Zum Tod von Arno Breker: Immer auf der Seite der Mächtigen

Von Bernd Berke

Der Bildhauer Arno Breker ist am Mittwoch mit 90 Jahren in Düsseldorf an den Folgen einer Grippe gestorben. Das teilten gestern Freunde des Künstlers mit. Bis kurz vor seiner Erkrankung, so hieß es weiter, habe Breker täglich noch mehrere Stunden im Atelier verbracht. Als letzte Werke habe er ein Porträt Ludwig van Beethovens sowie eine überlebensgroße Büste von Salvador Dali vollendet.

Breker gehörte zu den umstrittensten deutschen Künstlern dieses Jahrhunderts. Am Rande eines einschlägigen Gerichtsverfahrens fiel einmal der Satz, die Filmemacherin Leni Riefenstahl habe während der NS-Zeit stets oben schwimmen können – „wie ein Fettauge auf der Suppe“. Der Vergleich trifft wohl auch auf Breker zu. Sein Hang zu aufgeblähtem Pathos, zur hohlen Monumentalität, zu einer Scheinwelt idealisierter Körper, paßte wie angegossen zum Geschmack der Nazi-Ideologen.

Die NS-Führungsclique machte ihn zum engen Vertrauten. Er meißelte Büsten von Hitler und anderen Nazi-Größen. Von 1937 bis 1945, als zahllose wichtige Kollegen längst als „entartet“ aus dem Kunstbetrieb verdrängt worden waren, war Breker Professor an der Kunsthochschule Berlin. Er verschrieb er sich der Produktion für die Partei, leitete einen regelrechten Skulpturen-Großbetrieb mit 46 Mitarbeitern (darunter französische Kriegsgefangene). So verschleuderte er sein durchaus vorhandenes Talent. Nur ein mißbrauchter „Idealist“? Oder ein bewußter Mittäter, der meterhohe Muskelmänner-Figuren wie „Vernichtung“, „Vergeltung“, „Rächer“ und „Kämpfer“ schuf?

Prominenz in seinem Atelier willkommen

Vor dem „Dritten Reich“ hatte Breker auch schon Staatsaufträge in der Weimarer Republik bekommen, u. a. für eine Porträtbüste von Friedrich Ebert. Während der NS-Zeit soll er auch verfolgten Künstlern geholfen haben, Picasso zum Beispiel. In der Stalin-Ära bemühten sich angeblich auch die Herren des Kreml um die Dienste des Deutschen. Breker lehnte ab.

Breker, am 19. Juli 1900 in Elberfeld (heute Wuppertal) geboren, spielte auch eine Rolle in jenem Lehrstück über den gleitenden Übergang in die Adenauer-Ara. 1948 für ein Bußgeld von 100 DM als „Mitläufer“ entnazifiziert, war er schon bald wieder gefragter Porträtist der Begüterten, ja einer der meistbeschäftigten Künstler der Republik. Der Bankier Hermann Josef Abs saß ihm ebenso Modell wie Versandhaus-König Helmut Schickedanz, Mitglieder der Quandt-Dynastie, der politisch stets unzurechnungsfähige Salvador Dali, die schrille Gloria von Thurn und Taxis oder der allzu rundum aufgeschlossene Kunstmäzen Peter Ludwig. Auch Modellathleten wie Zehnkämpfer Jürgen Hingsen oder Hochspringerin Ulrike Meyfarth waren in Brokers Atelier in Düsseldorf-Lohausen willkommen.

Im Dunstkreis mancher Surrealisten

Nicht wenige Surrealisten reklamierten Breker als einen der Ihren. Daran dürfte wahr sein, daß Breker Reflexion und Verantwortung in einem quasi-surrealistischen Sinne ausblendete, so daß seine Figuren sich zu einem (Alp)-Traumreich verlogener Schönheit addieren, das durch die Akademie-Tradition des 19. Jahrhunderts vermittelt wird. Die Texter eines Bildbandes jedenfalls, die Breker im Untertitel als „Michelangelo des 20. Jahrhunderts“ feierten, griffen nicht nur viel zu hoch, sondern gänzlich fehl. Inwiefern, das hat u. a. der verstorbene Bochumer Kunsthistoriker Max Imdahl detailliert belegt.

Wiederholt bewies Breker seine notorische „Unfähigkeit zu trauern“. Eine kritische Anfrage war ihm vor einigen Jahren höchst lästig. Denkbar blauäugig antwortete er: „Wie kann denn Liebe blühen, wenn immer wieder Neid und Haß gesät werden?“ Und er sagte: „Ich brauche meinen Frieden, um zu arbeiten.“ Solchen Frieden hätten andere auch gebraucht – damals, als Breker treu zu den Aggressoren stand.

Soll man nun, angesichts seines Todes, trauern? Ja, sicher: Um einen, der keine Gelegenheit mehr hat, doch noch Einsicht zu zeigen.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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