Tagesarchive: 16. Februar 2007

Alltägliche Vorfälle in schmerzlicher Nahsicht – Wilhelm Genazinos Roman „Mittelmäßiges Heimweh“

Von Bernd Berke

Dieter Rotmund ist Controller in einer Frankfurter Pharma-Firma. Doch den Vor- und Nachnamen des Finanzexperten erfährt man erst an weit verstreuten Stellen im hinteren Teil des Romans „Mittelmäßiges Heimweh“. Tatsächlich muss die neue Figur des Büchner-Preisträgers Wilhelm Genazino ihre schüttere Identität mühsam behaupten.

Der 43-Jährige lebt, getrennt von Frau und Tochter, in einem lieblos möblierten Appartment und vereinsamt dort zusehends. Buchstäblich mit Controller-Blick streift er in seiner Freizeit durch die Stadt. Das heißt, er registriert das Verhalten seiner Mitmenschen sçhmerzlich genau.

Gleich anfangs verändert ein surrealer Vorfall sein „Leben in wortloser Verdutztheit“: Abends in einer Kneipe verliert er unversehens ein Ohr. Er lässt es liegen. .Später wird er noch einen Zeh vermissen. Einfach so. Beinahe schmerzfrei. Durch … Weiterlesen

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Spuk zwischen den Fischkonserven – Roberto Ciulli inszeniert die Uraufführung von Wilhelm Genazinos „Der Hausschrat“

Von Bernd Berke

Mülheim. Wenn ein Stück „Der Hausschrat“ heißt, so stellt man sich seelisch auf Verschrobenes ein – etwa auf ein Zottelwesen, das aus den Wäldern in die Wohnküche verschlagen wird. So konkret kommt’s dann zwar nicht. Aber Wilhelm Genazinos Theatertext, der jetzt in Mülheim uraufgeführt wurde, ruft tatsächlich merkwürdige Gespenster wach.

Überdruss zu zweit, trostloses Altern: „Schrat“ Karl und Sophie, seit 22 Jahren verheiratet, gründeln in ihrem erstarrten Alltag. Sie strickt, er guckt einen Boxkampf im Fernsehen. Banale Verfehlungen rund um Käsebrote, Hosen, männliche Pinkel-Gepflogenheiten (im Stehen!) und Zahnbürsten kommen zur Sprache. Eine Ehekomödie der kleinen, gemeinen Vorwürfe – wie von Loriot ersonnen. Das Publikum gluckst.

Doch mehr und mehr ahnt man, wie grundsätzlich verlassen die beiden sind. … Weiterlesen

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