Ein langer Fußballabend mit Bayern, dem BVB und ganz viel Gerede

So ein langer Fußballabend ist schon ganz schön anstrengend. Beispielsweise mit dem „Spiel der Spiele“ im DFB-Pokal: Bayern München gegen Borussia Dortmund. Um 20.15 Uhr geht’s los, um 23 Uhr ist immer noch nicht Schluss, da folgt – zum Leidwesen vieler Frauen – noch der „Sportschau-Club“. Welch ein unaufhörliches Gerede!

Mal ganz offen gesagt: Sonst erspare ich mir die Vor- und Nachbereitung und schaue mir nur die puren 90 oder auch 120 Minuten Spielzeit an. Mehr brauche ich nicht. Jetzt aber habe ich mir mal wieder die ganze Dröhnung gegeben. Puh!

Zuspitzung auf Teufel komm ‚raus

Vor dem Anpfiff wird dramatisiert und zugespitzt, dass es nur so seine Art hat. Essenz: Der Stachel der vielen Niederlagen gegen Dortmund sitzt bei den Bayern tief, sie wollen Revanche, es gehe ums Prestige, es sei eine Frage der Ehre. Nebenher kommen dann auch solche Sätze zustande: „Die Fußballwelt schaut zu – Emotionen garantiert“. Und das vorläufige Fazit vor dem Spiel? Offenbar wollen beide Mannschaften gewinnen. Wer hätte das gedacht?

ARD-Experte Mehmet Scholl (Archivbild von 2010 - © WDR/Herby Sachs)

ARD-Experte Mehmet Scholl (Archivbild von 2010 – © WDR/Herby Sachs)

Immerhin gibt es schlechtere Fußball-Duos als Gerhard Delling und Mehmet Scholl, der zuweilen erfrischend ehrlich urteilt. Seine Sympathien für den FC Bayern kann er freilich nicht ganz verbergen. Warum auch? Es wäre nur verkrampft. Apropos: Ich lebe seit Jahrzehnten in Dortmund. Zu wem habe ich wohl gehalten? Richtig. Aber ich gebe zu: Diesmal hat Bayern verdient gewonnen. Doch wartet nur ab…

Wie Steffen Simon dem Spielverlauf folgt

Es gibt auch Kommentatoren, die erheblich mehr nerven als Steffen Simon. Doch seine Bewertungen sind furchtbar opportunistisch, sie richten sich ganz nach dem jeweiligen Spielverlauf und schwanken in der Tendenz wie ein Schilfrohr im Winde. Worte wie „Mentalitätsbestie“ rutschen ihm auch mal heraus. Der Mann hat offenbar eine Heidenangst, dass er mal falsch liegen könnte. Aber nicht doch! Er passt sich jeder Wendung sofort an.

Zwischendurch und nachher werden – wie üblich – alle möglichen Leute befragt: BVB-Trainer Jürgen Klopp (leicht vergrätzt), Bayern-Coach Jupp Heynckes mit verhaltenem Triumph über einen – so wörtlich – „Gegner, der sich wehrt“, sodann die Herren Schweinsteiger und Weidenfeller, Bundestrainer Jogi Löw und und und. Die absurdeste Frage des Abends geht an Bayern-Verteidiger Philipp Lahm: „Habt ihr das so gewollt?“ Tja. Kann schon sein. Wahrscheinlich wollten sie ja wirklich überlegen sein.

Der Jux zum guten Schluss

Es ist der Selbstzweck eines solchen Abends, das Gespräch (oder auch Geschwätz) möglichst lange in Gang zu halten. Im abschließenden „Sportschau-Club“ (Gäste beim sympathischen Moderator Alexander Bommes: André Schürrle, Lewis Holtby) wird dann fast nur noch gejuxt, es geht jedenfalls betont entspannt zu. Schließlich muss auch der hartgesottene Fußballfan vor dem Schlafengehen ‚runterkommen.

Mit Arnd Zeigler hat man dabei jetzt einen ausgesprochen originellen und intelligenten Fußball-Interpreten an Bord. Da ist man doppelt froh, dass der elend gemütliche Waldemar Hartmann bei solchen Gelegenheiten nicht mehr dabei ist…

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Der Beitrag ist in ähnlicher Form zuerst bei www.seniorbook.de erschienen

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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