Dynamik und Ästhetik – preisgekrönte Pressefotos in Dortmund

Die Afghanin Bibi Aisha. Foto: Jodi Bieber

Das Bild ist um die Welt gegangen: Bibi Aisha, Afghanin, 18 Jahre alt, gewaltsam entstellt, ohne Nase. Bestraft, weil sie aus dem Haus des Ehemannes geflohen war. Der südafrikanischen Fotografin Jodi Bieber wurde mit diesem Porträt der Preis „World Press Photo of the Year“ (2011) zuerkannt. Wohl auch deshalb, weil trotz aller innewohnenden Grausamkeit das Bild eine Ästhetik ausstrahlt, die der jungen Frau ihre Würde lässt.

Im Dortmunder Depot sind nun (bis zum 8. März) alle prämierten Fotos zu sehen, 160 an der Zahl, preisgekrönte Werke in neun verschiedenen Kategorien, sowohl Einzelaufnahmen als auch Bilderserien. Sie sind überwiegend an Brennpunkten dieser Welt entstanden, dokumentieren auf teils erschreckende Weise des Menschen Kriege, sein Unglück, sein Leid. Aber auch Skurriles ist zu sehen, neben einigen schönen Naturfotos.

So kann es wohl zum eingangs erwähnten Bild der jungen Afghanin keinen größeren Kontrast geben als das Porträt der beiden schrulligen alten Damen, die auf einem irischen Jahrmarkt in die Linse des Fotografen Kenneth O’Halloran schauen. Die eine mit kauzig-grimmiger Miene, die andere mit einem sanften Lächeln, das etwas Fürsorgliches hat. Beide haben sich, in ihrer Art, schick gemacht – das Bild lebt nicht zuletzt von den sich beißenden Farben.

Wieder ein Kontrast: Der Blick fällt auf zwei Menschen, die in großer Distanz voneinander entfernt sitzen. Es sind nicht irgendwelche Personen, sondern ranghöchste Politiker Nordkoreas: Staatschef Kim Jong-il, der nach links auf seinen Sohn und designierten Nachfolger Kim Jong-un schaut. Ein skeptischer Vater blickt in Richtung seines Sohnes, dessen bulliges Gesicht wie versteinert wirkt. Fast wollen wir glauben, es menschelt zwischen den beiden.

Zwei Damen auf einem irischen Jahrmarkt. Foto: Kenneth O'Halloran

Viele Fotos, blickt man nur genau hin, sind trotz aller Schrecknisse von einem Funken Hoffnung erleuchtet. Ein junger Mann, der in der Westsahara für die Unabhängigkeit der Saharauis streitet, blickt gedankenverloren in den hellen Sternenhimmel. Oder betrachten wir nur die Schwarze, die in einer von Wellblech umzäunten Parzelle Cello übt, als Mitglied des Kinshasa Symphony Orchestra, das inzwischen weltweit Beachtung findet.

Erwähnt werden soll aber auch der deutsche Fotograf Uwe Weber, Preisträger für ein Dokument über die Duisburger Love Parade. Menschen dicht an dicht, nackte Angst in vielen Gesichtern. Es scheint, als würde sich die Masse im Bild bewegen. Ein Beispiel für viele Aufnahmen, die eine ungeheure Dynamik entfalten. Nicht zuletzt durch die Brillanz der Farben.

Ein Tölpel im Landeanflug auf eine Brutkolonie. Foto: Thomas P. Peschak

Schließlich wollen wir aber die Schönheit dieser Welt preisen. Thomas P. Peschak gelang das beste Foto in der Kategorie Natur. Ein Tölpel im Landeanflug auf eine Brutkolonie. Die Gesichtszeichnung des Tieres ist von größter Plastizität. Peschak, in Deutschland geboren und in Südafrika lebend, macht uns staunen.

www.depotdortmund.de

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