TV-Nostalgie (14): „Kojak“ – ein Markenzeichen mit Charakter

Nicht zu glauben: Jetzt ist es schon fast 40 Jahre her, dass der wohl berühmteste Glatzkopf der Fernsehgeschichte auch auf deutschen Bildschirmen erschienen ist. Am 3. Oktober 1974 hatte der New Yorker Polizist „Kojak“ seine ARD-Premiere.

Immerhin 118 Folgen lang jagte der gebürtige Grieche (bekanntlich gespielt von Telly Savalas – ursprünglich sollte Marlon Brando die Rolle übernehmen) beim Einsatz in Manhattan jede Menge Schwerverbrecher. Nicht nur der kahle Schädel steigerte Kojaks Wiedererkennungswert. Auch sein Konsum von Dauerlutschern (Lollis) wurde legendär, sie dienten zunehmend als Ersatz für die Zigarillos, die er anfangs noch rauchte.

Telly Savalas als "Kojak" (Screenshot aus: http://www.youtube.com/watch?v=xIzHr8Wuz5Y)

Telly Savalas als „Kojak“ (Screenshot aus: http://www.youtube.com/watch?v=xIzHr8Wuz5Y)

Kahler Schädel, Dauerlutscher und anderes…

Der meist gediegen gekleidete Herr (gerne Anzug mit Weste) trug außerdem Hut, dazu ein Goldkettchen am rechten Handgelenk und hatte Lieblingssprüche wie „Entzückend, Baby“. Und schließlich war auch das rot rotierende Alarmlicht unverkennbar, das er in ungezählten Notfällen auf sein Zivilfahrzeug (Buick Century Regal) pappte. Die Figur war also geradezu eine Ansammlung von Markenzeichen. Sie alle summierten sich zu einem Gesamtbild der „Coolness“, das damals ziemlich beispiellos war. Es ist keine geringe Leistung, dass Telly Savalas bei all dem auch ein glaubhafter Charakter blieb.

Einsatz bis zur Leistungsgrenze

Savalas stellte Kojak als einen Tag und Nacht hart arbeitenden, stets sprungbereiten Kraftkerl dar, der auch sein Team ständig bis an die Leistungsgrenze forderte. Zwar fällt auch vereinzelt das Wort „Computer“, aber seine Leute müssen noch mühsam Verdachtslisten abtelefonieren und zeitraubend Orte abklappern.

Es geht immer hektisch Schlag auf Schlag. Standard-Situation: „Kojak“ sitzt in seinem Büro mit den zwei Telefonen, nicht selten lässig mit beiden Beinen auf dem Schreibtisch oder auch schon mal in scheinbar „schläfriger“ Nachdenkhaltung, die nichts anderes ist als höchste Geistesgegenwart. Derweil entern – quasi im Halbminutentakt – immer wieder Mitarbeiter das Büro, weil sie einen neuen Stand der Dinge melden wollen. Da geht es zu wie im Taubenschlag.

Keine flache Hierarchie

Von „flacher Hierarchie“ kann in dieser Krimireihe keine Rede sein. Boss Kojak gibt alle wesentlichen Anstöße. Und alle Fäden der Ermittlungen laufen wieder bei ihm zusammen, der dann zum rechten Zeitpunkt beherzt eingreift – natürlich auch mit der Pistole, die er so eigenwillig trägt, dass sich bei echten US-Polizisten die Redensart durchgesetzt hat, jemand trage seine Waffe im „Kojak-Stil“.

Trotz allem der mitfühlende Blick

Ich habe mir jetzt noch einmal zwei Folgen (je 45 Minuten) angeschaut, darunter „Das Mädchen im Fluss“. Da geht es um einen Serienmörder, dessen Opfer junge, alleinstehende Frauen sind. Die Spuren führen in die – als reichlich zwielichtig geschilderte – Welt der New Yorker Single-Bars. Dort fahndet Kojak gezielt nach Leuten, die im Vietnamkrieg waren und seither psychisch gestört sind…

Bemerkenswert übrigens, dass dieser unbestechliche Mann trotz der brutalen Verbrecherwelt, in der er sich nun mal bewegen muss, kein purer Zyniker geworden ist. Wenn es sein muss, kann Kojak sehr mitfühlend oder sogar treuherzig dreinblicken und dementsprechend handeln. Bei einem solchen Typen bedeutet das ungleich mehr als bei anderen.

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Vorherige Beiträge zur Reihe: “Tatort” mit “Schimanski” (1), “Monaco Franze” (2), “Einer wird gewinnen” (3), “Raumpatrouille” (4), “Liebling Kreuzberg” (5), “Der Kommissar” (6), “Beat Club” (7), “Mit Schirm, Charme und Melone” (8), “Bonanza” (9), “Fury” (10), Loriot (11), “Kir Royal” (12), „Stahlnetz“ (13)

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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1 Antwort zu TV-Nostalgie (14): „Kojak“ – ein Markenzeichen mit Charakter

  1. Michaela sagt:

    Ich habe das früher auch gerne gesehen, wenn sich die Gelegenheit bot (wie auch „Die Staßen von San Francisco“, wovon mir vor allem Carl Maldens Nase im Gedächtnis geblieben ist), und fand es immer sehr spannend. Ob das heute noch so wäre? Vielleicht teste ich es mal.
    Übrigens wurde die Rolle des Detective Stavros von Savalas‘ Bruder gespielt.

    Und dann noch dies:
    http://www.youtube.com/watch?v=UpvGnTSlMF0

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