Von Bernd Berke y
Essen. Eine Dortmunder Rockgruppe hatte sich gerade aufgelöst, da kam ein Anruf vom Verein „pro ruhrgebiet“: Man wolle ein Handbuch über die Musiker der Ruhr-Szene herausgeben. Fixe Reaktion der Dortmunder Band: „Was? Das Buch erscheint? Dann machen wir doch weiter!“
Mit solch‘ hochgesteckten Erwartungen sahen Teile der „Szene“ jener Neuerscheinung entgegen, die gestern in Essen vorgestellt wurde: „Ruhr Szene Rock & Lieder im Ruhrgebiet“, so der offizielle Titel des 208 Seiten starken Readers, stellt 259 Gruppen mit annähernd 1000 Musikern vor, die zwischen Duisburg und Hamm beheimatet sind. Das Buch soll, im Gefolge des Dortmunder Treffens „Marktplatz Ruhrszene“, sowohl den Kontakt der Musiker untereinander als auch Verbindungen zwischen Konzertveranstaltern und Bands erleichtern.
Wolfgang Rühl, Geschäftsführer von pro ruhrgebiet e. V. , hofft, daß der Band darüber hinaus von zahlreichen Musikfans erworben wird: Der Verkaufserlös (Traumziel: 50 000 DM Überschuß bei einer Auflage von 10 000 Stück) bildet nämlich zugleich den Grundstock für einen neuen Künstlerfonds, aus dem junge Talente im Revier gefördert werden sollen. Rühl: „Wir wollen zum Beispiel Ausfallbürgschaften bei riskanten Platten-Produktionen geben“. Der Fonds solle allerdings kein „Selbstbedienungsladen“ für fianzschwache Musiker werden, die weiterhin ein gewisses Eigenrisiko tragen müßten. Hat eine geförderte Platte großen Erfolg, soll ein bestimmter Anteil (man spricht von 50 Pfennig bis 1 DM pro verkaufter Scheibe) in den Fonds zurückfließen, sozusagen als „Dankeschön“ für die Investitionshilfe.
Das Handbuch der Musikszene ist alphabetisch aufgebaut und präsentiert Selbstdarstellungen der Bands. Die „große Qualitätslatte“ habe man seitens der Herausgeber nicht angelegt. Dieter Zienau, der die Buchredaktion leitete: „Unsere Recherchen waren nur zum Teil ergiebig“. Man schätze die Dunkelziffer der noch nicht erfaßten Bands auf etwa 1000. Die große Fluktuation – allein 68 Bands lösten sich während der Recherchen auf oder gaben sich neue Namen – zwang zu höchster Aktualität. Redaktionsschluß war der 1. Dezember.
Wolfgang Rühl sieht optimistisch in die Zukunft. „Die nächste Auflage wird bestimmt doppelt so dick“. Außerdem sollen in absehbarer Zeit vergleichbare Nachschlagewerke über freie Theatergruppen und Kleinkunst im Revier erscheinen.
Das neue Buch (14.80 DM) ist zu beziehen über den Kommunalverband Ruhrgebiet, Kronprinzenstraße 35, 4300 Essen 1.