Von Bernd Berke
Münzenberg/Hessen. 4600 Einwohner, Ackerbürger-Städtchen. So unaufgeregt hakt das große Meyers-Lexikon den idyllischen Flecken Münzenberg im Wetteraukreis ab. Doch jetzt weht frischer Wind durch die hessische „Provinz“: Der kleine Ort will sein eigenes Theaterfestival „aus dem Landboden stampfen“, wie man dort kernig formuliert.
Gespielt wird ab 14. Juli, dem 200. Jahrestag der Französischen Revolution, in der pittoresken Ruine der 800 Jahre alten Stauferburg am Ort. Als Mitwirkende geben sich gleich einige Prominente die Klinke in die Hand: Eberhard Feik (als „Tatort“-Kommissar Thanner Götz Georges TV-Partner) ist Hauptdarsteller in Jo Straetens großer Festspiel-Inszenierung von Georg Büchners „Dantons Tod“. Beim Eröffnungsfest am 13. Juli treten u. a. Konstantin Wecker und der Jazzer Wolfgang Dauner auf; auch Franz Josef Degenhardt und der bekannte Berliner Schauspieler Hermann Treusch sagten Auftritte zu.
„Danton“-Regisseur Jo Straeten war es, der das Münzenberger Festival ins Leben rief. Vor längerer Zeit mal in Dortmund und Umgebung tätig, war er später Regisseur in Gießen, Stuttgart und Kaiserslautern. Straeten ist Mitgründer des seit dem 19. Februar – Büchners Todestag – bestehenden „Burgtheaters Münzenberg e. V.“ Besonderheit: Dieser Verein finanziert das Festival aus eigener Kraft, mit Sponsorenhilfe – ganz ohne öffentliche Subventionen. Straeten: „Wir haben praktisch die gesamte heimische Wirtschaft eingespannt“.
Geldgeber zu finden war gar nicht übermäßig schwer, denn mit Georg Büchner konnten die Festival-Macher auch engen Regionalbezug geltend machen. Für die Gegend rund um Münzenberg verfaßte Büchner seinen berühmt-aufrührerischen „Hessischen Landboten“ („Friede den Hütten, Krieg den Palästen“).
Das ganze Städtchen half denn auch nach Kräften: Ein Verein stellte seine Reithalle für die „Danton“-Proben zur Verfügung, das Rathaus wurde sogar kurzerhand zum Festival-Büro umfunktioniert. Auf der langen Danksagungsliste des Festivals tauchen sogar „Bauer Kissler“, alle hilfsbereiten Pferdebesitzer des Ortes sowie die „Münzenberger Spargelstecher“ auf. Und das Volk im „Danton“ besteht aus Laienspielern, die mit Feuereifer bei der Sache sind.
So kommt es, daß man nach nur sechs „Danton“-Vorstellungen finanziell aus dem Schneider sein wird. Diese sechs Abende sind schon jetzt beinahe ausverkauft (Kartenanfragen kamen auch bereits aus dem nahen Südwestfalen und dem Ruhrgebiet). Erst danach, also von der siebten bis zur abschließenden sechzehnten Vorstellung am 20. August, bekommen die Schauspieler Geld. Sie werden am Erlös des Kartenverkaufs beteiligt.
Um so erstaunlicher: daß ein Mann wie Eberhard Feik mitmischt, der sicherlich schon mal bessere Gagen gesehen hat. Doch Feik fand es gerade reizvoll, unter ganz anderen als den gewohnten Bedingungen zu arbeiten. Neue Ideen seien halt wichtiger als das Schielen nach Subventionen, befand er – und gab Jo Straeten seine Zusage. Das Hessen-Dorf dankt es ihm. Liebevoll kredenzt man ihm auch jene Vollwertkost, die Feik seit seinem Infarkt braucht.
Jo Straeten denkt derweil – trotz Probenstreß – bereits an die nächsten Jahre. Er plant Festspiel-Inszenierungen von Shakespeares „Macbeth“ und Büchners „Leonce und Lena“, auch Opern sind nicht ausgeschlossen.
Vorstellungen jeweils 20.30 Uhr. Auskünfte: Burgtheater/Rathaus, 6309 Münzenberg (Tel. 06004-512).