichen Hamsterrad zuschauen.
Sinnsuche im banalen Alltag
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Fröhliche Apokalypse – Sophie Rois krächzt und krakeelt sich in Berlin durch Marlen Haushofers „Die Wand“

Auf der überdimensionalen Erdbeertorte: Sophie Rois in der „Wand“-Inszenierung. (Foto: © Arno Declair / Deutsches Theater)
Die Katastrophe kommt ganz leise. Unerwartet, überraschend. Mit einem Augenzwinkern, lächelnd und verspielt. Vielleicht ist das Undenkbare auch nur ein Traum. Oder ein Roman, in den man eintaucht und sich dann heillos verirrt.
Eben noch hat es sich Sophie Rois auf der Bühne des Deutschen Theaters in Berlin gemütlich gemacht. Sie räkelt sich wohlig auf einer kleinen Couch, trinkt eine Tasse Tee, zündet sich eine Zigarette an, blättert in einem alten Buch, liest sich fest, glaubt ihren Sinnen nicht zu trauen. Denn was dort in Marlen Haushofers Roman „Die Wand“ erzählt wird, widerfährt ihr plötzlich selbst.
Es gibt zwar auf der Bühne keine Berge und keinen Wald, auch keine undurchdringliche Glaswand, die sie vom Rest der Welt abschottet, einer Welt, auf der nach einer Katastrophe sämtliches Leben zum Erliegen gekommen ist. Aber natürlich kann sich Sophie Rois das alles vorstellen und ausmalen, sprachlich und musikalisch zum Klingen bringen. Sie braucht keine fünf Minuten, schon hat sie das Publikum um den Finger gewickelt, nimmt es mit auf eine Reise in die Abgründe der Fantasie und die Freiheiten des Theaters: Wer, wenn nicht die wunderbar wandelbare, kurios krächzende, kauzig krakeelende und schön schräg singende Sophie Rois könnte uns weismachen, dass die Apokalypse fröhlich und das Alleinsein eine wahre Freude ist?
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Jonathan Franzen: Der Kampf ums Klima ist bereits verloren
Beim Weltwirtschaftsforums in Davos hatte jeder seine eigene Wahrheit. Während Klima-Aktivistin Greta Thunberg davon sprach, dass die Welt in Flammen stehe und sie eine sofortige, radikale Reduktion aller Emissionen anmahnte, verbreite US-Präsident Donald Trump heiteren Optimismus, lobte seine eigene Politik und wies die Propheten des Untergangs aufs Schärfste zurück. Schade, dass der Schriftsteller und Vogelkundler Jonathan Franzen nicht nach Davos eingeladen war.
Der Autor, der seit dem Erfolg von „Die Korrekturen“ in der ersten Liga der Weltliteratur spielt, hat sich immer wieder in die Umwelt-, Klima- und Artenschutz-Debatte eingemischt: Sein Essay „Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?“ hat erhebliche Sprengkraft.
Franzen möchte, dass wir der schmerzlichen Wahrheit ins Auge sehen: Das Spiel ist aus, wir haben den „Point of No Return“ erreicht, wir werden den Klimawandel nicht mehr verhindern. Auch wenn sich die Politiker noch heute aufraffen, die Emissionen mit sofortiger Wirkung radikal zu reduzieren und die Weltwirtschaft umzubauen: Es ist zu spät. Bis nachhaltige Effekte eintreten, würde es Jahre dauern, die wir nicht mehr haben.
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Grübeleien in Zeitlupe: Donna Leons 28. Brunetti-Krimi „Ein Sohn ist uns gegeben“
Es kommt nur selten vor, dass der in seinem venezianischen Palast residierende Conte Falier seinen Schwiegersohn eindringlich, ja fast flehentlich zum Gespräch bittet. Commissario Guido Brunetti fürchtet schon, dass er seinem oft in dunkle Geschäfte verwickelten Schwiegervater aus einer kriminellen Patsche helfen soll. Doch es kommt anders.
Der zerbrechlich gewordene Conte ist eher melancholisch gestimmt, fast ein wenig traurig. Lange Zeit räsoniert er über Freundschaft und Familie, Tradition und Werte. Es dauert – für den irritierten Brunetti genauso wie für ungeduldige Leser – eine gefühlte Ewigkeit, bis der Conte seine Sorgen offen auf den Tisch legt: Gonzalo Rodríguez de Tejeda, ein in Spanien geborener Freund aus alten Kindertagen, der es zunächst als Viehzüchter in Südamerika, später als Kunsthändler in Europa zu einem Vermögen gebracht hat und jetzt seinen Lebensabend in Venedig verbringt, scheint eine riesige Dummheit zu begehen. Als bekennender Homosexueller ist er zeitlebens ohne Kinder geblieben. Nun aber will er seinen jungen Liebhaber, den kaum jemand richtig kennt und der manchen etwas halbseiden vorkommt, als Sohn adoptieren.
Ist der junge Schnösel ein Erbschleicher?
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„Maschinen wie ich“ – Ian McEwan zeigt uns, dass Roboter auch nur Menschen sind
Charlie Friend ist Anfang Dreißig, Geld verdient er so schnell, wie er es wieder verliert. Derzeit zockt er von Zuhause aus mit windigen Transaktionen an der Börse.
Weil er sich seit Kindertagen für Elektronik und Informatik begeistert, hat er seine letzten Ersparnisse ausgegeben, um einen der ersten frei verkäuflichen Androiden zu bekommen: Roboter, die aussehen und denken wie Menschen und die alles können, was wir können. Nur vielleicht etwas besser, schneller und kompromissloser. Denn sie schlafen nie, durchforsten in Windeseile das Internet, verknüpfen Datenberge und schließen Wissenslücken. Sie helfen, wo sie nur können, sind lernfähige, selbstständige Wesen, voller Empathie und Güte. Sind die Maschinen vielleicht sogar die besseren Menschen?
Der britische Bestseller-Autor Ian McEwan, bekannt für Geschichten, die zwischen makabrer Situations-Komik und subtiler Existenz-Philosophie irrlichtern, hat jetzt mit „Maschinen wie ich“ sein literarisches Meisterstück vollbracht: einen Roman, der elegant und lässig zwischen Vergangenheit und Zukunft jongliert und ein abgründiges Szenario entwirft, in dem der verlogene und fehlbare Mensch konkurriert mit der rechthaberischen und gradlinigen Vernunft der Maschine, ein Wettstreit, den er kaum gewinnen kann. Es sei denn, er zertrümmert sein künstliches Ebenbild. Aber ist das dann nur Maschinenstürmerei oder nicht vielleicht doch, weil die Maschine auch nur ein Mensch ist, Mord?
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Stilles Heldentum in finsteren Zeiten – Erich Hackls bewegender Recherche-Bericht „Am Seil“
Seit der ehemalige Lehrer und Lektor Erich Hackl 1987 mit der Erzählung „Auroras Anlass“ als Schriftsteller debütierte, wächst das literarische Werk des Autors langsam aber stetig an. Seine in über 25 Sprachen übersetzten Romane und Erzählungen werden von der Kritik regelmäßig gelobt und mit Preisen bedacht. Trotzdem ist dem in Wien und Madrid lebenden Schriftsteller der ganz große Durchbruch in die Liga der Bestseller-Autoren – leider – nie so recht gelungen.
Sein neues Buch trägt den Titel „Am Seil. Eine Heldengeschichte“. Es geht um den authentischen Fall einer gefährlichen Lebensrettung, über der viele Jahre der Mantel des Schweigens lag: Denn der Retter – der Handwerker Reinhold Duschka – war bis zu seinem Tode 1993 der Meinung, er habe nur seine menschliche Pflicht getan; und die Geretteten (die Jüdin Regina Steinig und ihre Tochter Lucia) wollten nach dem Krieg lieber verdrängen als sich erinnern.
Vor dem Vernichtungslager bewahrt
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Es bleiben lauter ungelöste Rätsel: Michael Ondaatjes ziellos mäandernder Roman „Kriegslicht“
Plötzlich sind das blutige Schlachten, der Bombenhagel und das allgegenwärtige Sterben vorbei. Keine Nächte mehr im Schutzbunker. Kein Umherirren mehr im schummrigen Dämmerlicht des Krieges. Jetzt könnte es beginnen, das richtige Leben.
Jetzt könnten der 14jährige Nathaniel und seine 16jährige Schwester Rachel ihre Freiheit genießen, Freundschaften schließen, die Liebe kennenlernen. Doch daraus wird nichts werden. Das weiß der Leser schon mit dem ersten Satz, mit dem Michael Ondaatje seinen neuen Roman „Kriegslicht“ eröffnet. Ein Satz wie ein dunkles Geheimnis, ein grausames Menetekel, ein unabwendbarer Schicksalsschlag, der alles ändern und das Leben der beiden Jugendlichen fortan bestimmen wird: „Im Jahr 1945 gingen unsere Eltern fort und ließen uns in der Obhut zweier Männer zurück, die möglicherweise Kriminelle waren.“
Ich-Erzähler Nathaniel wird später versuchen, sich in diese seltsame Zeit der Ungewissheiten hineinzuversetzen, in der die Eltern plötzlich verschwunden waren und das Vertrauen in die Welt der Erwachsenen erschüttert wurde. Immer wieder wird er sich fragen, wohin seine Eltern gegangen sind, warum sie ihre Fürsorgepflicht aufgaben und ihre Kinder mysteriösen Figuren überließen, die geheimnisvolle Existenzen führten, Rennhunde vom Kontinent nach England schmuggelten, wilde Partys feierten und kuriose Tarnnamen führten.
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Neuer Mauerbau, Stalins Schatten und der Terror des Digitalen – zum umstrittenen DAU-Kunstprojekt in Berlin
Vor 29 Jahren fielen in Berlin die Mauer und der „Eiserne Vorhang“. Das war der Auftakt vom Ende des Realen Sozialismus und einer Diktatur des Proletariats, die immer nur ein ideologischer Popanz war, mit dem sich schamlose Partei-Bonzen der herrschenden Nomenklatura die Macht über das Volk sicherten. Neben einigen unverbesserlichen Nostalgikern, die sich gern die schlechte Vergangenheit schön reden, gibt es jetzt auch einige Künstler, die vom (temporären) Wiederaufbau der Mauer träumen.
Direkt in Berlins Mitte, in einem etwa 300 mal 300 Meter großen, von einer russischen Beton-Mauer abgeriegelten Areal zwischen Staatsoper und Bauakademie, soll direkt an der Straße Unter den Linden vom 12. Oktober bis 9. November ein neo-stalinistisches Menschenexperiment durchgeführt werden, das sich als freiheitliches Kunst-Projekt tarnt und den Besuchern neue und ungeahnte Möglichkeiten der Wahrnehmung und Partizipation verspricht.
Erlebniszone mit „historischen Echoräumen“
Unter dem kryptischen Kürzel „DAU Freiheit“ wird, so lassen die als Mitveranstalter auftretenden Berliner Festspiele verlauten, eine „Zone markiert, die für vier Wochen zu einem besonderen Erlebnisraum wird“, „historische Echoräume öffnet“ und angeblich die Chance bietet, „eine politisch-gesellschaftliche Debatte über Freiheit und Totalitarismus, Überwachung, Zusammenleben und nationale Identität zu eröffnen.“
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Traumatische Familiengeschichte: Maxim Billers Roman „Sechs Koffer“ als Geflecht aus Fakten und Fiktionen
Wir müssen uns Maxim Biller als ebenso verletzenden wie verletzlichen Menschen vorstellen: Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust.
Als Kolumnist und Kritiker gibt der 1960 in Prag geborene Autor gern den ungehobelten Rüpel und geht lustvoll an die Schmerzgrenze fieser Beleidigungen und übler Nachrede. Als Erzähler dagegen schafft er es immer wieder, uns mit nachdenklichen Skizzen, zärtlichen Tönen und poetischen Porträts zu überraschen. Vor allem dann, wenn er sich dem unverarbeiteten Trauma seiner eigenen Familiengeschichte widmet und in einem Geflecht aus Fakten und Fiktionen in die dunklen Geheimnisse seiner weit verzweigten jüdischen Herkunft vorwagt.
Das Schweigen durchbrechen
Sein neuer Roman, „Sechs Koffer“, ist ein geglückter Fall verzweifelter literarischer Erinnerungsarbeit und humorvoller Rekonstruktion dessen, worüber man in der Familie Biller lieber schweigt: Denn bis heute ist ungeklärt, wer 1960 den Großvater in der Sowjetunion als Devisenschmuggler denunziert hat und dafür verantwortlich ist, dass der „Tate“ hingerichtet wurde.
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Blutiges Erbe der Tempelritter im sonst so idyllischen Périgord – Martin Walkers zehnter Bruno-Krimi „Revanche“
Geweckt wird Bruno Courrèges morgens von Blanco, seinem Hahn, der die Ankunft der Sonne lauthals begrüßt. Dann joggt der Polizeichef der französischen Kleinstadt Saint-Denis mit seinem Hund, der auf den Namen Balzac hört, eine Runde durch Wald und Wiesen.
Nach einer heißen Dusche und einem ausgedehnten Frühstück mit Kaffee und Croissant schaut Bruno gern in der Reitschule einer Freundin vorbei. Denn dort ist Hector untergebracht, sein Pferd, das jeden Tag bewegt werden will. Erst wenn das alles erledigt ist, bequemt sich der Polizist in seine Dienststelle.
Meistens ist ja ohnehin nicht viel los im beschaulichen Kaff, das so herrlich gelegen ist zwischen sanften Hügeln und glasklaren Flüssen, auf denen man paddeln und die Seele baumeln lassen kann. Das Leben könnte so schön sein, würde nicht gelegentlich die böse Realität an der idyllischen Fassade kratzen und Bruno daran erinnern, dass Mord und Totschlag, Neid und Gier, Rachsucht und die Furien der Vergangenheit überall lauern.
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„Das Gesetz verurteilt, die Liebe verschont“: Donna Leons 27. Brunetti-Krimi „Heimliche Versuchung“
Immer mehr Einheimische nehmen Reißaus, halten die tagtäglich durch Venedig strömenden Touristen-Fluten, die billigen Ramschläden und riesigen Kreuzfahrtschiffe nicht mehr aus oder können sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten. Und die Wenigen, die geblieben sind, verheddern sich in einem Knäuel offenbar unlösbarer Probleme.
Ein begabter Schüler nimmt Drogen, ein gesetzestreuer Mann wird eines Nachts schwer verletzt am Fuße einer Brücke gefunden. Eine alte Dame hortet wertlose Coupons. Ein vermeintlich gewissenloser Dealer erweist sich als ein von Krebs zermürbtes menschliches Wrack. Eine von Schuld und Geldsorgen zermarterte Ärztin unterstützt einen gierigen Apotheker, um die Schlupflöcher des Gesundheitssystems besser auszunutzen zu können.
Zwischen „Antigone“ und Händels „Esther“
Und Commissario Brunetti? Der streift melancholisch durch seine hassgeliebte Lagunenstadt und neigt neuerdings, von feucht-ungemütlichen November-Nebeln umwölkt, zu voreiligen Schlüssen und liest das antike Drama über die von Macht und Moral heillos zermürbte Antigone, um die Nöte seiner Mitmenschen im Hier und Heute besser zu verstehen. Und was hat das Ganze ausweglose Verwirrspiel mit Georg Friedrich Händel zu tun, bei dem es in seinem „Esther“-Oratorium heißt: „Das Gesetz verurteilt, / die Liebe verschont“?
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Die wundersame Macht des Zufalls: „Das rote Notizbuch“ von Paul Auster liegt endlich vollständig auf Deutsch vor
Das Leben hängt am seidenen Faden, der Zufall regiert die Welt, und wer du bist und was du wirst, hängt oft allein davon ab, welche Entscheidung du an einer unscheinbaren Wegmarke triffst oder ob du die Telefonnummer wählst, die auf einem Zettel notiert ist, den du im Hotel unter einem Stuhl findest.
Es gibt wohl kaum ein Buch des jüdisch-amerikanischen Autors Paul Auster, in dem der Zufall nicht eine entscheidende Rolle spielt und darüber wacht, ob die Protagonisten weiter in einer Welt leben dürfen, die ohnehin nicht aus Wirklichkeit, sondern aus Sprache gebaut ist.
Zuletzt hatte Auster in seinem 1200-seitigen Opus Magnum „4, 3, 2, 1“ sein Lebensmotto und den Schreibimpuls („Was wäre geschehen, wenn…“) am Beispiel von Archibald Ferguson gleich viermal durchgespielt und furios vorgeführt, welche Variationen möglicher Identitäten eine Lebensgeschichte haben kann, wenn man an einer bestimmten Stelle aus dem Tritt gerät, dem Schicksal in die Quere kommt oder dem Tod noch einmal von der Schippe springt.
Als der Jugendfreund vom Blitz erschlagen wurde
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„Es kommen härtere Tage“ – Hans Magnus Enzensberger hat 99 literarische Überlebenskünstler porträtiert
Zum Berufsbild von Dichtern und Denkern (jedenfalls von denen, die etwas auf sich und ihr Werk halten) gehört es, den Macken und Marotten des Zeitgeistes zu widerstehen, den Aufregungen der politischen Zeitläufte zu widersprechen, vermeintliche Gewissheiten anzuzweifeln und nicht Öl ins Getriebe der Welt zu gießen, sondern Sand Sand dorthin zu streuen.
Dass sie den Mächtigen stets schwer auf die Nerven gingen, die Geheimdienste schon immer ein Auge auf sie hatten und manche für immer in den Kerkern der Polizei und den Arbeitslagern der Parteidiktaturen verschwanden, liegt auf der Hand. Doch erstaunlich viele dieser Querdenker und literarischen Quälgeister haben die Krisen und Katastrophen des 20. Jahrhunderts überlebt, sind ins Exil geflohen oder in die innere Emigration gegangen, haben sich zum Schein angepasst, um im Stillen einfach weiter zu schreiben an ihrem intellektuellen Aufklärungs- und literarischen Zerstörungs-Werk.
Strategien gegen Verführung und Vermarktung
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Verschlagwortet mit 99 literarische Vignetten, Hans Magnus Enzensberger, Überlebenskünstler
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Verwirrspiel zwischen Phantasie und Wirklichkeit: Peter Stamms Roman „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“
In einem Roman hat Christoph vom Scheitern seiner großen Liebe zur Schauspielerin Magdalena erzählt. Das ist viele Jahre her. Seitdem ist er literarisch verstummt. Als er die junge Schauspielerin Lena trifft, erzählt er ihr seine Geschichte, die auch ihre Geschichte ist. Denn alles, was Lena gerade erlebt, hat auch Christoph bereits erlebt.
Er weiß auch, was ihr Freund Chris, der an einem Roman über seine Beziehung zu Lena arbeitet, schreiben wird, denn er hat das Buch ja längst vor Jahren selbst verfasst. Wie kann es sein, dass Christoph meint, Lenas Leben zu kennen und zu wissen, was ihr noch widerfahren wird? Spioniert Christoph ihr nach oder vermischen sich auf magische Weise Literatur und Wirklichkeit?
Bevor der 1963 in der Schweiz geborene Peter Stamm Schriftsteller wurde, hat er sich mit Psychologie und Psychopathologie beschäftigt und in Paris und New York gelebt. Doch dann ist er zurück in seine Heimat gegangen. Seit er 1998 mit „Agnes“ als Erzähler debütierte, gehört er zu den wichtigsten Autoren der deutschsprachigen Literatur.
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Verschlagwortet mit Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt, Peter Stamm
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Wie wilde Klänge den Kopf befreien können – F. C. Delius‘ Erzählung „Die Zukunft der Schönheit“
New York, 1966. Am Rande einer Tagung der „Gruppe 47“ besucht der Autor abends mit Freunden ein Free-Jazz-Konzert: in „Slug´s Saloon“ tritt der Saxophonist Albert Ayler mit seinem Quintett auf. Es ist laut und wild, der Autor kann die improvisierten Klänge und das musikalische Chaos kaum aushalten. Doch dann entstehen plötzlich Bilder in seinem Kopf: In dem schmerzliche Getöse meint er die tödlichen Schüsse auf US-Präsident Kennedy zu hören und den Bombenhagel in Vietnam.
Die Musik erscheint ihm als politischer Aufschrei, als Marsch der Wahrheit und als Aufruf zur Rebellion. Er beginnt zu begreifen, dass ohne Zerstörung des Alten das Neue nicht entstehen kann und sich die Gesellschaft, die Kunst und auch er selbst und sein eigenes Schreiben sich nur verändern können, wenn man bereit ist, gewohnte Pfade zu verlassen.
In seiner neuen, autobiographisch grundierten Erzählung „Die Zukunft der Schönheit“ umkreist F.C. Delius ein kurzes Erlebnis, eine existenzielle Erfahrung, die dem damals 23jährigen Autor schlagartig den Kopf frei gepustet und ihm seinen Weg zum politisch engagierten Schriftsteller möglich gemacht hat.
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Verschlagwortet mit Albert Ayler, Die Zukunft der Schönheit, F. C. Delius, Free Jazz, New York
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Zumutung und Faszination – Frank Castorf inszeniert „Die Elenden“ nach Victor Hugo am Berliner Ensemble
Berlin ohne Castorf? Unvorstellbar. Wohl auch deshalb hat Oliver Reese, der Nachfolger von Claus Peymann am Berliner Ensemble, den Bühnen-Berserker eingeladen, seine Version von Victor Hugos monumentalem Roman „Les Misérables/Die Elenden“ auf die Bretter zu donnern.

Szene mit (v. li.) Valery Tscheplanowa, Aljoscha Stadelmann und Stefanie Reinsperger. (Foto: Matthias Horn)
Wenn Castorf sich die großen Romane der Weltliteratur vornimmt, sind das immer abgründige Theater-Odysseen. Die von politischen Debatten und philosophischen Exkursen geprägte, von banalen Blödeleien und hanebüchenen Slapstick-Nummern aufgelockerte Inszenierung dauert schockierende, den Körper folternde und den Geist in Geiselhaft nehmende sieben Stunden. Eine lange Reise in die Nacht, die ermüdet und langweilt, aber auch zutiefst aufwühlt und fasziniert.
Sich um Kopf und Kragen quasseln
Castorf animiert seine Schauspieler, alles zu riskieren, sich furios um Kopf und Kragen zu quasseln und sich die Seele aus dem Leibe zu spielen. Doch immer wieder gibt es seltsam lustlosen Dellen, in denen Castorf die Luft ausgeht und die Inszenierung in gähnende Leere abtaucht, durchhängt und man sich ein Ende dieser schauderhaft-schönen, grandios-irrlichternden Theater-Zumutung sehnlichst herbei wünscht.
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So fremd im eigenen Leben – Yasmina Rezas Roman „Babylon“
Manchmal genügt eine kleine Unachtsamkeit, ein Zufall oder ein unbedachtes Wort – und schon lösen sich all unsere Gewissheiten auf, zerbröselt die schöne Fassade des Alltags zu bizarrem Maskenspiel, werden wir heimatlos in unserem eigenen Leben.
Kaum jemand weiß das besser und kann es mit heiterer Melancholie hintergründiger beschreiben als die französische Autorin Yasmina Reza, die international erfolgreiche Theaterstücke („Kunst“, „Drei Mal Leben“, „Der Gott des Gemetzels“) und Prosa („Hammerklavier“, „Im Schlitten Arthur Schopenhauers“, „Glücklich die Glücklichen“) verfasste.
Auch in ihrem neuen Roman „Babylon“ zeigt die Schriftstellerin mit den multikulturellen (jüdischen und iranischen) Wurzeln, dass der Schrecken hinter der nächsten Ecke lauert und die Bedrohung unserer bürgerlichen Idylle allgegenwärtig ist, dass aus geistreichem Geplauder schnell eine böser Beziehungskrieg werden kann, die Wirklichkeit aus löchrigen Erinnerungen besteht und dass vielleicht die Sprache der einzige Ort ist, der uns Heimat, Schutz und Identität gibt.
Sado-Maso und die misslungene Frühlingsparty
Vorsicht, trügerische Idylle! – Donna Leons „Stille Wasser“
Auch erfolgreiche Ermittler können irgendwann nicht mehr, sie sind dann müde und ausgelaugt. Immer nur Verbrechen, Diebstahl und Mord. Überall nackte Gier und purer Hass…
Jetzt, im Hochsommer, hängt auch noch die bleierne Hitzeglocke über Venedig, dazu die permanent durch die engen Gassen flutenden Touristenmassen, die die fragile Lagunenstadt in eine laute und dreckige Event-Bude verwandeln: alles kaum auszuhalten.
Und auch wenn der Schwächeanfall, den der Commissario während eines Verhörs mit einem ekelhaften Kerl hat, nur vorgetäuscht ist, um einen aufgebrachten Kollegen vor Handgreiflichkeiten gegenüber dem sich keiner Schuld bewussten reichen Fiesling zu bewahren: Brunetti braucht wirklich Ruhe und Erholung, Abstand vom Alltag.
Wie wäre es mit einer Auszeit auf einer der vielen kleinen Inseln in der Lagune? Viel schlafen und lesen, schwimmen und rudern, die Seele baumeln lassen und die schlaffen Muskeln ertüchtigen. Doch Vorsicht, Idylle! Denn stille Wasser sind bekanntlich tief, und auch alte Männer wie Casati, mit dem sich Brunetti während seiner Reha anfreundet, und der sich scheinbar nur noch um seine Ruderboote und Bienenstöcke kümmert, können ein dunkles Geheimnis haben. Eines Tages jedenfalls sind Casati und sein Boot plötzlich verschwunden. Brunetti befürchtet das Schlimmste und meldet sich zum Dienst zurück.
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Jagd nach dem begehrtesten Auto der Welt – doch Martin Walkers Krimi „Grand Prix“ kommt dabei nur mühsam voran
Im Périgord lebt man heute wie Gott in Frankreich. Herrliche Trüffel, köstliche Weine, leckere Speisen. Außerdem kann man dort ausgedehnte Wanderungen unternehmen oder mit dem Boot auf klaren Flüssen paddeln. Wo einst bittere Armut und verheerende Landflucht herrschte, haben längst gut betuchte Aussteiger die verfallenen Landhäuser renoviert und die Touristen ihr Freizeitparadies gefunden.
Um die Gegend überregional noch attraktiver zu machen und den internationalen Geldadel herbei zu locken, hat Bruno, Polizei-Chef von Saint-Denis, eine Idee. Für Leute mit dem nötigen Kleingeld organisiert er eine Oldtimer-Rallye.
Doch der Lockruf nostalgischen Abenteuers wird nicht nur von kauzigen Kapitalisten erhört, die gern mit offenem Verdeck durch eine sommerliche Landschaft brausen. Auch dubiose Sammler strömen herbei, die auf der Jagd sind nach dem wertvollsten und begehrtesten Auto aller Zeiten: einen in den Wirren des 2. Weltkriegs verschollenen sportlich-schnittigen Bugatti aus einer Serie von nur vier je gebauten Exemplaren. Ausgerechnet im Périgord, so geht die Legende, verliert sich die Spur des Autos im Dunkeln der Geschichte. Spätestens jetzt ist klar: Wo das Jagdfieber ausbricht und Millionengewinne die Hirne vernebeln, sind Neid und Mord nicht weit.
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Den Lack der Lügen abkratzen – Toni Morrisons schonungsloser Roman „Gott, hilf dem Kind“
Lula Ann wird mit tiefschwarzer Haut geboren. Die Ehe ihrer Eltern, die nur kaum wahrnehmbar dunkelhäutig sind und oft als Weiße gelten, geht darüber zu Bruch. Das von allen gedemütigte Mädchen wird später einen neuen Namen annehmen und als Bride in der Modebranche Karriere machen.
Doch die Vergangenheit holt sie ein. Denn sie kann nicht vergessen, dass sie als Kind vor Gericht erscheinen musste, um eine Lehrerin hinter Gitter zu bringen, die sich – angeblich – an Schülern vergangen hat und die, als sie nach 15 Jahren wieder aus dem Gefängnis entlassen wird, Bride fürchterlich verprügelt.
Außerdem verliebt sich Bride in einen zwielichtigen und gefährlichen Mann. Als sie sich ins Auto setzt, um seinem Geheimnis auf die Spur zu kommen, verletzt sie sich – irgendwo im Nirgendwo – bei einem Unfall. Gefunden und gerettet wird sie von zwei Alt-Hippies, Aussteigern, die sie beherbergen und umsorgen, als wäre ihre uneigennützige Menschenfreundlichkeit das Natürlichste der Welt.
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Leben wird Literatur, Literatur wird Leben: Navid Kermanis Roman „Sozusagen Paris“
Welch eine Überraschung: Gerade hat der Autor in einer Kleinstadt aus seinem neuen Roman gelesen, da steht die Figur, um die sich im Buch alles dreht, vor ihm. Als Schüler war er unsterblich in ein schönes und kluges Mädchen verliebt: das ist jetzt 30 Jahre her. Beide haben sich aus den Augen verloren. Doch bei ihm ist die Sehnsucht nach der Frau, die er im Roman Jutta nennt, geblieben.
Nun erfährt er, dass sie verheiratet ist und drei Kinder hat. Sie ist Ärztin geworden und Bürgermeisterin in einem Provinz-Kaff. Als sie ihn spätabends in ihr Haus auf ein letztes Glas Wein, einen Joint und ein Gespräch einlädt, sagt der ebenso faszinierte wie irritierte Autor nicht nein. Doch während Jutta bis zum Morgengrauen von ihrem Leben und ihren Ehekrisen erzählt, denkt der Erzähler bereits darüber nach, wie er aus dem unverhofften Wiedersehen einen Roman machen könnte.
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„Beschädigtes“ Mädchen: „Ewige Jugend“ – Donna Leons 25. Brunetti-Krimi
„Weh´ mir! Grausamer Gott, / Warum ließest du mich nicht sterben / Im Wasser, warum wurde ich errettet?“ In seiner Oper „Radamisto“ hat Georg Friedrich Händel die verzweifelte Todessehnsucht eines aus den Fluten geretteten Menschen in allerschönste Noten verwandelt. Ein Fingerzeig für die US-amerikanische Autorin Donna Leon, die ihre kriminalistischen Streifzüge durch ihre Wahlheimat Venedig gern mit einem aus der Opern-Literatur geborgten Motto beginnt und damit die Richtung vorgibt, in die sich ihr Commissario Brunetti bei der Lösung seines jeweiligen Falles bewegen wird.
Aus dem Wasser gerettet, und doch mehr tot als lebendig, so steht es um Manuela, einst ein kluges und bildschönes 15jähriges Mädchen, heute ein 30jähriges Kleinkind. Denn bei dem Sturz in einen venezianischen Kanal war sie so lange im Wasser und hat sich so schwere Verletzungen zugezogen, dass in ihrem längst erwachsenen Körper die geistigen und emotionalen Fähigkeiten eines kleinen Kindes wohnen.
Ihre alte und sterbenskranke Großmutter, Contessa Lando-Continui, mag sich bis heute nicht damit abfinden und will, bevor sie das Zeitliche segnet, unbedingt Klarheit darüber erlangen, was damals wirklich geschah, ob es nur ein Unfall oder vielleicht ein Mordanschlag war. Für die Contessa ist Manuela seitdem, und sie mag das Wort kaum aussprechen, ein „beschädigtes“ Mädchen.
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Der Zufall bestimmt das Drama der Existenz – Judith Hermanns Erzählband „Lettipark“
Ein trister Herbstmorgen auf dem Land. Bei den Großstadtflüchtlingen werden die Kohlen für den Winter angeliefert und auf die Wiese des ehemaligen Bauernhofes gekippt. Da kommt der vierjährige Vincent auf seinem Fahrrad vorbei. Vincents Vater hat sich davon gemacht, seine Mutter ist an gebrochenem Herzen gestorben.
Doch der kleine Junge lässt sich nicht unterkriegen, er strahlt vor Lebensfreude und will jetzt unbedingt helfen, die Briketts in den Schuppen zu verfrachten, „und wir nahmen die Kohlen aus seinen kleinen schmutzigen Händen entgegen wie Hostien.“ Mit diesen Worten, die zum Weinen schön sind und ganz knapp am Kitsch vorbei segeln, endet „Kohlen“, die erste von 17 Erzählungen, die Judith Hermann unter dem Titel „Lettipark“ versammelt hat: literarische Miniaturen, traumwandlerische Spaziergänge durch schnappschussartig erfasste Lebensumstände von Menschen, die nur schemenhaft am Horizont erscheinen und gleich wieder aus dem Sichtfeld verschwinden.
Hier weist uns Judith Hermann auf einen melancholischen Blick hin, dort auf eine zarte Berührung, eine peinliche Wiederbegegnung, eine schmerzliche Erkenntnis. Ein Ehepaar kann nicht miteinander, aber auch nicht ohne einender leben. Eine junge Frau hat zwei wunderbare Kinder, aber keinen Partner, keinen Job und keine Zukunft. Zwei Frauen, als Studentinnen unzertrennlich, haben sich, als sie sich nach Jahren wieder treffen, nichts mehr zu sagen.
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Verschlagwortet mit Erzählungen, Judith Hermann, Lettipark, Sommerhaus später
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Eine schier endlose Strecke der Selbstzitate – John Irvings Roman „Straße der Wunder“
Juan Diego, dessen Mutter eine Prostituierte und dessen Vater unbekannt ist, lebt zusammen mit seiner Schwester Lupe auf einer Müllkippe in Mexiko. Der Junge rettet dort Bücher vor dem Verbrennen, bringt sich das Lesen und Schreiben selbst bei und zieht dann das große Los: Er wird von der großherzigen transsexuellen Hure Flor und ihrem schwulen Liebhaber, dem ehemaligen katholischen Priester Edward, adoptiert und mitgenommen in die USA.
Aus dem ehemaligen Müllkippenkind wird in Iowa City, dem Dorado für „Creative Writing“ und angehende Autoren, ein weltberühmter Schriftsteller und angesehener Literaturprofessor. Allerdings ist Juan Diego frühzeitig gealtert, ist Mitte 50 und sieht aus wie Mitte 60, leidet unter Herz- und Erektionsproblemen, nimmt Betablocker und Viagra wild durcheinander. Das verschafft ihm zwar einige aufregende erotische Erfahrungen, aber auch einige körperliche Ausfälle, vor allem auf der Flugreise auf die Philippinen, die er unternimmt, um ein altes Versprechen einzulösen und den Soldatenfriedhof amerikanischer Gefallener aus dem Zweiten Weltkrieg zu besuchen.
Auf dieser wunderlichen Reise lernt er nicht nur die geisterhaften Literatur-Groupies Miriam und Dorothy kennen, die ihn zu erotischen Höchstleistungen treiben, er verfällt auch in komatöse Zustände und alpträumt sich durch sein abenteuerliches Leben.
Veröffentlicht unter Literatur
Verschlagwortet mit John Irving, Straße der Wunder
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