Monatsarchive: Mai 1991

Große Zerreißprobe blieb beim Autorenkongreß aus – Ansätze zur deutsch-deutschen Vergangenheitsbewältigung

Aus Lübeck berichtet Bernd Berke

Lübeck. Die große Zerreißprobe blieb aus beim ersten gesamtdeutschen Kongreß des Schriftstelleryerbandës (VS). Der alte und neue Bundesvorsitzende Uwe Friesel (Hamburg) war „sehr überrascht“, daß er und seine Vorstandskollegen bei der Tagung im Kurhaushotel zu Lübeck-Travemünde so ungeschoren davonkamen. Mit 56 von 67 möglichen Delegiertenstimmen wurde der 52jährige Friesel gestern wiedergewählt. Er trat nur unter der Bedingung nochmals an, daß der Vorsitz künftig rotiert. Begründung: Akute Arbeitsüberlastung.

Vor allem vom Berliner Landesverband hatte man heftigeren Einspruch gegen Friesel erwartet – von jenem Verband also, der der aus Leipzig stammende Autor Erich Loest pünktlich zu Kongreßbeginn via „Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt“ nachgesagt hatte, er sei womöglich von Gregor Gysis PDS gesteuert. Schließlich hatte man es an der … Weiterlesen

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Lübeck und die Hoffnung der Schriftsteller – vor dem ersten gesamtdeutschen VS-Kongreß

Von Bernd Berke

Wichtige Dinge stehen bevor, doch es droht Gefahr, daß sie mit Kleinmut erledigt werden: Heute beginnt in Lübeck-Travemünde der erste gesamtdeutsche Kongreß des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS). Die Zeichen stehen auf Streit, vielleicht gibt es im Tagungshotel an der Ostsee gar einen ost-westdeutschen Sturm.

Konflikte sind vor allem um jene ostdeutschen Autoren zu erwarten, deren Vergangenheit in der Ex-DDR, um es ganz gelinde zu sagen, nicht astrein war und die nun in den VS aufgenommen werden wollen. Schon im Vorfeld hatte es einigen Hickhack gegeben. Der VS-Bundesvorstand hatte 23 OstAutoren brieflich aufgefordert, ihre Anträge aufMitgliedschaft zurückzustellen. Darüber setzte sich wiederum der Berliner Landesverband hinweg.

Umstrittenste Figur ist der ehemalige Vorsitzende des aufgelösten DDR-Autorenverbands, Hermann Kant, der u. … Weiterlesen

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Die Geschichte läuft fürchterlich ins Leere – Texte von Dorst, Strauß und Seidel bei „stücke ’91“

Von Bernd Berke

Mülheim. Die Geschichte von Nation und Welt dürfte gar nicht mal sonderlich katastrophal weitergehen. Sie wird halt fürchterlich ins Leere laufen. Solch eine Essenz könnte man zur Not aus den drei bisher aufgeführten Texten beim Mülheimer Dramatikerwettbewerb „stücke 91″ ziehen.

Den Anfang machte Tankred Dorsts „Karlos“ (Schauspiel Bonn/Regie: Peter Palitzsch). Damit lag die Hürde furs Publikum gleich hoch. Hier haben wir einen labyrinthischen Text, der seine Ein- und Ausgänge mit Fleiß versperrt. Fast nichts außer dem Namen hat dieser Infant von Spanien mit Schillers „Don Carlos“ gemein. Um ihn von rebellischen Aktionen abzuhalten, umstellt ihn der Großinquisitor schlau mit lauter Doppelgängern. In diesem monströsen Spiegelkabinett der Nicht-Identitäten verirrt sich Karlos bis zum Wahnsinn; geschichtlicher Impuls verläuft ins … Weiterlesen

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Ostdeutschen Museen droht die Auszehrung – Museumsbund tagte in Iserlohn

Von Bernd Berke

Iserlohn. Es war die erste gesamtdeutsche Tagung des Deutschen Museumsbundes, die gestern in Iserlohn endete. Folglich spielte die Situation in Ostdeutschland thematisch die Hauptrolle, zumal (von etwa 200 Tagungsteilnehmern) rund 50 Museumsvertreter aus den neuen Ländern ins Parktheater gekommen waren; zwei von ihnen sitzen denn auch im neuen Bundesvorstand.

Wie kaum anders zu erwarten, waren Hiobsbotschaften en masse zu hören. In den Museen östlich der Elbe hat auf breiter Front der Stellenabbau begonnen, manche Institute wollen ihr Personal um die Hälfte reduzieren. Und nachdem schon manches Ausstellungsstück auf dunklen Wegen den Besitzer gewechselt hat, droht neuerdings die Gefahr, daß etwa kleinere Kreismuseums-Gebäude im Zuge von Gebietsreformen an private Interessenten verscherbelt werden.

Vor derlei kurzsichtigen Verkäufen warnte gestern … Weiterlesen

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Harenberg gibt der Buchmesse einen Korb

Von Bernd Berke

Diese Nachricht wird man am Main mit Mißvergnügen aufnehmen, vielleicht wird sie sogar zum Signal: Der Dortmunder Harenberg Verlag teilt mit, daß er nicht mehr an der Frankfurter Buchmesse teilnehmen will.

Das vor allem durch seine „Chronik“-Editionen bekannte Haus ist einer der Riesen in der Buchlandschaft – nicht unbedingt wegen höchsten Renommees bei der Kritik, wohl aber wegen Auflagenzahlen, Größe und Einfluß; dies auch durch sein Branchen-Magazin „Buchreport“.

Verlage, Buchhändler und Leser kämen in Frankfurt nicht mehr miteinander ins Gespräch, lautet ein Argument für die Messeabsage. Überdies seien „bei wachsender Unübersichtlichkeit rapide steigende Kosten zu beklagen“, der Aufwand sei nicht mehr angemessen.

Der erste Teil der Begründung mag etwas für sich haben. In der unüberschaubaren Vielfalt der … Weiterlesen

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Festspiel-Schauen in Recklinghausen: Deutlich näher an der Gegenwart

Von Bernd Berke

Recklinghausen. Museums-Chef Dr. Ferdinand Ullrich machte am Samstag die Probe vor versammelter Presse. Erst Klopfzeichen, dann: „Wolfgang, hörst du mich?“ – Beuys-Schüler Wolfgang Wendker (alias „IGADiM“) hörte. Dumpf kamen seine Antworten („Mir geht’s gut“) aus einem mit Stahldeckel verschlossenen Erdloch. Der unterirdische Künstler (die WR berichtete über das Projekt) setzt den wohl auffälligsten Akzent bei der Ausstellung der Ruhrfestspiele.

Doch auch sonst hält die gestern eröffnete „Europäische Werkstatt Ruhrgebiet“ einiges bereit. Sicher: Es gibt da einige Kopfgeburten, die ihre Deutung gar zu offensichtlich nahelegen. Doch das Gros der Arbeiten hält auch dem kritischen zweiten Blick stand. Vorbei jedenfalls die Zeiten jener Festspiel-Schauen, bei denen pflichtschuldigst die montanindustrielle Vergangenheit bemüht wurde, meist mit Gemälden aus der ersten Hälfte … Weiterlesen

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