Von der Grün fürchtet: Bei Luchterhand stirbt die Literatur – Dortmunder Autor zum bevorstehenden Verlagsverkauf

Von Bernd Berke

Dortmund. Der Dortmunder Schriftsteller Max von der Grün kam gestern kaum vom Telefonhörer weg. Die Ereignisse vom vergangenen Wochenende haben viel Staub aufgewirbelt: Der Luchterhand-Verlag, „in dem mein gesamtes Lebenswerk erschienen ist“(von der Grün), soll an den holländischen Kluwer-Konzern verkauft werden.

Von der Grün und weitere prominente Autoren haben gedroht, sich andere Verlage zu suchen (WR berichtete). Von der Grün gestern zur WR: „Es haben schon zwei Verlage angerufen. Namen nenn‘ ich natürlich nicht. Das ist fast so wie in der Bundesliga; da wirbt man auch bekannte Spieler ab.“ Im Falle eines Verlagswechsels könnte er sämtliche Rechte an seinen Erfolgsbüchern mitnehmen.

Doch noch hat sich Max von der Grün nicht zu einem solchen Schritt durchgerungen, denn die näheren Umstände, unter denen der Luchterhand-Verlag veräußert werden soll, liegen noch im Dunkeln. Vor allem ist noch unklar, wie es der holländische Verlagsriese, ein Spezialist für Rechtsliteratur, mit dem belletristischen Zweig des Luchterhand-Verlags halten wird. Befürchtet Max von der Grün: „Vielleicht halten die nur den wissenschaftlichen Verlag Luchterhand in Neuwied und lassen die Belletristik sterben.“ Der Verdacht liege nahe, daß die Niederländer den literarischen Teil des Verlags, der in Darmstadt angesiedelt ist, „nur als bittere Kröte beim Kauf mitgeschluckt haben“.

Selbst wenn es eine Überlebensgarantie geben sollte, so stelle sich ja immer noch die inhaltliche Frage, die natürlich eng mit der Qualitätsfrage verknüpft sei. Von der Grün: „Wer garantiert uns, daß die bisherige Linie gehalten wird?“ Er, Max von der Grün, mache sich keine Sorgen um seine Existenz. Er werde mit Sicherheit einen anderen Verlag finden. Was aber geschehe mit den am Markt weniger erfolgreichen, wenngleich wichtigen Autoren? Und wer könne denn vorhersagen, ob nicht im Verlagsbereich (rund 550 Angestellte) einige Entlassungen bevorstünden? Allerdings: Dem Luchterhand-Verlag gehe es finanziell recht gut. Verkaufsgrund sei wohl ausschließlich das hohe Alter der Verleger, die keine Erben hätten. Max von der Grün: „Daß das eines Tages auf uns zukommt, wußten wir seit Jahren.“

Daß aber das Luchterhand-Statut, welches den Autoren gewisse Mitspracherechte sicherte, so überraschend gekündigt wurde, hätten er und seine Kollegen „als brutal empfunden“. Rechtsanwälte prüften denn auch zur Zeit, ob die Kündigung in dieser Form überhaupt statthaft war. Auch dieses Statut, meint der Dortmunder Autor, könne den holländischen Käufern ein Dorn im Auge gewesen sein. Und was nun? Von der Grün: „Erst noch einmal abwarten – und am Freitag in Urlaub fahren.“

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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