Eine stolze Partei feiert ihren 150. Geburtstag – ein Geschichtsbuch gehört dazu

In diesem Jahr feiert die deutsche Sozialdemokratie ihren 150. Geburtstag. Stolz erklären ihre Anführer, die älteste demokratische Partei Europas zu sein, und die SPD sei nie – wie andere – gezwungen gewesen, ihren Namen ändern zu müssen. Am Gründungstag, dem 23. Mai, wird es in Leipzig einen pompösen Festakt geben. Möglicherweise beehrt ja sogar die Bundeskanzlerin ihre politischen Gegner mit ihrer Anwesenheit.

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Passend zu diesem Jubiläum ist im parteieigenen Vorwärts-Buchverlag ein neues Buch über die Geschichte der SPD erschienen: Peter Brandt, Sohn des ehemaligen Parteivorsitzenden und Bundeskanzlers Willy Brandt und Professor für Geschichte an der Fernuniversität Hagen, hat es zusammen mit Detlef Lehnert, Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, verfasst. „Mehr Demokratie wagen – Geschichte der Sozialdemokratie 1830-2010“ heißt das Werk mit dem wissenschaftlichen Anspruch, das aber dennoch leicht lesbar geworden ist.

Das Anfangsjahr mag irritieren, aber natürlich entstand die Partei der Arbeiterbewegung nicht im luftleeren Raum. Vom Frühsozialismus in den Auslandsvereinen der Handwerksgesellen schreiben die Autoren ebenso wie über den Verlauf und das Scheitern der Revolution 1848/49, bevor sie auf Ferdinand Lassalle und den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein kommen – die Keimzelle der späteren Partei SPD. Über die Bismarckjahre und die Kaiserzeit geht es weiter in die Weimarer Republik und zur Beschreibung der standhaften Weigerung der Sozialdemokraten, die Machtübergabe an Hitler und die Nationalsozialisten zu akzeptieren. Verfolgung und Exil waren das zwangsläufige Ergebnis.

Interessanterweise nennen die beiden Autoren ihr letztes Kapitel „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts oder neue Umbruchzeit 1980-2010?“ Vom „stufenweisen Machtverlust“ und der „Suche nach dem SPD-Milieu“ ist da die Rede. Ihr Fazit? „Die Zukunftsaussichten der SPD als einer Partei eigener Prägung hängen letztlich davon ab, ob die herrschende Variante des finanzmarktdominierten Kapitalismus sich immer weiter durchsetzen wird.“

Wissenschaftlich will diese Geschichtsschreibung sein, fast 600 Anmerkungen und eine ausführliche Literaturliste finden sich im Anhang, aber natürlich – das zeigt schon der herausgebende Verlag – werden die Sympathien für den Gegenstand der Untersuchung nicht verheimlicht. Von Willy Brandts Sohn hätte man wohl auch nichts Anderes erwartet.

Peter Brandt/Detlef Lehnert: „Mehr Demokratie wagen“. Geschichte der Sozialdemokratie 1830-2010. Vorwärts buch Verlag, Berlin. 296 Seiten. 20 Euro.

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Über Hans Hermann Pöpsel

Historiker und Germanist. Pensionierter Redakteur
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