Ein Schwabe sorgt für Kunstgenuß in Dortmund – Secessions-Bilder aus Rolf Deyhles Sammlung

Von Bernd Berke

Dortmund. Großer Tusch zur Dreifach-Premiere in Dortmund: Das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte ist gewachsen; der Unternehmer Rolf Deyhle präsentiert erstmals seine Sammlung in unseren Breiten; die neue Dortmunder „Kultur und Projekte GmbH“ debütiert.

Atem holen und der Reihe nach: Das Museum an der Hansastraße öffnet sich nun auch in Richtung Bahnhof. Bedeutsam auch der Flächenzuwachs um 1000 qm, verteilt auf drei Räume, die – ohne architektonische Mätzchen – sich ganz in den Dienst der Kunst stellen. Damit verglichen, darbt das Ostwall-Museum. An der Hansastraße leitet Wolfgang Weick nunmehr das (teu)erste Haus am Platze.

Klar, daß man diesen Anbau nicht mit einer x-beliebigen Schau eröffnen konnte. Glücksfälle häuften sich, so daß man nun die neuen Hallen mit „Robert Breyer und die Berliner Secession“ würdig bestücken kann. Und das kam so: Der Stuttgarter Unternehmer Rolf Deyhle betreibt u. a. die „Stella Musical GbmH“, die in Bochum den „Starlight Express“ rollen läßt. Just deshalb ist er auch Mitglied im hochkarätigen Sponsorenring „Initiativkreis Ruhrgebiet“. Dort hat er viel Kontakt mit Prof. Jürgen Gramke vom Kommunalverband Ruhrgebiet. Der wiederum sorgte dafür, daß Deyhle sich für einen Dortmund-Abstecher jener Schau erwärmte, die auch noch in die USA und nach Japan wandert. Gesponsert wird die Tour von der Autofirma mit dem Stern.

Im Kontext von Liebermann, Corinth und Slevogt

Deyhle sammelt seit 30 Jahren Kunst. Inzwischen ist sein Domizil mit rund 2000 Bildern randvoll. Ganz im Stillen hat er eine der bedeutendsten deutschen Privatsammlungen zusammengetragen. Schwerpunkt: Künstler aus dem deutschen Südwesten. Doch die Kollektion ist nicht etwa provinziell. Rund um den aus Schwaben stammenden Sezessions-Maler Robert Breyer (1866-1941) gruppierte Deyhle dessen berühmte Mitstreiter: Max Liebermann, Wilhelm Trübner, Max Slevogt, Lovis Corinth, dazu – etwas außer der Reihe – Carl Hofer, Max Beckmann, Käthe Kollwitz.

Aus diesem prominenten Pulk ragen Breyers Bilder nicht hervor, sie werden aber aufgewertet. Auch bekanntere Künstler hatten eben ihre schwachen Stunden – und Breyer hatte seine starken. Die Sezession, ausgehend von München und kulminierend in Berlin, war die künstlerische Opposition gegen das Kaiserreich Wilhelms II. und dessen starre Akademiekunst. Vorbild waren Frankreichs Impressionisten.

Die Ausstellung ist nach Themen gegliedert: Porträts, Stilleben, „Garten und Park“, „Erotik und Exotik“ usw. Breyers Stärke sind Porträts und Atelier-Szenen. Vor allem die höchst eleganten Porträts lassen ahnen, daß Breyer aus begütertem Hause stammte. Das war auch sein Manko, denn er mußte nie „um sein Brot“ malen. So kam es wohl, daß er sehr bald in seiner Entwicklung stehenblieb und auch ziemlich Unsägliches malte – wie jene „Tauzieher“ von 1889. Dennoch kann man in dieser Anstellung schwelgen – im „Türkischen Bad“ (1903) ebenso wie in der „Atelierszene mit Frauen“ (1929).

Sammler Deyhle sprach gestern mit leiser Ironie vom „Hunger“, den seine Kollektion erregen könne. Aus den Zuhörerreihen kam der scherzhafte Zuruf: „Wir haben angebissen.“ Doch Dortmund, so Deyhle zur WR, kann sich nicht die größten Chancen auf Dauerleihgaben ausrechnen. Sinnvoll sei es, so Deyhle, seine Sammlung dereinst in Baden-Württemberg anzusiedeln. Immerhin: Dortmunds Museumsleiter Weick ist Schwabe – wie Deyhle. Da redet sich’s leichter miteinander.

„Robert Breyer und die Berliner Secession“. Museum für Kunst- und Kulturgeschichte, Königswall/Hansastraße. Ab sofort bis 20. September. Di.- So. 10-18 Uhr. Katalog 38 DM.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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