Köln: Asbest sorgt für Theaterchaos – auch Revierbühnen betroffen?

Von Bernd Berke

Köln. Die Schließung des Kölner Schauspielhauses wegen Asbestgefahr (die WR berichtete) droht sich für die Theaterleute der Domstadt zur Katastrophe auszuweiten. Wie Schauspieldirektor Alexander von Maravic der Rundschau gestern auf Anfrage sagte, ist zu befürchten, daß das Haus für den Rest der Saison, also bis Juni/Juli 1989, nicht mehr bespielbar sein wird.

Derzeit, so Maravic, führe man fieberhaft Verhandlungen um Ersatzspielstätten. In Frage kämen – wenn auch durch deren Eigenprogramme eng begrenzt – z. B. Oper, Philharmonie und Musikhochschule. Wahrscheinlicher aber ist die Notlösung, daß vor dem Schauspielhaus wieder jenes Theaterzelt aufgeschlagen wird, das während der Intendanz von Jürgen Flimm im Jahr 1980 schon einmal als Ausweichquartier diente.

Auf jeden Fall drohen auf Dauer große Einnahmeverluste, denn das Zelt faßt nur rund 300 Besucher, während das Schauspielhaus 918 Plätze bietet. Auch die Spielstätte „Schlosserei“, die weiterhin zur Verfügung steht, ist erheblich kleiner als das angestammte Haus. Maravic zum befürchteten Finanzdebakel: „Das muß die Stadt ausgleichen.“

Fatal sei die Situation auch für die Schauspieler. 1990 wird Günter Kremer den jetzigen Intendant Klaus Pierwoß ablösen. Schauspieler, die dann an andere Bühnen wechseln wollen, haben bis dahin wohl nicht die erwünschte Möglichkeit, neue Arbeitgeber auf sich aufmerksam zu machen. Maravic gibt sich dennoch optimistisch: „Wir spielen weiter. Vielleicht gibt uns der Zwang zur Improvisation sogar neue kreative Kraft.“

Die Asbest-Partikel-Konzentration von 700 mg pro Kubikmeter Luft war vom TÜV im Zuschauerraum des Kölner Stadttheaters gemessen worden. Gelöste Asbest-Partikel schweben stundenlang durch den Raum und setzen sich z. B. im Theatervorhang und in Teppichböden fest.

Maravic glaubt übrigens, daß Asbest in Theaterbauten nicht nur ein Kölner oder Münchner Problem ist (an der Isar waren kürzlich die Staatstheater geschlossen worden): „Auch im Ruhrgebiet könnte da einiges bevorstehen“.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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