Monatsarchive: November 1991

Joseph Beuys als Leitfigur der Gegenwart – eine nahezu sakrale Schau in Düsseldorf

Von Bernd Berke

Was Düsseldorf jetzt in Sachen Kunst bietet, dürfte schwerlich zu übertreffen sein. Just haben die Große Düsseldorfer Kunstausstellung sowie eine Renato Guttuso-Retrospektive begonnen, da folgt ein doppelter Paukenschlag mit Retrospektiven auf Werke zweier Leitfiguren der Gegenwart: Joseph Beuys (Kunstsammlung NRW) und Nam June Paik (Kunsthalle, gleich gegenüber). Wenn da die Kunstpilgerfahrt an den Rhein nicht lohnt, lohnt sie nie.

Während Paik die Welt durchs mediale Auge der TV- und Videokunst sieht (die WR wird darauf zurückkommen), verwandelt Beuys die Dinge und ihre Formen in Energie-Felder. Natürlich ist nicht sein komplettes Werk in Düsseldorf zu sehen, dazu war er einfach zu produktiv. Zudem sind viele seiner Arbeiten heute standortgebunden oder aus anderen Gründen nicht verfügbar.

Aber man sieht … Weiterlesen

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Schöpfungsgeschichte der ewigen Eifersucht: Roma-Theater Pralipe spielt Shakespeares „Othello“

Von Bernd Berke

Mülheim. Über die ganze Bühne verstreut liegt Herbstlaub. Vergänglichkeit der Natur. Doch auf den Blättern kauert – wie zu Zeiten biblischer Schöpfung – ein nackter „Adam“. Später zieht er sich an und schminkt sein Gesicht weiß. Als Zivilisationsmensch mit der „richtigen“ Hautfarbe taugt er fortan zu schmutzigen Intrigen: Sein Name sei Jago. Unter dem Laub liegen anfangs die Opfer Othello und Desdemona. Sie wühlen sich daraus hervor, tollen wie die jungen Hunde miteinander. Doch ihr Glück ist von kurzer Dauer.

Das Roma-Theater „Pralipe“, das eine feste Heimstatt m Mülheim gefunden hat, spielt Shakespeares „Othello“ (Regie: Rahim Burhan) – in Roma-Sprache. Als Zuschauer sollte man also vorher das Stück (wieder) gelesen haben.

Besagter Jago (Sami Osman) also richtet … Weiterlesen

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Der Kultur-Hochstapler und sein „Feenpalast“ – Wedekind-Uraufführung „Ein gefallener Teufel“ in Münster

Von Bernd Berke

Münster. Das hat man nicht alle Tage: die Uraufführung eines Stückes von Frank Wedekind. Für diesen Klassiker der Moderne haben einige Feuilletons jüngst eine „Renaissance“ ausgerufen. Jedenfalls erscheinen nun endlich Werkausgaben, und zwar gleich mehrere.

Im verstreuten Wedekind-Nachlaß fand man denn auch den halbwegs ausgefeilten Stückentwurf „Ein gefallener Teufel“, den direkten Vorläufer des „Marquis von Keith“, jener 1901 uraufgeführten Hochstapler-Komödie. Also ist’s bestenfalls eine halbe Uraufführung, denn den Stoff kennt man schon, wobei das Thema im „Teufel“ noch etwas klarer und simpler wirkt, noch nicht so überwuchert, aber auch noch nicht so umfassend.

Eine interessante Fallstudie für Germanisten und Dramaturgen – aber fürs Theater? „Der Marquis von Keith“ bleibt das stärkere Stück. Wedekind hat schließlich den Entwurf … Weiterlesen

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Menschheits-Beglücker sind nur noch komische Vögel – Ingomar von Kieseritzkys Roman „Der Frauenplan“

Von Bernd Berke

Wie so manches Phänomen der Kultur, ist auch der Schriftsteller Ingomar von Kieseritzky heftig dabei, eine Kult-Figur zu werden. Sein Verlag hat das ganz richtig erkannt und nennt ihn gar nicht mehr bei vollem Namen, sondern nur mit dem Markenzeichen „Kieseritzky“ – nur wo das draufsteht, ist auch Kieseritzky drin…

In der Tat: Seine Schreibweise gleicht in bestimmten Sinne einem erprobten Markenartikel, sie ist schon nach wenigen Zeilen erkenn- und unverwechselbar. Geschenkt, ob er der „deutsche Woody Allen“ (Verlagswerbung) ist oder ein Nachfahre etwa von Jean Paul. Allein die Art jedenfalls, wie er aus allerlei Verschrobenheiten des Alltags seltsamsaukomische Schein-Systeme sprießen läßt oder wie er erlesenste Fremdworte und Autorennamen unversehens mit Gassenjargon durchmischt, ist ziemlich unnachahmlich.

Fremdwörterbuch … Weiterlesen

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