„Westzeit“ bei WDR 2: Das eine oder andere Risiko auf dem Boulevard

Von Bernd Berke

Boulevard ist nicht gleich Boulevard. Es gibt Prachtstraßen, aber auch heruntergekommene Zeilen. Achtung, kurvige Überleitung: Auch im Radio ist nicht jedes Boulevard-Programrn gleich.

Die seit 2. Januar täglich aus Dortmund landesweit gesendete „Westzeit“ (WDR 2, Hörfunk) hatte einen ziemlich schlechten Start erwischt, wie man jetzt – nach zweieinhalb Wochen – deutlicher erkennt: Das bunte Magazin ist teilweise besser, als es anfangs zu werden drohte.

Sicher: Vieles gerät nach wie vor herzlich belanglos und ist kaum geeignet, daß man länger konzentriert hinhört (was auch nicht das Ziel dieser Sendeform ist). Besonders gewisse Rubriken könnten kritische Revision vertragen. Ärgerlich ist etwa das Gebaren der Psychologin, die immer erst verständnisvoll „Mhh, mh!“ murmelt, den Ratsuchenden dann doch recht barsch das Wort abschneidet und schließlich – oh Wunder! – meist eine psychologische Behandlung empfiehlt. Auch wenn beim „Radio-Flirt“ gestammelt und gekichert wird, fühlt man sich nicht gerade königlich unter halten. Und warum muß eigentlich allüberall Jörg Kachelmann das Wetter verkünden? Hat der Mensch ein Monopol auf Wind und Wolken?

Doch allmählich zeigt sich, daß in der „Westzeit“ auch originelle und ernste Themen eine Chance haben. Auch sie werden freilich oft im (inzwischen leider funküblichen) Kurzweil-Tempo abgehandelt. Ab und zu schaut auch schon mal eine waschechte Nachricht heraus. Oder man riskiert Dinge, die ein Privatradio nie wagen wurde. Im Prinzip gut so! Doch das geht gelegentlich daneben, wie etwa bei jener Live-Schaltung zu einer Pferde-Operation. Das Leben des Tieres war nicht mehr zu retten, man hörte seine letzten Röchler durchs Beatmungsgerät. Das wird manchen Zuhörern Tränen in die Augen getrieben haben.

Sabine Brandi, die in der letzten Woche als Moderatorin an der Reihe war, hat ihre Sache recht gut gemacht. Auch ihr rutscht schon mal der muntere Tonfall aus, doch sie fängt sich geschickt. Die stets Kalauern aufgelegte Flapsigkeit, die Manfred Breuckmann vor sich herträgt (Ungefähr so: „Gestern hab‘ ich beim Inder Knoblauch gegessen. Kommen Sie dem Radio nicht zu nahe.“) dürfte nicht jedermanns Geschmack sein.

Die Musikauswahl (viele „Oldies“) finde ich nicht schlecht, ihre Grenzen aber sind eng. Entdeckungen wird man hier nie machen können. Und es wird ganz schön viel „gedudelt“. Man vergleiche die Brutto-Sendezeit mit dem, was netto (nach Abzug der Musik) geliefert wird…

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Über Bernd Berke

Langjähriger Kulturredakteur bei der Anfang 2013 verblichenen Westfälischen Rundschau (Dortmund), die letzten elf Jahre als Ressortleiter. Zwischenzeitlich dies und das, z. B. Prosaband „Seitenblicke" (edition offenes feld, 2021), vereinzelt weitere Buchbeiträge, Arbeit für Zeitschriften, diverse Blogs und andere Online-Auftritte. Seit 2011 hier. Und anderswo. Und überhaupt.
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