Schlagwort-Archive: Michael Thalheimer

Wer hat die Nase vorn? „Parsifal“ in Düsseldorf und Hannover

Szene aus dem dritten Aufzug des „Parsifal“ in Düsseldorf mit Daniel Frank (Parsifal) und Sarah Ferede (Kundry). (Foto: Sandra Then)

In Düsseldorf steht er mit leeren Händen im gleißenden Licht, der neue Gralskönig Parsifal. In Hannover bleibt von den Wirrnissen der Ritter- und der Klingsor-Welt ein Kind übrig. Erlösung wird der Welt in beiden Inszenierungen nicht zuteil. Die Sicht auf Richard Wagners „Bühnenweihfestspiel“ ist pessimistisch, bei allen Unterschieden. Und die sind markant, in der szenischen wie in der musikalischen Gestaltung.

Die Premiere in Düsseldorf bringt den viel gelobten „Parsifal“ aus Genf an den Rhein, in einer minimalistischen Regie von Michael Thalheimer, der in der letzten Spielzeit einen faszinierenden Verdi-„Macbeth“ an der Deutschen Oper herausgebracht hat. Auf der Drehbühne (Henrik Ahr) … Weiterlesen

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Bei den Duisburger Akzenten inszeniert Michael Thalheimer Kleists „Penthesilea“ so puristisch wie blutig

Bisse und Küsse – Penthesilea (Constanze Becker) und Achill (Felix Rech) im Liebesspiel. (Foto: Birgit Hupfeld)

Langsam schiebt sich der Vorhang nach oben, langsam gibt er den Blick frei auf die große Schwärze, die sich matt erhellt und einen Bühnenboden offenbart, der schräg und steil in Dreiecksform nach oben ragt. Dort droben, in der Weite des Raumes, hockt ein Paar, verschlungen in blutiger Pietà-Pose. Es ist ein schaurig-schönes, schreckliches Bild, umfangen von Stille – weiter nichts. Es erzählt vom Ende des Achill in den Armen Penthesileas. Es demonstriert zudem die Wirkmacht des Purismus auf dem Theater. Dafür steht, wie wohl kaum ein anderer, der Regisseur Michael Thalheimer. Das karge Bühnenkonstrukt baute Olaf Altmann.

Sprachlicher Ausdruck, Gestik und Mimik beherrschen die … Weiterlesen

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Schwarze Seelen: Michael Thalheimer inszeniert Verdis „Otello“ an der Rheinoper

Otello. Foto: Hans-Jörg Michel/Deutsche Oper am Rhein

Otello. Foto: Hans-Jörg Michel/Deutsche Oper am Rhein

Die Bühne ist so schwarz wie Jagos Seele: In einem klaustrophobisch anmutenden dunklen Raum begegnen sich schwarzgekleidete Gestalten und das Unheil nimmt seinen Lauf. Einer von ihnen hat sogar ein schwarzes Gesicht, die anderen malen sich ihres in düsterer Farbe an, um es ihm gleichzutun.

Michael Thalheimer hat Verdis „Otello“ für die Deutsche Oper am Rhein bis zur Schmerzgrenze optisch reduziert, sich dadurch aber auf die düsteren Leidenschaften konzentriert, die in uns allen wirken: Eifersucht, Neid, enttäuschte Liebe, Hass.

Schmerzhaft schön tritt dabei Verdis Musik (Musikalische Leitung: Axel Kober) in den Vordergrund: Sie spiegelt, illustriert und vertieft die Leidenschaften der handelnden Figuren, zeigt auch ihre verborgenen, versteckten Regungen und Motive auf. Jago, der … Weiterlesen

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Heilsbringer in der Waschmaschine – Michael Thalheimer inszeniert „Tartuffe“ an der Schaubühne

Endlich haben alle begriffen, dass der als Heilsbringer verehrte Herr Tartuffe nur ein Heuchler ist. Ein Scharlatan, der sich in religiöser Verzückung kurios verbiegen kann und sich in leidender Jesus-Pose gefällt.

All die auf die Haut tätowierten Bibelverse und das Gerede von Schuld und Erlösung können irgendwann nicht mehr vertuschen, dass Tartuffe nur ein geldgieriger Raffzahn und notgeiler Lüstling ist, der die Familie Orgon in den Ruin treiben und es mit der Frau des Hauses treiben möchte. Plötzlich beginnt die kleine Welt der Orgons ins Rutschen zu kommen. Und die Bühne, eben noch eine mit Blattgold verzierte Mönchszelle, rotiert wie eine enthemmte Waschmaschine.

Orgon (Ingo Hülsmann, li.) und Tartuffe (Lars Eidinger). (Bild: Katrin Ribbe/Schaubühne)

Orgon (Ingo Hülsmann, li.) und Tartuffe (Lars Eidinger). (Bild: Katrin Ribbe/Schaubühne)

Das Unterste wird nach oben gekehrt, … Weiterlesen

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Festspiel-Passagen IV: Salzburg – Fanatische Kämpferin, zerbrechliches Opfer

Anna Netrebko: umschwärmter Star in „Giovanna d’Arco“ in Salzburg. Foto: Silvia Lelli

Anna Netrebko: umschwärmter Star in „Giovanna d’Arco“ in Salzburg. Foto: Silvia Lelli

Die Jungfrau von Orléans, die heilige Johanna, die kriegerische Maid: Hexe und Heilige, Symbol der Nation, Identifikationsfigur in Zeiten der Unterdrückung, selbstbewusst-selbständige Frau, keusche Verkörperung eines Reinheitsideals, amazonenhafte Kriegerin, radikale Kämpferin, Bild des Edel-Erhabenen, verehrt und verspottet, unantastbar und unverstanden. Die Ikone der 1431 auf dem Scheiterhaufen hingerichteten und 1920 heiliggesprochenen Bauerntochter Johanna aus dem lothringischen Domrémy ist immer wieder neu gemalt und übermalt worden.

Voltaires Spottgedicht „La Pucelle d’Orleans“ zieht den Johanna-Mythos ins Ordinäre, diffamiert das Religiöse durch das Obszöne. Friedrich Schiller wehrt sich in seiner „Jungfrau von Orléans“ vehement gegen die abschätzige Dekonstruktion. Temistocle Solera erkennt als Librettist Giuseppe Verdis für die Oper „Giovanna d’Arco“ einen … Weiterlesen

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