Kuriosa und Tüfteleien: Schreibmaschinen-Historie seit 1855

Von Bernd Berke

Düsseldorf. Der französische Kavallerist Viry erfand 1914 eine Mini-Schreibmaschine für Notizen, die auf schwankendem Pfelrderücken zu Papier gebracht werden mußten. Zu diesem Zweck schnallte sich der Benutzer das Gerät an den Oberschenkel.

Das seltene Maschinen-Exemplar ist eines von vielen interessanten Exponaten der Ausstellung „Schreibmaschinen-Historie von 1855 bis heute“, die jetzt im Düsseldorfer Landesmuseum Volk und Wirtschaft eröffnet wurde. 127 kostbare Stücke sind zu bewundern. Einen Katalog gibt es leider nicht. Hauptleihgeber Uwe H. Breker: „Die Versicherungssumme verschlang den Etat allein“. Dafür habe man aber eine Schau zusammengestellt, wie sie die Welt in dieser Qualität noch nicht gesehen habe.

Das betagteste Modell ist ein Produkt des Musikinstrumentenbauers Charles Wheatstone aus dem Jahr 1855. Das Farbband war noch nicht erfunden, also wurde jede Type einzeln eingefärbt. Ohnehin mußte jeder Buchstabe vor erfolgreichem Tastenanschlag zunächst mit einem Zeigerrad vorgewählt werden.

Weiteres Prunkstück der Ausstellung ist die erste in Serie (150 Stück) gebaute Schreibmaschine. Die Entwicklung des dänischen Pastors Hansen, 1867 für Taubstumme konstruiert, war dermaßen teuer, das sie den damaligen Gegenwert eines kleinen Bauernhofs darstellte.

Werden in Düsseldorf auch mancherlei kurios anmutende Geräte gezeigt (bei der „Grasshopper“-Maschine von 1891 etwa schwirren die Typenhebel tatsächlich insektengleich auf die Walze –, so leuchten doch dank kluger Zusammenstellung die großen Entwicklungslinien ein. Zu nennen wäre ein jahrzehntelang ungelöstes Problem, nämlich daß man beim Tippen nicht sehen konnte, was man gerade schrieb; ein Umstand, der die aberwitzigsten Erfindertüfteleien provozierte.

Immerhin: Das Typenrad, heute als letzter Schrei für Computerausdrucke gefeiert, gab es schon im 19. Jahrhundert. Die Schau macht außerdem deutlich, daß Schreibmaschinen immer eine Art „Friedensware“ darstellten. Eine „Remington“ kam 1876 nur deshalb auf den Markt, weil der Hersteller nach Ende des US-Bürgerkriegs, mangels Nachfrage, vom Waffenschmieden auf zivile Produktion umstellen mußte. Ähnlich erging es deutschen Firmen nach dem Ersten Weltkrieg.

Abgerundet wird die Kollektion durch Postkarten, Spielzeug, Schreibmaschinen und durch Schreibmaschinenbilder des Düsseldorfer Malers Konrad Klapheck. Am 4. Oktober soll im Museum eine Büromaschinen-Tauschbörse stattfinden.

„Schreibmaschinen – Historie von 1855 bis heute“. Landesmuseum Volk und Wirtschaft, Düsseldorf, Ehrenhof 2; Eintritt: 0,50 DM; Bis 18. Oktober. Öffnungszeiten: Werktags (außer Mittwoch) 9-17 Uhr, mittwochs 9-20 Uhr, sonntags 10-18 Uhr, samstags geschlossen.

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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